Schwerpunkt Immobilienstandort Nordrhein-Westfalen

Kooperationsmodelle in der Baufinanzierung

Die deutschen Kreditgenossenschaften (Volksbanken und Raiffeisenbanken) haben nach Statistik der Deutschen Bundesbank zum Stand 31. Juni 2013 Wohnungsbaudarlehen in Höhe von 183,4 Milliarden Euro an Privatkunden vergeben. Damit hielten sie zu diesem Zeitpunkt einen Marktanteil von 22,2 Prozent am Gesamtvolumen der an Privatpersonen vergebenen Immobilienkredite (Juni 2012: 21,6 Prozent).

Primärbanken als Vermittler und erster Ansprechpartner

Ein nennenswerter Teil dieser Darlehen wird von den Volksbanken und Raiffeisenbanken an die auf Immobilienfinanzierung spezialisierten Partnerinstitute in der Genossenschaftlichen Finanzgruppe vermittelt. Gründe für die Kreditvermittlung sind zum einen in internen Geschäftsvorgaben der einzelnen Primärbank, etwa zur Entlastung der eigenen Bilanz oder zum Ausgleich von Aktiv- und Passivgeschäft, zu suchen.

Zum anderen wird die Vermittlung genutzt, um die eigene Produktpalette zu erweitern. Denn einige Finanzierungsprodukte wie etwa solche mit längeren Zinsbindungsfristen können oder wollen Volksbanken und Raiffeisenbanken nicht selber anbieten.

Im Gros der Fälle bleibt die Primärbank trotz der Vermittlung des Darlehens an ein Partnerinstitut für den Endkunden erster Ansprechpartner. So wird die für den gesamten Bereich Immobilienfinanzierung gewünschte Kompetenzvermutung des Kunden bestätigt. Außerdem können auf diese Weise nach dem Prinzip "one face to the customer" auch institutsübergreifend alle Angebote in einer Hand gebündelt beziehungsweise koordiniert werden.

Anforderungen an den Beratungsprozess

Voraussetzung für ein nachhaltiges Gelingen dieses Vermittlungsmodells ist aber, dass die Qualität des Baufinanzierungsprozesses dadurch verbessert und gleichbleibend gewährleistet wird. Wie diese Qualität zu definieren ist, hängt im Wesentlichen von den Erwartungen des Endkunden ab. Seine Anforderungen an eine umfassend zufriedenstellende Baufinanzierung sind:

- beratungsfokussierte Analyse des individuellen Bedarfs auf der Basis der persönlichen Lebensbedingungen,

- individuelle Berücksichtigung und Gewichtung der Finanzierungsinteressen (Sicherheits- und Varianzbedürfnisse),

- Abbildung der im (Verbund-)Markt vorhandenen Finanzierungsalternativen,

- schnelle Angebotserstellung,

- geringstmöglicher bürokratischer Aufwand,

- angemessene Konditionen, und

- Zuverlässigkeit des Beraters und der anbietenden Bank sowie Validität der Beratungsinhalte über den gesamten Finanzierungszeitraum hinweg.

Diesen Anforderungen gerecht zu werden ist Aufgabe der qualitätsorientierten Finanzierungsberatung in den Volksbanken und Raiffeisenbanken vor Ort. Um sicherzustellen, dass der damit definierte Standard bundesweit einheitlich stetig verbessert und gehalten wird, hat die Genossenschaftliche Finanzgruppe im Rahmen der Kampagne "Kundenfokus 2015" das Projekt "Beratungsqualität" ins Leben gerufen.

Die Neukonzeption der IT-gestützten Beratungsprozesse, an der die Primärbanken, die Rechenzentralen und die Partnerinstitute mitgewirkt haben, eliminiert bisher bestehende Medienbrüche und ermöglicht einen harmonisierten Beratungsprozess.

Qualitätsführerschaft

Der Berater wird durch die auf Kundenziele und -wünsche abstellende Datenabfrage zu einer kundenorientierten Beratung angehalten. Technische Ausgestaltungsmerkmale wie eine automatisierte Datenbefüllung bewirken eine Komfortverbesserung des Prozesses. So kann sich der Berater von der reinen Informationsbeschaffung lösen und stärker der eigentlichen Beratung widmen.

Ziel des Projekts ist es, die angestrebte Qualitätsführerschaft der Genossenschaftlichen Finanzgruppe in der Mitglieder- und Kundenzufriedenheit zu unterstützen. In einem immer härter werdenden Wettbewerb ist es dafür unabdingbar, einheitlich hohe Standards zu setzen.

Dennoch bietet der Prozess jeder Volksbank und Raiffeisenbank und jedem Berater genügend Raum, individuelles Profil und persönliche Stärken zu zeigen. Der Breiteneinsatz zum Beratungsthema "Immobilie" ist für das Frühjahr 2014 geplant, doch Erfahrungen mit anderen Themengebieten zeigen schon jetzt, dass der klar definierte Prozess Effizienzgewinne für die Bank und damit letztlich für ihre Mitglieder und Kunden generiert.

Der Standardisierung im Sinne einer einheitlich hohen Qualität dienen auch die Rahmenverträge, die Verbundpartner mit den an sie vermittelnden Volksbanken und Raiffeisenbanken abschließen. Durch den Vertragsabschluss sind diese befugt, Darlehensverträge für wohnwirtschaftliche Objekte im Namen der WL Bank abzuschließen. Dadurch kann der Berater vor Ort noch im Rahmen des Beratungsgesprächs ein erstes Finanzierungsangebot machen.

Seit 2006 unterstützt die WL Bank die Volksbanken und Raiffeisenbanken, die einen Rahmenvertrag mit ihr abgeschlossen haben, bei der Kreditentscheidung durch ein IT-gestütztes Ampelverfahren. Ermöglicht wird dies durch die tiefe Integration der Pfandbriefbank in gemeinsam genutzte EDV-Systeme.

Ampel für standardisierte Baufinanzierungen

Die Ampelprüfung erfasst alle Daten zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Kunden sowie zum vorgesehenen Finanzierungsobjekt. Außerdem enthält sie die notwendige Analyse und Bewertung der Bonität und der Werthaltigkeit der Immobilie im Rahmen der Beleihungswertermittlung, ergänzt um von der Bankenaufsicht geprüfte einheitliche Ratingsysteme.

Im vergangenen Jahr wurde das Verfahren ausgebaut, indem der bisher rein nachrichtliche Charakter der Ampel abgelöst und durch ihre verpflichtende Beachtung ersetzt wurde. Dadurch ist die Ampel für standardisierte Baufinanzierungen zum verbindlichen Kreditentscheidungsmerkmal geworden, was für die Volksbanken und Raiffeisenbanken eine Qualitätssicherung bedeutet. Denn für den überwiegenden Teil dieser Finanzierungen bringt die Ampel deutliche Erleichterungen mit sich.

So muss zum Beispiel eine Reihe von Unterlagen und Nachweisen nicht mehr eingereicht werden. Auf diese Weise konnte die Prozesskette verschlankt und beschleunigt werden, die Anzahl der individuell nachzubearbeitenden Darlehen reduzierte sich zur Zufriedenheit aller Beteiligten erheblich.

Voraussetzung für ein Gelingen des Verfahrens sind jedoch klare Ampelregeln sowie vertraglich vereinbarte Rechte und Pflichten der Primärbank und der WL Bank. Zu den verbindlichen Qualitätsstandards zählen etwa Mindestanforderungen an die Qualifikation der eingesetzten Mitarbeiter und die Gewährleistung einer Wertermittlung nach der Beleihungswertermittlungs-Verordnung. An deren Standardisierung auf der Basis des Pfandbriefgesetzes hat die WL Bank mitgewirkt und so dazu beigetragen, dass Wertermittlungen heute nach transparenten und eindeutigen Maßstäben durchgeführt werden.

Auch externe Prüfungsinstanzen

In der Kooperation zwischen Verbundpartnern und den Volksbanken und Raiffeisenbanken gibt es eine Vielzahl solcher fest implementierten Qualitätsprüfungen, die individuelle Fehler vermeiden helfen und die durchgängig hohe Beratungskompetenz in der Genossenschaftlichen Finanzgruppe sichern.

Aber auch externe Prüfungsinstanzen kommen zum Einsatz. So hat sich die WL Bank seit 2007 bereits zum wiederholten Mal einem TÜV-Audit unterzogen, um den eigenen Immobilienfinanzierungsprozess zertifizieren zu lassen. Das zeit- und arbeitsaufwendige Verfahren führte zu einer kontinuierlichen Optimierung des Prozesses und trug so zur Qualitätsverbesserung erheblich bei. Der erreichte Standard wird alle zwei Jahre durch ausführliche Re-Zertifizierungs-Audits gesichert und über von den Prüfern identifizierte Potenziale zur weiteren Verbesserung ausgebaut.

Vielleicht ist an dieser Stelle eine Bemerkung zum Thema "Standardisierung" erforderlich. Denn oft hat der Begriff einen negativen Beigeschmack, weil Standardisierung gern mit Gleichmacherei und Entindividualisierung verwechselt wird. Darum sei darauf hingewiesen, dass zwar der Prozess vereinheitlicht wird, nicht aber die Leistungsangebote. Hier bietet die Genossenschaftliche Finanzgruppe eine wirklich breite Produktpalette für alle Finanzierungs- und Sicherheitsbedürfnisse des Kunden: Über die Ausgestaltung der einzelnen Produktmerkmale Verzinsung, Zinsbindung, Tilgung oder Sondertilgungsoptionen kann der Berater für seine Kunden einen variantenreichen und stark individualisierbaren Baukasten aufmachen.

Durch die Partnerinstitute lassen sich die eigenen Angebote darüber hinaus noch erheblich erweitern - wie zum Beispiel mit langfristigen Zinsbindungsfristen über 15 Jahre oder mit Future-Darlehen mit bis zu 5-jähriger Vorlaufzeit.

Letzten Endes dient die Kooperation der Volksbanken und Raiffeisenbanken mit den Spezialinstituten dazu, die Kompetenz der Genossenschaftlichen Finanzgruppe in der Baufinanzierung zu erweitern. Dem gemeinsamen Ziel der Qualitätsführerschaft in diesem Geschäftsfeld sind auch Marketing und Vertriebsunterstützung verpflichtet. Nach dem Subsidiaritätsprinzip unterstützen die Verbundpartner die Primärbanken überall da, wo sich deren Wettbewerbssituation dadurch verbessern kann.

Zurückhaltung bei Marktauftritt

Das gilt auch für das Produkt- und Kampagnenmarketing. Hier wird seit mehreren Jahren eine klare Strategie verfolgt: Überall da, wo die Immobilien-Kompetenz der Primärbanken auf diese Weise gestützt werden kann, verzichtet die traditionsreiche Pfandbriefbank auf einen eigenständigen Markenauftritt.

Stattdessen werden Print- und Online-Medien, aber auch Werbemittel ganz im Look des bekannten BVR-Auftritts gefertigt. Für den Endkunden tragen diese Marketinginstrumente alle den gleichen Absender: nämlich den seiner VR-Bank vor Ort. So verstärken die Vertriebsunterstützungen der WL Bank zu 100 Prozent die bestehenden Werbebemühungen der an sie vermittelnden Bank, aber auch die übergreifende Kampagne des Verbunds.

Diese "Selbstaufgabe" hat also Methode: Sie bündelt die Kräfte nach dem genossenschaftlichen Prinzip "Was einer allein nicht kann, das schaffen viele gemeinsam."

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