Gespräch des Tages

SGVHT - Zwischen Zukunftsmusik und Vergangenheitsbewältigung

Es ist eigentlich wie immer. In der S-Finanzgruppe sind regelmäßig konfliktträchtige Gesprächsthemen auf der Tagesordnung nur die Inhalte wechseln hin und wieder. Derzeit sind da bekanntlich allgemeine Fragen wie § 40 KWG, der anstehende Verkauf der Landesbank Berlin Holding AG und die damit möglicherweise zusammenhängenden Gedankenspiele um Süd- und Nordlandesbanken sowie nicht zuletzt die latente Frage, wie mit den S-Direktbanken umzugehen ist. In dieses letztere Thema ist die hes-sisch-thüringische Sparkassenorganisation besonders involviert, schließlich gehört die "1822 direkt" seit dem Kauf der Frankfurter Sparkasse durch die Landesbank Hessen-Thüringen indirekt größtenteils den Primären im dortigen Sparkassen-Finanzverbund.

Direktbanken haben im Markt zumindest mittelfristig eine Existenzberechtigung - äußerte sich kürzlich Gregor Böhmer, Präsident des Sparkassen- und Giroverbandes Hessen-Thüringen (SGVHT). Man wolle die Direktbank fördern und denke derzeit über geeignete Modelle nach, die Sparkassen geschäftspolitisch und beim Ertrag an der Fraspa-Tochter zu beteiligen. Insofern habe sich bei den hessischen und thüringischen Sparkassen in der Zeit seit der Fraspa-Integration ein Meinungsumschwung vollzogen.

Dazu passt die Meldung zum Redaktionsschluss: Der Bezirksobmännerausschuss des SGVHT hat sich auf Eckpunkte einer Vereinbarung mit der Helaba über die Zukunft der "1822 direkt" verständigt. Demnach sollen die Sparkassen in die Gremien einer verselbstständigten Direktbanktochter eingebunden und zu 25 Prozent am Gewinn und im Falle eines Verkaufs an einer möglichen Wertsteigerung beteiligt werden.

Genau hier liegt wohl die wesentliche Ursache für die neu entstandene Sympathie. Während viele andere deutschen Sparkassen die Konkurrenz der Direktbanken fürchten und gegen die Existenz eines solchen Geschäftsmodells im eigenen Verbund Stimmung machen, profitieren die Sparkassen in Hessen und Thüringen zumindest indirekt von den Mittelzuflüssen der 1822 direkt, ebenso wie die Bayern an den Erfolgen der DKB teilhaben. Beispiel Einlagengeschäft: Bei den "Täglich fälligen Geldern" melden fast alle SGVHT-Mitgliedssparkassen im Zeitraum Januar bis August 2006 Bestandsverminderungen. Die Fraspa hingegen konnte um 1,5 Milliarden Euro beziehungsweise 26,7 Prozent zulegen. Dieser Zufluss ist laut Böhmer ausschließlich auf die Direktbanktochter des Instituts zurückzuführen. Wenn in nächster Zukunft wieder einmal eine bundesweite Direktbank im Verbund diskutiert und geplant werden sollte, dann wollen sich Hessens und Thüringens Sparkassen gerne konstruktiv beteiligen. Und auch über einen gemeinsamen Ratenkreditspezialisten, wie ihn die Genossen mit Easycredit anbieten, solle man durchaus mal nachdenken. So redet, wer sich in einer Position der Stärke wähnt, sprich wer ein Asset hat, das er einbringen kann.

Ebenso zukunftsträchtig, aber viel weniger konkret, muten die jüngsten Überlegungen um eine "Süd-LB" an. Entsprechend allgemein und zurückhaltend werden die Dinge auch beim SGVHT bewertet. Ein Zusammenrücken von Bayern-LB, LBBW und Helaba sei doch in der ein oder anderen Variante schon länger im Gespräch. Und trotzdem habe sich noch nicht viel bewegt: Das Projekt sei immer wieder an regionalen und betriebswirtschaftlichen Stolpersteinen sowie politischen Schranken gescheitert. Allem Eindruck nach wollen und können sich die vielen Beteiligten in dieser zentralen Frage der zukünftigen Landesbankstrukturen im jetzigen Stadium nicht allzu weit vorwagen (siehe auch Landesbank Berlin: Wilde Entschlossenheit).

Wenn der SGVHT-Präsident schließlich über das geplante Sparkassengesetz der hessischen Landesregierung spricht, klingt das schon fast wie Vergangenheitsbewältigung. Zwar werden noch einmal alle Gefahren des Gesetzesentwurfs dokumentiert und mit der grimmigen Bemerkung versehen, wer Veränderungen auslöse, der sei dann auch für die Konsequenzen verantwortlich. Die Auflistung der Bedenken wirkt aber fast schon wie eine Dokumentationspflicht, und auch gegen die regierungsamtliche Absicherung in Brüssel hegt der SGVHT nach wie vor beträchtliches Misstrauen und bezweifelt deren Bestand im Falle einer Anrufung des EuGH. Doch das alles wirkt längst nicht mehr so kämpferisch wie in der Anfangsphase des Konflikts. Das Gesetz dürfte wohl durchgehen, so viel scheint Böhmer klar, und die Sparkassen müssen sich damit arrangieren.

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