Aufsätze

Qualität und Service - Komfort als Beratungsansatz einer Großsparkasse

Manche Erkenntnisse überzeugen durch ihre zeitlose Gültigkeit: "Gebt ihnen Qualität, das ist die beste Werbung", schrieb schon vor vielen Jahrzehnten der US-amerikanische Industrielle Milton S. Hershey seinen Mitarbeitern ins Stammbuch. Das gilt für die Finanzdienstleistungsbranche allemal. Und nach den Eruptionen der Finanzmarktkrise darf man dieses Zitat wohl ein wenig ausbauen: "Gebt Ihnen Qualität, das ist die beste Werbung und der schnellste Weg, verloren gegangenes Vertrauen wieder aufzubauen".

Als die Nassauische Sparkasse (Naspa) zum ersten Mal das Ziel kommunizierte, zu Deutschlands Komfortsparkasse Nummer eins aufzusteigen, war die Finanzmarktkrise regional begrenzt und allenfalls im Frühstadium auszumachen. Insofern handelte es sich nicht um reinen Aktionismus angesichts ganz besonderer Herausforderungen, sondern um eine konsequente Strategie, mit der die Sparkasse ihre traditionelle Stärke - die Präsenz in der Fläche - noch gezielter ausspielen möchte.

Versprechen und Realität

Oft wurde gefragt, wie die Sparkasse den gewiss dehnbaren Begriff "Komfort" definiere. Mehr Bequemlichkeit in den Finanz-Centern, den früheren Geschäftsstellen? Das gehört dazu, stellt aber nicht den Kern des Komfort-Verständnisses dar. Den bilden vielmehr Qualität und Service. Beides darf nicht nur in flotten Marketing-Botschaften beschworen, sondern muss im täglichen Kundengeschäft aktiv gelebt werden. Denn nicht in erster Linie die Zyklen der Konjunktur oder das Auf und Ab an den Börsen lassen die Vertrauensbasis zwischen Kunden und Finanzdienstleistern erodieren. Wenn etwas Vertrauen kostet, dann ist es die Kluft zwischen Versprechen und Realität, das Gefühl des Kunden, er werde nicht wirklich ernst genommen, sondern sei nur eine betriebswirtschaftliche Größe. Es liegt auf der Hand, dass dieser Eindruck vor allem dort entstehen kann, wo in der Regel der intensivste Kontakt zwischen Kunden und Finanzdienstleistern stattfindet - im Beratungsgeschäft.

Die Frage, was Beratung koste, lässt sich zum einen rein betriebswirtschaftlich beantworten, zum anderen aber auch im Hinblick auf mögliche Konsequenzen: Eine als kundenfern und rein provisionsgetrieben empfundene Beratung kostet Vertrauen und im schlimmsten Fall die Kundenbeziehung. Vor diesem Hintergrund war es nahe liegend, bei der Umsetzung der Kom-fort-Strategie den gesamten Beratungsbereich auf den Prüfstand zu stellen und neue Ansätze abzuleiten, um den Marktstandard qualitativ zu übertreffen. Denn genau hier liegt die Chance der Sparkassen: Es wäre fatal, würden sie in einen Wettstreit um die jeweils günstigsten Konditionen eintreten, zumal viele Bankkunden in den Monaten der Finanzkrise erfahren mussten, dass aggressive Konditionen keineswegs immer ein Zeichen der Stärke sind. Meist ist das Gegenteil der Fall man blicke nur nach Island und Lettland.

Ganz gleich, ob ein Unternehmen nun Finanzdienstleistungen oder industrielle Produkte vermarktet, im Grunde gibt es nur drei mögliche Strategien. Erstens: Der Anbieter verkauft schlechte Produkte zum billigen Preis. In diesem Fall ist die Ware nicht günstig, sondern wertlos. Zweitens: Er verkauft gute Qualität zu überhöhten Preisen. Dann ist das Geschäft aus Sicht des Verkäufers kurzfristig vielleicht attraktiv, jedoch nicht nachhaltig erfolgreich. Die dritte Alternative: Man bietet die bestmögliche Qualität zu fairen Preisen an. Genau dieses Ziel will die Naspa mit ihren neuen Beratungsansätzen erreichen.

Sieben Kerngruppen im Privatkundengeschäft

Was bedeutet dies in der Praxis? Zunächst muss der Finanzdienstleister wissen, was der Kunde wirklich will. Er darf also nicht nur glauben, es zu wissen, oder - schlimmer noch - es dem Kunden oktroyieren. Das heißt konkret, der Berater muss sich bereits im Vorfeld ein möglichst genaues Bild von den Bedürfnissen und Wünschen seiner Klientel machen können. Hierfür hat die Naspa sehr differenzierte Profile für die unterschiedlichen Gruppen im Privatkundengeschäft entwickelt.

Bewusst soll an dieser Stelle der gängige Begriff "Zielgruppe" vermieden werden, denn der ist erstens unscharf und reflektiert zweitens nur sehr ungenau die neuen gesellschaftlichen Realitäten. So steigt zum Beispiel die Zahl der Single-Haushalte. Gleichzeitig lässt sich bei der 55-plus-Generation ein völlig neues Lebensgefühl feststellen - eine Generation, die vor ein paar Jahren noch eher der Kategorie der Vorruheständler zugeordnet wurde. Angesichts der demografischen Entwicklung steigt zudem die Relevanz der Kunden im Alter von 70-plus weiter an. Finanzdienstleister haben es daher heute nicht mehr länger mit drei oder vier großen Zielgruppen zu tun, sondern eher mit "Parzellen", die nach ganz differenzierten Lösungen verlangen. Die Naspa hat deshalb Profile für sieben Kerngruppen unter den Privatkunden entwickelt: junge Aufsteiger, junge Familien (einschließlich Kinder), Paare ohne Kinder, etablierte Familien, etablierte Singles, 55-plus-Generation, Senioren und Privatiers.

Jede dieser Gruppen hat ganz spezifische Wünsche und Bedürfnisse, die der Berater kennen muss. Die daraus resultierenden eher allgemeinen Erkenntnisse gilt es nun im direkten Kontakt mit individuellen Informationen anzureichern. Dies geschieht mit Hilfe des Finanz-Checks oder des Fi-nanz-Plans. Was ist darunter zu verstehen? Den Finanz-Check setzt die Sparkasse bei Kunden ein, deren Vermögens- und Vorsorgedispositionen keine vertiefenden Finanzdiagnosen notwendig machen. Dennoch ermöglicht der Finanz-Check eine schnelle und bedarfsorientierte Beratung auf der Grundlage der individuellen Bedürfnisse.

Vermögensaufbauplanung

Bei Beratungskunden setzt die Naspa den detaillierteren Finanz-Plan ein, der eine ganzheitliche Analyse und somit eine Vermögensaufbauplanung zum Ziel hat. Er kann zudem um bestimmte Module erweitert werden. Im Vordergrund steht dabei der Vorsorge-Optimierer, mit dessen Hilfe der Kunde seine Altersversorgung passgenauer planen und günstiger ausgestalten kann. Beide Bereiche - der Vermögensaufbau und die Vorsorgeoptimierung sollten eng miteinander verzahnt sein, denn selbst stattliche Vermögen können wie Schnee in der Sonne schmelzen, wenn für das Alter nicht vorgesorgt wurde. Dabei geht es nicht nur um die Sicherstellung eines ausreichenden Einkommens nach dem Erwerbsleben, vielmehr sollten angesichts der prekären Situation im Gesundheitswesen Reserven zur Finanzierung einer optimalen medizinischen Versorgung vorhanden sein.

Für die Kunden im Private Banking bietet die Naspa neben der Vermögensaufbauplanung und dem Vorsorge-Optimierer zusätzlich die Module Vermögensstrukturierung und - für Top-Kunden - den noch tiefer gehenden Service "Optiplanning" an. Ein wichtiges Ziel im Rahmen ihrer Neupositionierung als Komfortsparkasse war der forcierte Ausbau des Private Banking. Für ihre Leistungen in diesem Geschäftsbereich wurde die Sparkasse in den zurückliegenden Jahren immer wieder von unabhängigen Institutionen und Fachjournalisten ausgezeichnet. Von dieser Kompetenz profitieren jetzt wesentlich mehr Kunden als in der Vergangenheit. So wurde die Zahl der Private-Banking-Center von früher drei auf jetzt 20 erhöht. Allein die Präsenz vor Ort bringt nämlich noch keine Wettbewerbsvorteile, wenn sie nicht mit erkennbarer Kompetenz einhergeht.

Bietet eine Bankniederlassung vor Ort nur Standardgeschäfte an, die immer mehr Kunden ohnehin per Internet oder Telefon abwickeln, besteht eine erhöhte Abwanderungsgefahr zu filiallosen Direktbanken. Dem wirkt die Naspa unter anderem mit der Ausweitung ihrer Private-Banking-Dienstleistungen entgegen. Kunden mit erhöhtem und sehr individuellem Bedarf werden in der Nähe ihres Wohnsitzes beraten und müssen nicht eigens die Zentrale aufsuchen. Ein wichtiges Argument für eine Flächensparkasse wie die Naspa, deren Geschäftsgebiet sich vom Großraum Frankfurt und dem Taunus über Wiesbaden und das Rheingau bis hin in den Westerwald erstreckt.

Unabhängig davon, ob die Naspa im Vorfeld einen Finanz-Check oder den umfassenderen Finanz-Plan einsetzt, erhält der Kunde anschließend neutrale, also nicht provisionsgetriebene Empfehlungen. Bei der Produktselektion setzt die Sparkasse daher auch auf unabhängige Experten. Im Mittelpunkt der Auswahl steht allein der individuelle Bedarf des Kunden - und genau dies muss er deutlich wahrnehmen. Dank der neuen Medien und der Vielzahl von nutzwertigen TV-Sendungen und Zeitschriften sind viele Verbraucher auch in finanziellen Fragen heute besser informiert als noch vor wenigen Jahren.

Kunden- statt Provisionsorientierung

Dies gilt in besonderem Maße für die Klientel im Private-Banking-Segment. Das heißt in der Konsequenz, dass die meisten sofort spüren, ob der Berater wirklich kundenorientiert denkt und handelt, oder ob er nur jene Produkte empfiehlt, die eine möglichst attraktive Provision versprechen. Die letztgenannte Einstellung wäre inkompatibel mit den Prinzipien einer Komfortsparkasse und der eingangs erwähnten Qualitätsstrategie.

Mit ihrem neuen Konzept orientiert sich die Naspa an den vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV) Anfang 2009 formulierten Maximen. Die konsequente Umsetzung der traditionellen Stärken der Sparkassen zur Verbesserung des betriebswirtschaftlichen Ergebnisses gehört zu den Kernforderungen. Als eine der wichtigsten strategischen Maßnahmen fordert der DSGV eine "Qualitäts- und Serviceoffensive im Kundenmarkt". Genau darauf baut das Konzept "Komfortsparkasse" auf.

Vertrauen lässt sich nicht beschwören. Die Kunden sind kritischer und infolge der Finanzkrise misstrauischer geworden. Es reicht nicht aus, den flottesten Werbeslogan zu kreieren und immer neue angebliche Finanzinnovationen auf den Markt zu bringen, bei denen es sich in aller Regel ohnehin nur um alten Wein in neuen Schläuchen handelt. Es gilt stattdessen, alle Innovationskraft auf die Stärkung des Beziehungsgeflechts mit den Kunden zu konzentrieren. Qualität und Service sollten dabei die wichtigsten Konstanten sein.

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