Regulierung

Zahlungskontengesetz - neue Herausforderung für Banken

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Bereits seit Mitte Juni sind die Regelungen des Zahlungskontengesetzes in Kraft, die das Basiskonto betreffen. Weil hier auch Konten für Asylsuchende und Menschen ohne festen Wohnsitz vorgeschrieben werden, wird das Gesetz an dieser Stelle nach Einschätzung der Autoren die Prüfungs- und Ablehnungsprozesse aufwendiger machen und mehr Beschwerdeverfahren mit sich bringen. Doch auch die Regelungen zur Kontowechselhilfe sind aufwendig, zumal sie künftig mehr Kontowechsel erwarten lassen. Und mit den Regelungen zur einheitlichen Zahlungskontenterminologie werden Kreditinstitute überdies ein Stück weit ihre eigene Sprachidentität verlieren. Red.

Mitte April dieses Jahres wurde das Zahlungskontengesetz (ZKG) im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Es beruht auf der EU-Zahlungskontenrichtlinie1) und setzt diese in deutsches Recht um. Ziel des Gesetzes ist es, unter anderem jedem Verbraucher, der sich rechtmäßig in der EU aufhält, die Möglichkeit zu geben, ein Konto zu eröffnen. Das Zahlungskontengesetz enthält aber auch Neuerungen für Inhaber von Zahlungskonten (zum Beispiel Girokonten). So soll es die Transparenz und Vergleichbarkeit von Kontoentgelten verbessern (Entgelttransparenz). Die Vergleichbarkeit von Zahlungskontenangeboten soll für Verbraucher die Auswahl des am besten für sie geeigneten Zahlungskontos erleichtern und zum Wechsel der Anbieter von Zahlungskonten motivieren. Hierzu dienen auch die im Gesetz vorgesehenen Regelungen zur Kontowechselhilfe.2)

Das Inkrafttreten der Regelungen des Zahlungskontengesetzes ist in drei Schritten geregelt.

- So traten die Regelungen für das Recht auf ein Basiskonto bereits Mitte Juni 2016 in Kraft.

- Die Regelungen zur Kontowechselhilfe und zur grenzüberschreitenden Kontoeröffnung treten am 18. September 2016 in Kraft.

- Die Regelungen zur Vergleichbarkeit von Entgelten und der einzuführenden Zahlungskontenterminologie sind neun Monate nach Inkrafttreten des von der Europäischen Kommission zu erlassenden delegierten Rechtsaktes anzuwenden. Dieser wird technische Regulierungsstandards zur EU-weiten Standardisierung der Terminologie für Zahlungsdienste enthalten. Mit einem Inkrafttreten des Rechtsaktes ist frühestens im Spätsommer 2017 zu rechnen.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) überwacht die Einhaltung der Pflichten des Zahlungskontengesetzes. Die Einhaltung dieser Pflichten werden zukünftig Gegenstand der Jahresabschlussprüfung sein. Eine Nichteinhaltung der Anforderungen des ZKG kann zu aufsichtsrechtlichen und ordnungsrechtlichen Verstößen führen.

Schwerpunkt Basiskonto

Der Schwerpunkt des Zahlungskontengesetzes liegt in der Schaffung eines Anspruchs auf Abschluss eines Basiskontovertrags.

Grundsätzlich wird jedes Institut, das Zahlungskonten für Verbraucher anbietet, verpflichtet, einen Basiskontovertrag mit einem Berechtigten abzuschließen (Kontrahierungszwang). Als Berechtigter gilt dabei jeder Verbraucher mit rechtmäßigem Aufenthalt in der Europäischen Union einschließlich Personen ohne festen Wohnsitz und Asylsuchende sowie Personen ohne Aufenthaltstitel, die aber aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht abgeschoben werden können.

Ein Antrag auf Eröffnung eines Basiskontos kann abgelehnt werden, wenn der Antragsteller nicht anspruchsberechtigt ist. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Antragsteller das Konto nicht in seiner Eigenschaft als Verbraucher beantragt oder nicht über einen Aufenthaltstitel verfügt und kein Abschiebehindernis vorliegt. Daneben kommen die abschließend gesetzlich geregelten Ablehnungsgründe in Betracht, zum Beispiel begangene Straftaten in Bezug auf die Bank oder Konflikte mit dem Geldwäscherecht. Abgelehnt werden kann auch ein Antrag, wenn der Antragsteller bereits über ein Zahlungskonto bei einem Institut in Deutschland verfügt. In diesem Fall ist er nicht "kontobedürftig".

Erhöhter Aufwand bei Prüf- und Ablehnungsprozessen

Bei Ablehnung der Basiskontoeröffnung ist der Antragsteller unverzüglich (spätestens zehn Geschäftstage nach Antragseingang) über den Grund in Textform zu informieren. Dabei muss unter anderem ein Hinweis auf die Überprüfungsmöglichkeiten der Ablehnung durch ein neu eingerichtetes Verwaltungsverfahren bei der BaFin oder alternativ durch eine Beschwerde bei der zuständigen außergerichtlichen Schlichtungsstelle gegeben werden.

Diese Neuerungen dienen dem Verbraucherschutz und können dazu führen, dass abgelehnte Antragssteller auch tatsächlich gegen Ablehnungen vorgehen. Dies bedeutet für betroffene Institute einen erhöhten Aufwand im Hinblick auf neue Prüfungs- und Ablehnungsprozesse, aber auch hinsichtlich möglicher auf sie zukommender Beschwerdeverfahren.

"Angemessenes" Entgelt mit Unklarheiten

Das ZKG legt den Mindestumfang eines Basiskontos fest (Ein- und Auszahlungsgeschäft, Lastschriftgeschäft, Überweisungsgeschäft und Zahlungskartengeschäft). Sowohl Bargeldlose Zahlungsvorgänge als auch Barauszahlungen sind innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums zu ermöglichen. Dagegen besteht keine Verpflichtung zum Anbieten von Kreditgeschäften. Ausreichend ist es, wenn das Basiskonto auf Guthabenbasis geführt wird. Aus diesem Grund haben Basiskonto-Kunden auch nur Anspruch auf eine Debitkarte (zum Beispiel Girocard) und keinen Anspruch auf eine Kreditkarte.

Für die Erbringung von Dienstleistungen im Zusammenhang mit einem Basiskonto ist das Institut berechtigt, ein angemessenes Entgelt zu verlangen. Zur Beurteilung der Angemessenheit sind dabei die "marktüblichen Entgelte" zu berücksichtigen. Nach dem Zahlungskontenentgelt ist ein Entgelt angemessen, welches im Durchschnitt die Kosten der Institute deckt und ihnen einen angemessenen Gewinn sichert. Unklar bleibt dennoch, was dies konkret für die Institute bedeutet.

Verpflichtende Kontowechselhilfe

Mit den Regelungen zur Kontowechselhilfe werden Banken dazu verpflichtet, Verbrauchern bei einem Wechsel zu einem anderen Institut eine umfangreiche Kontowechselhilfe anzubieten. Dabei ist das bestehende Konto einschließlich Daueraufträgen und Lastschriftmandaten zum neuen Institut zu übertragen und einzurichten. Dabei sind sowohl die aktuelle Bank als auch die neue Bank zur Mitwirkung verpflichtet.

Für die Einleitung des Kontowechsels ist zunächst eine Ermächtigung in Schriftform vom Verbraucher erforderlich. Für das Online-Banking ist eine Ausnahme vorgesehen. Hier kann die TAN-Eingabe als Ermächtigung ausreichen. Ferner ist im Anhang des Zahlungskontengesetzes ein Musterformular für den Kontowechsel enthalten. Banken ist gleichwohl auch die Verwendung eigener Formulare gestattet, wenn sie den Vorgaben des ZKG entsprechen. Anhand des Formulars können wechselwillige Kunden die Dienstleistungen bestimmen, die die beteiligten Institute bei der Übertragung des Kontos zu erfüllen haben.

Grundsätzlich besteht ein Anspruch auf Übertragung aller eingehenden Überweisungen, Daueraufträge und Lastschriftmandate ("Full-Service"). Es steht Verbrauchern aber frei, auch nur eine teilweise Übertragung festzulegen. Zudem hat der Verbraucher im Formular auch das Datum festzulegen, ab dem die Daueraufträge und Lastschriftmandate im neuen Zahlungskonto aktiviert werden sollen beziehungsweise im alten Zahlungskonto nicht mehr durchzuführen sind. Banken müssen künftig in der Lage sein, eine neue umfassende Kontowechsel-Dienstleistung für Verbraucher zu erbringen, für die insbesondere neue Kommunikationswege mit anderen Instituten aufgebaut werden müssen.

Zunächst ist das empfangende Institut verpflichtet, innerhalb von zwei Geschäftstagen alle zur Einrichtung des neuen Kontos erforderlichen Informationen entsprechend der Angaben in der Ermächtigung von dem übertragenden Institut einzuholen. Dieses hat innerhalb von fünf Geschäftstagen die geforderten Informationen zu senden. Nach Erhalt dieser Informationen hat das empfangende Institut die Einrichtung des neuen Zahlungskontos innerhalb von fünf Geschäftstagen vorzunehmen. Daueraufträge und Lastschriftmandate sind zum, in der Ermächtigung angegebenen Datum auszuführen.

Ferner hat die empfangende Bank die benannten Zahler und Zahlungsempfänger über die neue Zahlungskontoverbindung zu informieren. Hierzu sind neue Kommunikationsprozesse zu gestalten, für die gegebenenfalls eine Adressdatenbank zu erstellen ist. Alternativ sind auf Wunsch Musterschreiben zur eigenständigen Mitteilung der neuen Kontodaten zur Verfügung zu stellen.

Schließlich ist das übertragende Institut verpflichtet, das Konto entsprechend den Anweisungen des Verbrauchers zum festgelegten Zeitpunkt zu schließen sowie den verbleibenden positiven Saldo auf das neue Zahlungskonto des Verbrauchers zu überweisen.

Einheitliche Terminologie und Regelungen zur Entgelttransparenz

Weiterer zentraler Regelungskomplex des ZKG ist die Erweiterung der Informationspflichten der Banken und die Vergleichbarkeit der Entgelte für Zahlungskonten. Dabei werden detaillierte Anforderungen zur inhaltlichen Gestaltung und optischen Darstellung von vorvertraglichen und vertraglichen Informationspflichten sowie allgemeinen Informationspflichten festgelegt.

Um eine bessere Vergleichbarkeit von Zahlungskontodiensten für Verbraucher zu erzielen, sind EU-weit einheitliche Begriffe für Zahlungsdienstleistungen einzuführen. Diese werden in einem delegierten Rechtsakt der Europäischen Kommission festgelegt werden.

Verbrauchern ist rechtzeitig vor Vertragsschluss eine Entgeltinformation mitzuteilen. Unter Verwendung der einheitlichen Begriffe ist dabei unter anderem anzugeben, welche der maßgeblichen Zahlungskontodienste vom Institut angeboten werden und welches Entgelt dafür verlangt wird. Diese vorvertragliche Information hat die Überschrift "Entgeltinformation" zu tragen und muss in einem kurz gehaltenen eigenständigen Dokument abgefasst sein.

Während des Vertragsverhältnisses ist dem Verbraucher eine Entgeltaufstellung zu erstellen. Die Entgeltaufstellung muss unter Verwendung der einheitlichen Begriffe sämtliche Entgelte aufführen, die für mit dem Konto verbundene Dienste angefallen sind. Sie ist Verbrauchern mindestens einmal jährlich sowie bei Beendigung des Vertragsverhältnisses zur Verfügung zu stellen. Auch die Entgeltaufstellung muss in einem gesonderten Format mit der Überschrift "Entgeltaufstellung" abgefasst sein.

Aufgeben von Sprachidentität

Hinsichtlich Entgeltinformation und -aufstellung können auch eigene Begriffe verwendet werden, diese können aber nur zusätzlich genannt werden und dürfen nur eine untergeordnete Rolle spielen (zum Beispiel in Klammern oder geringer Schriftgröße). Für Banken bedeutet dies, dass sie ein Stück ihrer eigenen "Sprach"-Identität verlieren können. Für beide Informationsdokumente wird die BaFin ein Musterformat zur Verfügung stellen, das von der Bank verwendet werden kann.

Ferner sind auch in allen anderen für Verbraucher bestimmten Informationen (zum Beispiel Vertrags- oder Marketinginformationen) die einheitlichen Begriffe zu verwenden. In diesen "anderen" Informationen dürfen eigene Begriffe nur verwendet werden, wenn das Institut zusätzlich eindeutig angibt, welchen europaweit einheitlichen Begriffen diese entsprechen.

Die Übernahme der einheitlichen Begrifflichkeiten in alle Informationsdokumente, die an Verbraucher gerichtet sind, stellt sowohl große zeitliche als auch kostenintensive Herausforderungen für Banken dar. Sämtliche Informationsdokumente sind auf die Begrifflichkeiten durchzusehen, anzupassen und im Anschluss den Verbrauchern auf unterschiedlichen Wegen zu kommunizieren.

Banken stehen nun vor der Herausforderung, kurzfristig ihre Produkte, Prozesse und Anwendungen zum Girokonto an die neuen Anforderungen des Zahlungskontengesetzes anzupassen. Insbesondere hinsichtlich des Basiskontos und der Kontowechselhilfe müssen Banken dabei unverzüglich aktiv werden und die praktischen Herausforderungen, die sich für sie ergeben (zum Beispiel hinsichtlich der Legitimationsprozesse und -dokumente), annehmen und aktiv angehen. Gerade Basiskonten für Flüchtlinge dürften künftig immer stärker gefragt werden. Aber auch Kontokündigungen werden in naher Zukunft voraussichtlich zunehmen. Hier gilt es, frühzeitig entsprechende interne Prozesse aufzusetzen, die in der späteren Praxis zu reibungslosen Abläufe beitragen, zugleich aber alle gesetzlichen Anforderungen rechtzeitig vollständig umzusetzen.

Fußnoten

1) Richtlinie 2014/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 über die Vergleichbarkeit von Zahlungskontoentgelten, den Wechsel von Zahlungskonten und den Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen.

2) Weiterführende Literatur zum ZKG: Conreder/Schild, Entwurf des Gesetzes zur Umsetzung der sog. Zahlungskontenrichtlinie - Ein Überblick, BKR 2016, 89.

Zum Autor

Dr. Christian Conreder, Rechtsanwalt, KPMG Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Hamburg, und Ulrike Schild, Rechtsanwältin, KPMG Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Frankfurt am Main

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