Blickpunkte

Vertriebspolitik - Wettrennen der Geschäftsmodelle

"Generell gilt: Kreditinstitute sind heute im Wesentlichen Filialbanken mit sich erweiternden Online-Funktionalitäten", so Martin Blessing auf der Bilanzpressekonferenz der Commerzbank. Künftig werde sich das umdrehen. "Wir werden branchenweit eher Online-Banken sehen, mit integrierter Beratungs- und Serviceeinheit". Thorsten Reitmeyer von der Comdirect bringt die zunehmende Konvergenz der Geschäftsmodelle noch stärker auf den Punkt: Filialbanken versuchen, durch Anreichern des Geschäftsmodells mit Online-Services "onliniger" zu werden, während die Onliner versuchen werden, "offliniger" zu werden und bisherigen Filialnutzern virtuell entgegenzukommen. Hier werde es bis zum Jahr 2020 ein interessantes Wettrennen geben.

In beide Geschäftsmodelle wird also weiter investiert werden müssen. Namentlich die Direktbanken haben dabei auch schon Lehrgeld gezahlt. So mussten sie lernen, dass sich auch in einem Umfeld, in dem der Erstkontakt immer noch gerne in der Filiale stattfindet, vereinzelte Standorte in den Innenstädten für sie nicht lohnen. Wichtiger sind erweiterte Services in Form immer ausgefeilterer Beratungstools oder auch die "persönliche" Beratung durch Mitarbeiter - sei es nun telefonisch, gegebenenfalls mit Co-Browsing, oder auch in Form von Videoberatung.

Direktbanken müssen also in Technik wie auch in Mitarbeiter investieren - stellen sich dabei mit ihren schlanken Strukturen aber vermutlich immer noch besser als die Filialbanken, die die technische Aufrüstung stemmen müssen, ohne dabei gleichzeitig den Kostenblock Filialnetz massiv zusammenstreichen zu können. Gelingen kann der Transformationsprozess nur behutsam. Denn noch bevorzugen selbst spätere Online-Kunden für die Kontoeröffnung den stationären Vertriebskanal. Als Basis für die Neukundengewinnung (und in den Augen vieler Kunden auch als "Backup"-Kanal für den Fall, dass es einmal Probleme gibt), ist die Filiale also bis auf Weiteres noch unersetzlich. Und die Erfahrung zeigt, dass Filialschließungen regelmäßig mit Kundenverlusten bezahlt werden. Bis sich diese durch erweiterte Online-Angebote, die Neukunden anziehen werden, kompensieren lassen, wird es wohl noch ein Weilchen dauern. Red.

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