Aengevelt Research hat die jüngste Entwicklung der Baugenehmigungen analysiert und prognostiziert anhand der Zahlen: In Zukunft mehr Kliniken, mehr Wohnungen, insbesondere mehr Einfamilienhäuser, aber weniger Büro- und Hotelgebäude. Auf diese Kurzformel lassen sich laut Aengevelt die Veränderungen bei der Neubautätigkeit bringen. Als besonders empfindliche Seismographen erweisen sich die Immobilienfonds, die ihre Investitionspolitik am deutlichsten umgeschichtet haben, während sich die Öffentliche Hand als Bauherr bei allen Typen von Immobilien besonders aktiv darstellt.
Dabei bieten die Strukturveränderungen der Bautätigkeit nach Einschätzung Aengevelt endlich auch die Chance, dem Wohnungsmangel entgegenzuwirken und damit ein signifikantes Problem der Großstädte anzugehen - wenn die Kommunen Nutzungsänderungen zulassen.
Im Detail identifiziert Aengevelt Research folgende Trends in den kürzlich veröffentlichten Zahlen des Statistischen Bundesamts zu den Neubaugenehmigungen:
- Die Zahl der Genehmigungen für Neubauwohnungen steigt um 10 Prozent, für Einfamilienhäuser sogar um 18 Prozent, während die Fertigstellung von Eigentumswohnungen auf Basis der Genehmigungszahlen um 12 Prozent zurückgehen wird. Dies korrespondiert mit zwei Umfragen, die Aengevelt Research im Herbst und im Winter 2020 durchgeführt hat, nach denen Investments in Wohnimmobilien durch Corona attraktiver geworden sind, weil sie als sicherer Hafen gelten.
- Immobilienfonds, die stets besonders sensibel für Marktveränderungen sind, wollen ihre Investitionen in den Wohnungsbau deshalb nahezu verdoppeln. Aber auch private Bauherren und die öffentliche Hand haben deutlich mehr Genehmigungen für den Bau von Wohnungen beantragt.
- Bei Nichtwohngebäuden ist die Zahl der Baugenehmigungen um 4 Prozent zurückgegangen. Das ist geringfügig weniger als der Rückgang der Wirtschaftsleistung im Jahr 2020 gegenüber 2019 und zeigt, dass man mit Expansionsplänen vorsichtiger geworden ist. Allerdings gibt es bei den Nichtwohngebäuden erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Objekttypen. Fonds haben 40 Prozent weniger Baugenehmigungen für Nichtwohngebäude beantragt, während die öffentliche Hand auch in diesem Segment stabilisierend wirkt.
- Bei den Büro- und Verwaltungsgebäuden ist ein massiver Rückgang der Neubauten um 31 Prozent gegenüber Vorjahr zu erwarten. Viele Arbeitgeber prüfen, das Homeoffice auf Dauer beizubehalten und dadurch ihren Büroflächenbedarf zu senken.
- Bei Hotels und Gaststätten sind nach einer jahrelangen Wachstumsphase 11 Prozent weniger Baugenehmigungen zu verzeichnen. Die Branche rechnet damit, dass es noch mehrere Jahre dauern wird, bis sich Tourismus und Gastronomie wieder normalisieren.
- Bei Fabrik- und Werkstattgebäuden beträgt der Rückgang 8 Prozent, weil sich auch im produzierenden Gewerbe der Kapazitätsausbau verlangsamt.
- Bei Handels- und Lagergebäuden ist dagegen eine Zunahme der Neubauvorhaben um 4 Prozent zu erwarten, denn die Logistikbranche profiziert von der coronabedingten Ausweitung des Internet- und Versandhandels.
- Der größte Sprung ist bei den Anstaltsgebäuden mit einem Zuwachs von 48 Prozent zu verzeichnen – kein Wunder, denn dazu zählen auch Kliniken, die wegen der Pandemie in größerem Umfang benötigt werden.
Prof. Dr. Volker Eichener von der Hochschule Düsseldorf: „Sowohl die verschiedenen Investorenbefragungen von Aengevelt Research als auch die Baugenehmigungen deuten darauf hin, dass das Coronavirus geschafft hat, was der Politik trotz vieler Lippenbekenntnisse jahrelang nicht gelungen ist: Dass nämlich der Wohnungsbau deutlich anziehen wird, was dringend nötig ist, um die Wohnungsnot abzumildern, die sich wieder einmal entwickelt hat. Die Städte und Gemeinden sollten den Strukturwandel der Bautätigkeit nutzen, um vielleicht das eine oder andere Büro- oder Hotelprojekt in ein Wohnungsbauvorhaben umzuwandeln. Das erfordert aber rasches und vor allem flexibles Handeln der für die Bauleitplanung und Baugenehmigung verantwortlichen Gremien und Behörden. Flächennutzungspläne sind durch Corona hinfällig geworden.“