Leitartikel

Medien-Wirtschaft

PO - Der deutsche PR- und Kommunikationswissenschaftler Albert Oeckl unterscheidet nicht weniger als 14 Medien-Funktionen. Er nennt: Information, Unterhaltung, Entspannung, Belehrung, Bildung, Erziehung, Dokumentation, Lebenshilfe, Zivilisationsverbreitung, Aufmerksamkeits-Erregen, Kontrolle, Traumfabrikation, Vermittlung und Meinungsbildung. Zur Rolle der Medien gehört nach herrschender Lehre auf jeden Fall die Artikulation von Meinungen, Bedürfnissen und Problemen der verschiedenen Gruppen sowie - im Prinzip danach - die Kontrolle des sozialen, ökonomischen und politischen Geschehens als gerne zitierte "vierte Gewalt". Vereinfacht zusammengefasst: Über Politik berichten - unbedingt ja, Politik machen - bitte schön nein!

Das versuchen aktuell in Deutschland mit natürlich höchst unterschiedlichen Ansätzen insgesamt 347 Tageszeitungen, sechs Sonntagszeitungen, 21 Wochenzeitungen, 1 511 Publikumsfachzeitschriften, 357 Fernsehsender sowie 244 Hörfunkangebote. Deutschlands Medienlandschaft ist also ähnlich wie die Bankenbranche ziemlich dicht besiedelt. Das gilt natürlich vor allem und am meisten beachtet für die Printbranche und mag insoweit überraschen, da sowohl Auflagen als auch Anzeigenvolumina als die bisherige Haupteinnahmequelle seit Jahren rückläufig sind. Die Printbranche insgesamt verdiente 2000 im Anzeigengeschäft noch neun Milliarden Euro im Jahr, 2011 waren es gerade einmal noch fünf Milliarden Euro. Zwischen 1991 und 2011 ging die Auflage der deutschen Zeitungen um rund 30 Prozent auf nur noch 18,8 Millionen Stück zurück. 2011 fielen im zweiten Jahr in Folge die Einnahmen aus dem Vertrieb der Zeitungen in Deutschland höher aus als die Einnahmen aus Anzeigen und Werbung.

Die Konsequenz: Verlage tun sich immer schwerer, mit ihrem gelernten Publishing-Modell überhaupt noch Geld zu verdienen. Der von vielen Häusern eingeschlagene Ausweg Online erweist sich dabei aber als Irrweg: Verlage in Deutschland erzielen einschlägigen Untersuchungen zufolge pro Online-User im Schnitt heute gerade einmal zwölf Prozent dessen, was sie mit Lesern gedruckter Publikationen erwirtschaften. Das reicht bei Weitem nicht aus, um die Einbußen im Kerngeschäft zu kompensieren und zeigt zweierlei: Ohne eine Stabilisierung der Printauflage geht es nicht. Zum anderen ist ein Ende der Gratis-Kultur im Internet absehbar.

Um Print zu stabilisieren, geht es künftig vor allem über den Verkauf, nicht über Anzeigen. Das birgt aber auch Risiken, verlockt es doch, zu schreiben, was der Leser, in diesem speziellen Fall der Käufer, lesen möchte. Das kann richtig, weil unabhängig und informativ sein, muss es aber nicht. Fakt ist, Printmedien müssen einen Zusatznutzen gegenüber den reinen News darstellen, denn die werden via Internet immer schneller verbreitet und gelesen sein. Nur wer die Story mit Hintergrund und Einordnung, mit Kommentar und Reportage anreichert, wird seine Leser überzeugen und binden.

Dafür brauchen Medien zum einen gute Journalisten und Redakteure mit Fachwissen und Spürsinn sowie einem breiten Netzwerk an Menschen und zum anderen vernünftig aufbereitete Informationen. Von drei Legal-Abteilungen bis in das letzte Komma geprüfte und dann vom Englischen in das Deutsche übersetzte, nichtssagende Pressemitteilungen gehören hier sicherlich nicht dazu. Dass dabei der Gesetzgeber mit dem drohenden Zeigefinger natürlich eine gewichtige Rolle spielt, weiß der Autor, bittet nur um mehr Mut der Verantwortlichen bei der Kommunikation ihrer Sache. Der Versuch der Einflussnahme auf die Berichterstattung ist hier ebenso kontraproduktiv wie eine Salamitaktik bei unangenehmen Themen. Gute PR heißt, die Meinung anderer zu einer Sache gezielt zu beeinflussen, indem man ihnen das Ziel so darstellt, dass die anderen es akzeptieren und unterstützen können. Medien brauchen die Wirtschaft und die Wirtschaft braucht für ihre Botschaften die Medien.

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