Vorsorgesparen

Bausparverträge in Zeiten von Basel III und Niedrigzinsen

Im Zuge der Umsetzung von Basel III richten Banken und Sparkassen ihre Geschäftsmodelle neu aus. Die strengeren Vorschriften stärken unter anderem klassische Bankprodukte und Vermittlungsprodukte wie das Bausparen. Unter Basel-III-Gesichtspunkten wollen 59 Prozent der Kreditinstitute künftig verstärkt auf Bausparverträge setzen und Bausparverträge zu 100 Prozent für die Immobilienfinanzierung verwenden. Auf der anderen Seite empfindet ein Drittel der Banken die aktuelle Niedrigzinsphase eher als hinderlich für das Bausparmodell. Das zeigt die Studie "banking insight" von msg Gillardon*) .

Die strengeren Liquiditätsvorschriften nach Basel III haben massive Auswirkungen auf wichtige Geschäftsfelder der Banken in Deutschland. Dafür sorgen unter anderem die beiden Liquiditäts- und Eigenkapitalkennzahlen Liquidity Coverage Ratio (LCR) und Net Stable Funding Ratio (NSFR). Die LCR verlangt von den Banken einen ausreichenden Liquiditätspuffer, um ein 30-tägiges Stressszenario mit erhöhten Nettomittelabflüssen (zum Beispiel aus dem Abzug von Einlagen) abdecken zu können. Die NSFR stellt Mindestanforderungen an die längerfristige Refinanzierungsstruktur einer Bank unter Betrachtung eines einjährigen Stressszenarios. Die strengeren Liquiditätsanforderungen schaffen Anreize für Aktivgeschäfte, die regelmäßige, von vornherein feststehende Mittelzuflüsse erzeugen. Attraktiver werden zudem Passivgeschäfte, die der Bank stabil zur Verfügung stehen und ähnlich langfristig ausgerichtet sind wie die Aktivgeschäfte.

Einsatz von Bausparverträgen im Fokus

Die Finanzierung von Immobilien gilt für die Banken als eines der wichtigsten Geschäftsfelder im Bereich Kredite. Erklärten 2012 noch 66 Prozent der Banken und Sparkassen, dass sie in diesem Geschäftsfeld im Hinblick auf Basel III verstärkt auf Immobiliendarlehen mit kurzer Kapitalbindung setzen werden, schwenken aktuell die Institute um und betonen nun die steigende Bedeutung von Bausparverträgen. Dies betrifft vor allem die Privatbanken und Regionalbanken. 65 Prozent geben an, Bausparverträge künftig für die Immobilienfinanzierung zu verwenden. Das ist ein Anstieg von sieben Prozentpunkten im Vergleich zu 2012.

An zweiter Stelle folgen mit 62 Prozent Großbanken, deren Anteil sich jedoch nicht verändert hat. Im Sparkassensektor setzen ebenfalls mehr Institute auf Bausparverträge. Aktuell gehen 54 Prozent der Institute diesen Weg - das ist ein Anstieg um zehn Prozentpunkte. Insbesondere fokussieren sich mehr als 70 Prozent der Banken, die eine individuelle Risikogewichtung ihrer Aktiva über den IRB-Basisansatz oder den fortgeschrittenen IRB-Ansatz verfolgen, auf den Einsatz von Bausparverträgen für die Immobilienfinanzierung bei ihren Kunden.

Vorzüge im Basel-III-Zeitalter

Die Immobilienfinanzierung mit Hilfe von Bausparverträgen kann Banken im Basel-III-Zeitalter einige Vorzüge bescheren. Einer davon ist die gemeinsame Finanzierung der Immobilie durch Bank und Bausparkasse. Durch den Mix aus Bankkredit, angespartem Kapital und Kreditsumme des zugeteilten Bausparvertrages, können Institute in Summe mehr Kredite vergeben, da die durchschnittliche Finanzierungssumme durch den Einsatz des Bausparvertrages sinkt.

Wenn Banken einen Teil der Kreditvergabe den Bausparkassen überlassen, wirkt sich das unter Basel-III-Gesichtspunkten positiv aus, denn die Höhe der langlaufenden Darlehen sinkt tendenziell. Darlehen, die unter Umständen sehr langfristig (mehr als zehn Jahre) refinanziert werden müssten, verschwinden aus den Bilanzen. Gleichzeitig stärkt die Vermittlung das Dienstleistungsgeschäft.

Sofern der Bausparvertrag vorfinanziert werden soll, sinkt zwar die Darlehenshöhe nicht, aber der sofortige Provisionseffekt bleibt erhalten. Dieser Weg hat durchaus Relevanz in der Praxis. Jedes zweite Institut will sich angesichts der neuen Liquiditätsvorschriften auf die Vermittlerrolle beschränken und weniger eigene Kredite vergeben, zeigt die Studie.

Ein weiterer Vorteil ergibt sich im Zeitablauf. Das angesparte beziehungsweise anzusparende Guthaben im Bausparvertrag steigt. Bei Kreditinstituten, die einen Basis-IRB beziehungsweise fortgeschrittenen IRB-Ansatz verfolgen, kann das Guthaben im Bausparvertrag, das an das Kreditinstitut abgetreten ist, kreditrisikomindernd angesetzt werden. Es trägt damit zur Senkung des mit Eigenkapital zu unterlegenden Kreditbetrages bei.

Kundengerechte Beratung

Ein nicht zu unterschätzender Vorteil ergibt sich aus der kundengerechten Beratung bei der Immobilienfinanzierung. Sofern im eigenen Hause keine langfristigen Darlehen angeboten werden, ist die Zinsabsicherung des aufgenommenen Bankdarlehens nach Ablauf der Zinsbindung durch ein Bauspardarlehen seit jeher sinnvoll. Für den Kunden bieten die Bauspardarlehensverträge oft sogar mehr Sonderzahlungsmöglichkeiten als der Immobiliendarlehensvertrag der Bank.

Die Kunden sind damit flexibler bei der Rückzahlung des Darlehens, was die Attraktivität des Produkts fördert. Auch der vom Staat angebotene Riesterzuschuss kann sinnvoll in eine solche Finanzierung eingebaut werden. Die gute Beratung wird zur Stärkung der Kundenbeziehung beitragen, innerhalb derer die Bank weitere Produkte aus dem eigenen Portfolio anbieten kann.

Basel III allein löst keinen Bausparboom aus

Die dargestellten Vorteile von Bausparverträgen als Basel-III-orientiertes Geschäftsmodell erklären allein allerdings nicht das aktuelle Wachstum der Bausparvertragsabschlüsse. Treiber sind neben den Banken ebenso die Kunden und die Bausparkassen selbst. Weil viele Anlageformen aktuell nicht einmal die Inflation decken, sind Kunden auf der Suche nach Alternativen. Zinsgarantie und Verlässlichkeit sind dem Kunden infolge der Finanzkrise wichtiger geworden. Risikoreiche Anlagen mit höherem Ertrag werden dagegen weniger nachgefragt.

Immer mehr Kunden entdecken deshalb das Bausparen für sich. Teilweise bieten die am Markt bestehenden Bauspartarife nicht nur für die Bauspardarlehensphase günstige Kreditzinsen, sondern sogar im Vergleich zu den Tagesgeldkonditionen der Banken eine akzeptable Guthabenverzinsung in der Ansparphase.

Parallel kurbeln die Vertriebe der Bausparkassen das Geschäft stark an. Besonders die Bausparkassen der Sparkassen und der Genossenschaftsbanken vermelden ein großes Wachstum bei Neuverträgen und bei den Bausparsummen. Im Jahr 2013 wurden fast 2,3 Millionen neue Bausparverträge abgeschlossen. Das entspricht einer Zunahme um 8,5 Prozent. Auch die Bausparsumme stieg auf den Rekordwert von 70,1 Milliarden Euro, ein Plus von sieben Prozent.

Banken erwarten negative Effekte durch Niedrigzinspolitik

Die Pläne vieler Banken, sich stärker im Bauspargeschäft zu engagieren, werden von der anhaltenden Niedrigzinsphase beeinträchtigt. Die aktuelle Politik des billigen Geldes macht die Attraktivität der Bausparverträge als Basel-III-orientiertes Geschäftsmodell im Kreditgeschäft ein Stück weit wieder zunichte. Denn die Institute schaffen durch das Angebot langfristiger Verträge - teilweise bis zu 20 Jahre und länger - für den Kunden unter Umständen keinen Anreiz, in einen Bausparvertrag zur Absicherung der Zinshöhe zu investieren. Die Stärke des Anreizes hängt stark vom Zinsangebot der Bausparkasse ab. Viele Kreditinstitute sind deshalb ernüchtert. 27 Prozent der befragten Banker geben an, dass die Verwendung von Bausparverträgen für die Immobilienfinanzierung durch die Niedrigzinsphase erschwert wird.

Betroffen ist auch die Strategie, sich stärker auf das Vermittlergeschäft zu fokussieren. Hier sehen 25 Prozent der Institute die Konzentration auf Provisionen gefährdet, wenn die Zinsen langfristig niedrig bleiben. Die geringsten Auswirkungen auf das Bauspargeschäft befürchten Sparkassen (17 Prozent) und Genossenschaftsbanken (18 Prozent). Diese Institute profitieren von ihrer starken Positionierung in ländlichen Regionen und als Hausbank um die Ecke. Insgesamt müssen die Kreditinstitute für sich genau durchrechnen und abwägen, inwieweit der Einsatz von Bausparverträgen in der Kundenfinanzierung für sie ein sinnvolles Geschäft bedeuten kann und welche weiteren Bankprodukte ertragreich sind und gleichzeitig die Erfüllung der Regulierungsvorschriften ermöglichen. Die Kombination aus Basel-III-Vorschriften und Niedrigzinsphase erschwert die Suche nach Gewinnern und Verlierern unter den Bankprodukten und nach der richtigen Strategie.

Im Kreditgeschäft gelten über alle Bankengruppen hinweg Verfügungskredite auch künftig als am attraktivsten. Für Großbanken wird die Vergabe von Baufinanzierungen (32 Prozent) wieder zunehmend interessanter. Für Genossenschaftsbanken hingegen sind Anschaffungskredite und Vorfinanzierungen deutlich attraktiver. Auch Regionalbanken sehen in Anschaffungskrediten ein großes Marktpotenzial (31 Prozent).

Bei Sparprodukten hängen nach Einschätzung der Banken und Sparkassen Tagesgelder die Termingelder und Zuwachssparen deutlich ab. Zudem kämpfen die Marktteilnehmer darum, langfristige Spareinlagen zu gewinnen. Als Folge gehen 65 Prozent der befragten Banker davon aus, dass sich die Konditionen bei längeren Laufzeiten von Anlageprodukten für Sparer verbessern werden. Die Mehrheit von 56 Prozent der Befragten glaubt, dass die durchschnittlichen Sparzinsen um 0,25 bis zu einem Prozentpunkt pro Jahr ansteigen könnten. Inwieweit dieses Szenario realistisch ist, muss sich noch zeigen.

Langlaufende Anlagen statt Tagesgeld - eine Herausforderung

Eine Herausforderung wird sein, die Kunden von Tagesgeldkonten zu langlaufenden Anlagen zu bewegen, beispielsweise zu Festgeldprodukten. Das Dilemma ist wiederum die aktuelle Niedrigzinsphase. Bei Minizinsen, die meist nicht einmal die Inflation decken, legen Kunden ihr Geld trotz verbesserter Konditionen lieber kurzfristig an, um bei einem Zinsanstieg schnell umschichten zu können. Es wird also darauf ankommen, lang laufende Sparprodukte mit zusätzlichen Mehrwerten "zu veredeln" - beispielsweise in Form einer hochwertigen Beratung in weiteren Finanzfragen. Speziell Sparkassen und Genossenschaftsbanken sehen sich hier gut aufgestellt und mit ihrem Geschäftsmodell als regional verankerte Hausbank im Vorteil.

Die Relevanz von Kapitalmarktprodukten geht im Vergleich zum Vorjahr weiter zurück. Allerdings schätzen nunmehr alle Bankengruppen die Relevanz von Pfandbriefen im Kontext von Basel III noch höher ein als im letzten Jahr. Der Anteil derjenigen, die ihnen eine höhere Bedeutung zusprechen, hat im Vergleich zu 2012 um acht Prozentpunkte zugenommen.

Im Gegensatz zu Einlagen und kurzfristigen Bankschuldverschreibungen ermöglichen Pfandbriefe eine hohe Fristenkongruenz. Sie sind zudem unter Basel III in der Mindestliquiditätsquote als liquide Aktiva anrechenbar und werden damit ungedeckten Schuldverschreibungen gegenüber bevorzugt. Sie können darüber hinaus auch als Sicherheiten in der Interbanken-Refinanzierung eingesetzt werden und damit die Refinanzierungskosten senken. Pfandbriefe mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr erfüllen zusätzlich die Refinanzierungskriterien innerhalb der strukturellen Liquiditätsquote (Net Stable Funding Ratio).

Nicht jede Bank wird künftig in allen Geschäftsfeldern erfolgreich sein können. Somit bleiben den Banken als Reaktionen auf Basel III und die Niedrigzinsphase nur weitere Effizienzsteigerungen durch Steigerung ihres Dienstleistungsergebnisses, Prozessoptimierungen und gegebenenfalls Kostensenkungen, um Gewinn und Liquidität zu steigern.*) Die Studie "banking insight" untersucht künftige Geschäftsmodelle von Banken unter dem Einfluss des Regelwerks Basel III. An der Studie haben insgesamt 200 Fach- und Führungskräfte der deutschen Kreditwirtschaft teilgenommen. Sie wurde 2013 zum zweiten Mal durchgeführt.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X