Das Bundesprogramm „Zukunftsfähige Innenstädte und Zentren“ soll Städte bei der Suche nach innovativen Konzepten gegen Leerstand und Ladensterben unterstützen. Aengevelt Research hat die 238 geförderten Projekte (Fördersummen zwischen 200 000 und 5 Millionen Euro) analysiert und festgestellt, dass es zahlreiche gute Ideen gibt, von denen aber erst wenige umgesetzt werden.
Die häufigste Maßnahme ist demnach die Suche nach Zwischennutzungen oder Nachnutzungen für leerstehende Ladenlokale. Dies wird von 44 Prozent der Kommunen, die das Förderprogramm in Anspruch nehmen, praktiziert. Durch Vermittlungsleistungen, durch Anmietung durch die Kommune oder sogar durch Ankauf der Immobilie würden mitunter kreative Zwischen- oder Nachnutzungen in den Lokalen platziert, darunter Nutzungen durch Kunst, Kultur, Vereine, bürgerschaftliches Engagement, Wissenschaft, Pop-Up-Stores, Begegnungsstätten, Repaircafés, Museen oder Co-Working-Spaces.
Eine Förderung von Start-ups, die die Lokale anmieten könnten, gewähren laut Aengevelt aber nur 5 Prozent der Kommunen, und lediglich 2 Prozent betreiben eine aktive Förderung von Ansiedlungen. Auch eine aktive, aufsuchende Beratung von Einzelhändlern, wie sie die Attraktivität ihres Geschäfts steigern könnten, bleibe die Ausnahme.
Schwerpunkte bildeten dagegen prozedurale Maßnahmen wie die Einrichtung eines gezielten Citymanagements (32 Prozent), eines Verfügungsfonds (30 Prozent), eines Steuerungsgremiums (22 Prozent) oder von Bürgerbeteiligungen in unterschiedlichsten Formaten (18 Prozent). Naheliegende Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität der Innenstädte wie die Verbesserung der Aufenthaltsqualität (14 Prozent) oder die Verbesserung des Stadtbilds (10 Prozent) würden dagegen immer noch erstaunlich selten durchgeführt.
Darüber hinaus gebe es jeweils nur wenige Kommunen, die Maßnahmen durchführen, die durchaus zu einer Neuerfindung der Zentren beitragen könnten. Die Verbesserung von Grün- und Freiflächen finde nur sehr selten statt; ebenso nutzten nur 12 von 238 Kommunen die Förderung, um ihre Zentren an den Klimawandel anzupassen. Ganz selten würden auch touristische Attraktionen ins Visier genommen, um die Innenstädte zu beleben, zudem werde die Gastronomie sowie Kunst und Kultur vernachlässigt.
Als interessant erachtet Aengevelt die acht Städte Altenburg, Frankfurt am Main, Essen (Oldenburg), Homburg (Saarland), Höhr-Grenzhausen, Lörrach, Riedlingen und Riesa, da diese die Schaffung innovativer wirtschaftlicher Organisationsformen beabsichtigten, um Investitionen anzuregen und langfristige Leerstände umzunutzen. Als Beispiele werden Solidargemeinschaften, Genossenschaften, Immobilien- und Standortgemeinschaften (ISG), Business Improvement Districts oder, in einem Fall, ein „Mietsyndikat“ genannt.
Professor Dr. Volker Eichener, Stadtforscher an der Hochschule Düsseldorf, kommentiert die Ergebnisse der Analysen von Aengevelt Research: „Es ist erstaunlich, dass es mehrere Jahrzehnte brauchte, bis sich Kommunen dazu entschließen konnten, die Ladenlokale, die teilweise schon seit vielen Jahren leerstehen, anzumieten, um sie neuen Nutzungen zuzuführen. Eine Zwischennutzung als Atelier, Lernraum oder Begegnungsstätte ist allemal sinnvoller als ein Leerstand, der das Stadtbild verschandelt. Auf der anderen Seite jonglieren viele Kommunen aber auch mit modischen Konzepten wie „Reallaboren“, von denen nur bescheidene Effekte erwartet werden können. Angesichts der Krise unzähliger Stadteilzentren und Innenstädte müssen die Kommunen jetzt endlich in Zusammenarbeit mit der ausgesprochen publikumsnahen Immobilienwirtschaft durchstarten, um endlich alle verfügbaren Ideen und Konzepte umzusetzen.“