Zielgruppen

"55 plus": Mehr als Pflegeversicherung

Die Franzosen formulieren es in dem ihnen eigenen diplomatischen Charme: Mit 50 Jahren beginnt das Altsein der Jungen und mit 60 Jahren das Jungsein der Alten. Das ist nicht nur ein schönes Bonmot, vielmehr bringt diese Aussage eine gerade für Finanzdienstleister wichtige Tatsache auf den Punkt: Das Lebensgefühl und damit zwangsläufig die Bedürfnisse der über 50-Jährigen haben sich in den vergangenen Jahren rasant gewandelt. Doch scheinen die Potenziale dieses Marktes bislang nicht einmal ansatzweise ausgeschöpft.

Wer heute in den Ruhestand tritt, hatte ausreichend Zeit, um Geld anzusparen und - sofern vorhanden - seine Immobilie zu entschulden. Denn zum ersten Mal in der deutschen Geschichte musste diese Generation keine Rückschläge und Vermögensverluste durch Kriege hinnehmen. Der Generation der über 55-jährigen geht es wirtschaftlich besser denn je. Sie besitzt 70 Prozent des Gesamtvermögens und verwaltet 50 Prozent der frei verfügbaren Mittel. Dieser Trend dürfte sich weiter verstärken, denn jeder dritte Deutsche rechnet mit einer Erbschaft. Das durchschnittliche Erbalter liegt heute bei 55 Jahren; das Vermögen, das Jahr für Jahr in andere Hände übergeht, macht nicht weniger als 150 Milliarden Euro aus.

Zielgruppe mit großem Potenzial

Welch riesiges Potenzial in diesen Zahlen steckt, lässt sich schon am Beispiel der Naspa illustrieren: Rund 70 Prozent der 50- bis 65-Jährigen haben eine Lebensversicherung, die jetzt beziehungsweise in den nächsten Jahren ausgezahlt wird. Gemäß einer Studie von TNS Infratest beträgt der durchschnittliche Auszahlungsbetrag 26 000 Euro.

Die Naspa betreut rund 180 000 Kunden im Alter ab 55 Jahren; 70 Prozent davon entsprechen 126 000 Kunden. Wenn nur ein Fünftel, also rund 25 000 Kunden, das Geld aus der fälligen Lebensversicherung wieder investieren würde, resultierte daraus ein Anlagevolumen von rund 650 Millionen Euro. Hinzu kommt das erhebliche Potenzial aus Erbschaften.

Vor diesem Hintergrund erscheint die Frage spannend, weshalb dieser Markt in der Vergangenheit kaum systematisch bearbeitet wurde und nennenswerte Erfolge zumindest bei den Banken bislang eher Ausnahmen darstellten. Diese Überlegungen standen am Anfang des von der Naspa gestarteten Projekts "Generation 55 plus".

Durch falsche Beratung Potenzial verschenkt

Tatsächlich wurde die Relevanz der Kundengruppe im Alter von über 55 Jahren zwar erkannt, doch schätzten viele Finanzdienstleister die Bedürfnisse der älteren Kunden falsch ein. Auch die Ansprache der Zielgruppe war häufig nicht nach den Erwartungen der Betroffenen.

Was bedeutet das konkret? In der Vergangenheit standen zu sehr allein auf das Alter ausgerichtete Produkte und Dienstleistungen im Vordergrund. Wer in den Ruhestand tritt oder bereits aus dem aktiven Erwerbsleben ausgeschieden ist, so die Einschätzung, denkt in erster Linie an eine ausreichende medizinische Versorgung, an die Absicherung des Pflegefallrisikos und an die steueroptimierte Übertragung des Vermögens an die nachfolgende Generation. Ansonsten wurde den älteren Kunden allenfalls noch geraten, rechtzeitig für den seniorengerechten Umbau der Wohnung zu sparen.

55-plus-Kunden mit differenziertem Bedarf

Das Lebensgefühl dieser Generation ist aber viel differenzierter als vor 20 Jahren. Sofern die Gesundheit mitspielt, fühlen sich ältere Menschen heute im Schnitt um zehn Jahre jünger als sie in der Realität sind. Eine ganzheitliche Beratung der 55-plus-Generation muss sich auf die drei wichtigsten Bedarfsfelder dieser Zielgruppe konzentrieren.

Natürlich spielt die Vorsorge gegen die erhöhten Risiken des Alters nach wie vor eine wichtige Rolle. Vor allem die bei einem möglichen Pflegefall entstehenden Kosten bereiten den meisten Angehörigen dieser Generation Sorgen. Im fortgeschrittenen Alter spüren viele darüber hinaus das Bedürfnis, Kapitalreserven für eine würdevolle Bestattung aufzubauen.

Im Mittelpunkt des zweiten Bedarfsfeldes steht die Frage nach einer reibungslosen und steueroptimierten Vermögensübertragung. Untersuchungen haben ergeben, dass nur drei Prozent der Bundesbürger für den Erbfall mit einem einwandfreien und steuerlich vorteilhaften Testament vorgesorgt haben.

Drittens schließlich muss die Beratung der 55-plus-Generation deren geänderten Lebensstil angemessen berücksichtigen. Genuss, Freizeitaktivitäten und Fitness haben für ältere Menschen heute einen sehr hohen Stellenwert. Um diese Wünsche jederzeit finanzieren zu können, brauchen ältere Kunden eine gut strukturierte Geldanlage, die eine kurzfristige Verfügbarkeit über Teile des Geldes ebenso im Blick behält wie eine längerfristig orientierte Vermögensoptimierung.

Berater mit Lebenserfahrung

Freilich reicht es nicht aus, nur entsprechende Angebote im Produktportfolio zu führen. Über den Erfolg entscheidet nicht zuletzt das Einfühlungsvermögen des Beraters. Die bislang im Rahmen des Projekts "Generation 55plus" gesammelten Erfahrungen zeigen ganz klar: Ältere Kunden erwarten von ihrem Berater nicht nur Sachkompetenz, sondern gleichermaßen Lebenserfahrung. Sie möchten auf gleicher Augenhöhe mit dem Berater sprechen. Presseberichte wie die von einer 30-jährigen Beraterin, die ihrer 70-jährigen Kundin hartnäckig einen geschlossenen Fonds mit 15 Jahren Laufzeit verkaufen wollte, sind eben leider nicht nur Anekdoten.

Alle eingesetzten Spezialberater der Naspa für die 55-plus-Generation sind daher berufs- und lebenserfahrene Mitarbeiter, die neben der fachlichen Qualifikation über die nötige Sensibilität und das Einfühlungsvermögen im Umgang mit älteren Kunden verfügen.

Schließlich mangelte es in der Vergangenheit an der nötigen Differenzierung innerhalb der Zielgruppe. Ein 55- oder 60-Jähriger steht in der Regel noch mitten im Beruf. Er hat zwangsläufig andere Wünsche und Prioritäten als ein 70-jähriger Rentner. Daher differenziert die Naspa in ihrem Ansprachekonzept zwischen der 55plus- und der 70-plus-Generation. In beiden Bereichen verfügt das Haus schon heute über einen höheren Kundenanteil als der Durchschnitt der Wettbewerber.

Schneller Produktverkauf ist die Ausnahme

Die auf diese Altersgruppen spezialisierten Berater treffen auf ganz bestimmte Einstellungen ihrer Kunden, die durchaus Vorteile bergen, selbst wenn sie den Verkauf in der Anfangsphase nicht eben erleichtern.

Aufgrund ihrer Lebenserfahrung reagieren Menschen ab 55 Jahren in der Regel zunächst zurückhaltend auf neue Angebote. Der schnelle Produktverkauf gleich im Anschluss an das erste Gespräch ist eher die Ausnahme. Und die Berater sollten darauf keineswegs drängen, denn ein solches Verhalten schreckt die meisten Kunden dieser Zielgruppe ab. Hingegen reagieren sie positiv, wenn der Produktverkauf zunächst nicht im Vordergrund des Beratungsgesprächs steht.

Hohe Beratungsqualität beugt Abwanderung vor

Vorteilhaft für den Vertriebserfolg erscheint zweifellos die überdurchschnittliche Qualitätsorientierung der Zielgruppe. Aus ihrer eigenen privaten und beruflichen Lebenserfahrung wissen die Betroffenen, dass gute Produkte und qualifizierte Beratung ihren Preis haben. Rund zwei Drittel der 50- bis 69-Jährigen sind daher bereit, für gute Qualität mehr zu zahlen.

Solange die Qualität stimmt und sich die Menschen in dieser Altersgruppe gut aufgehoben fühlen, halten sie ihrem Kreditinstitut stärker als jüngere Kunden die Treue. Dies sollte aber nicht zu der Annahme verleiten, die 55-plus-Generation sei in ihrer Mehrheit grundsätzlich nicht mehr wechselbereit. So steigt zum Beispiel der Anteil der Direktbankkunden in dieser Zielgruppe überdurchschnittlich.

Die Abwanderungsgefahr wird künftig in dem Maße wachsen, in dem die derzeit noch Berufstätigen in den Ruhestand wechseln für die der Umgang mit modernen Kommunikationsmedien selbstverständlich ist. "Medien-Ressentiments", wie sie heute bei älteren Menschen zum Beispiel gegenüber dem Internet bestehen, dürften in einigen Jahren kaum noch ins Gewicht fallen. Mit hoher und vertrauenswürdiger Beratungsqualität lässt sich dieser Abwanderungsgefahr aber erfolgreich begegnen, denn für die meisten Kunden der 55-plus-Generaton stellt der Preis allein noch kein Entscheidungskriterium dar. Wichtiger erscheint ein persönliches Vertrauensverhältnis zum Berater, das Direktbanken auf die Distanz kaum aufbauen können.

Schon die ersten Erfahrungen aus der Spezialberatung zeigen: Die Kundengruppe ab 55 Jahren reagiert ausgesprochen positiv auf die aktive Ansprache. Die Gespräche verlaufen überwiegend in einer sehr angenehmen Atmosphäre. Im ersten Schritt erhalten die Kunden Lebensphasen-bezogene Informationen - zum Beispiel mit Hilfe des Naspa Zukunfts-Checks. Sehr bewährt hat sich überdies das "Alles-ge-regelt-Buch", in dem der Kunde Formulare und Checklisten für die finanzielle und persönliche Vorsorge findet. Oft wird er mit Hilfe dieses Buches erst für bestimmte Themen sensibilisiert, wie zum Beispiel Patienten- oder Betreuungsverfügungen.

Darüber hinaus spricht der Spezialberater mit seinen Kunden über deren Wünsche, Ziele und familiären Verhältnisse sowie über das finanzielle Umfeld. Wie stellt sich die Einkommens- und Ausgabensituation dar? Ist Immobilienvermögen vorhanden?

Sind größere Geldeingänge aus Lebensversicherungen oder Erbschaften zu erwarten? Hat der Kunde für sich und seine Angehörigen ausreichend vorgesorgt? Die Antworten auf diese und weitere Fragen liefern die Grundlage für die Ausarbeitung von individuellen Lösungen.

Ausgeschlossen ist lediglich die Beratung in Steuer- und Rechtsfragen. Die Spezialberater empfehlen bei erkennbarem Bedarf jedoch die Klärung bestimmter Sachverhalte durch einen Steuerberater beziehungsweise Rechtsanwalt.

Mindestens ein Jahresgespräch

Innerhalb der Zielgruppe 55-plus ändern sich - abhängig vom Lebensalter - im Laufe der Zeit sowohl die persönlichen Ziele und Wünsche wie der Bedarf.

Für die 55- bis 69-Jährigen stehen auf der einen Seite die meisten Fälligkeiten und Erbschaften an. Auf der anderen Seite müssen sie sich auf neue Lebenssituationen einstellen, was Auswirkungen auf die Versicherungssituation, die Vermögensoptimierung und die Wohnsituation haben kann.

Für die 70- bis 85-Jährigen wiederum rücken Vermögensübertragung, Nachlassregelungen sowie Sterbegeld- und Bestattungsvorsorgeversicherungen in den Fokus.

Daher begleiten die Spezialberater ihre Kunden kontinuierlich. So ist mindestens ein Jahresgespräch vorgesehen, um die vereinbarten Ziele zu prüfen und die Strategien an veränderte Situationen anzupassen. Darüber hinaus suchen die Berater bei aktuellen Anlässen - wie etwa im Fall von steuerlichen oder rechtlichen Änderungen - das intensive Gespräch mit ihren Kunden. Daneben gibt es regelmäßig Veranstaltungen zu Themen wie beispielsweise "Erben & Vererben", die auf starke Nachfrage stoßen. Hier profitieren die Kunden vom Know-how der im Private Banking tätigen Vermögensnachfolgeplaner.

Keine Frage, die Beratung der "Best Agers", wie die Zielgruppe der über 55-Jährigen bisweilen genannt wird, erfordert Erfahrung und Fingerspitzengefühl. Dazu gehört nicht zuletzt das Wissen um die K.O.-Kriterien. Ganz oben auf der Liste steht das Angebot von speziellen Seniorenprodukten. Wer sich nicht als Senior fühlt, möchte auch nicht als solcher angesprochen werden.

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