Immobilienbanken 2007

Neue Finanzierungsmodelle für die Wohnungswirtschaft

Der Wohnungs- und Immobilienmarkt in Deutschland hat sich erheblich gewandelt: Die traditionell geformte Eigentümerstruktur verändert sich mehr und mehr. Bewährte Geschäftsmodelle werden überprüft, die Finanzierung von Wohnungsunternehmen und deren Investitionsverhalten neu diskutiert. Welche Form der Finanzierung ist sinnvoll, welche Vor- und Nachteile sind mit ihr verbunden, welche innovativen Möglichkeiten bestehen außerdem und wie wird davon Gebrauch gemacht?

Aktuelle Herausforderungen - Demografie und Energiesparen

Wer nach zukunftsfähigen Finanzierungsmodellen für die Wohnungswirtschaft fragt, muss zunächst einmal die Themen definieren, die diese Zukunft bestimmen werden. Die WL Bank ist hier nicht auf bloße Vermutungen angewiesen, denn sie hat im Herbst 2006 eine ausführliche Unternehmensbefragung durchgeführt und sich dabei auch nach wichtigen Schwerpunktthemen erkundigt. Nach dieser Erhebung gibt es neben eher strategisch wirksamen Reizthemen wie die Zunahme von Unterneh-mens-(ver)käufen in der Branche - vor allem zwei Schlüsselthemen, die die zukünftigen Finanzierungsbedürfnisse der Wohnungswirtschaft bestimmen werden.

- Das eine sind der demografische Wandel und seine Auswirkungen auf die Endkunden. Es liegt auf der Hand, dass gerade die Immobilienwirtschaft von der Wucht der Entwicklungen ungebremst getroffen werden wird, wenn sie sich nicht noch rechtzeitig auf die inzwischen allseits bekannten Veränderungen einstellt: Mancherorts wird sich die Bevölkerung binnen einer Menschengeneration fast halbieren, in vielen Städten wird die Zahl der Haushalte trotz rückläufiger Einwohnerzahlen noch steigen, und besonders die prosperierenden Ballungsräume im Süden Deutschlands werden gegen den Trend einen weiter wachsenden Zulauf verzeichnen können. Diesen zum Teil gegenläufigen Entwicklungen muss die Wohnungswirtschaft entsprechen: mit Konzepten für altersgerechtes Wohnen, mit neuem Wohnraum für kleinere Haushalte - und natürlich mit den zu diesen Vorhaben passenden Finanzierungen.

- Das zweite Dauerthema mit Zukunft wird von Stichworten wie Energiepass, Energie-Einspar-Verordnung (EnEV) und Niedrigenergiestandard geprägt. Denn der aktuellen Diskussion um den Klimawandel zum Trotz werden nur die ganz Naiven hoffen, zukünftig auf Wärmedämmung getrost verzichten zu dürfen. Die geforderten - und auch politisch gewollten - Energiesparmaßnahmen werden besonders im (Alt)-Bestand greifen, womit zugleich ein themenübergreifender Zukunftstrend in der Wohnungswirtschaft ebenfalls identifiziert wäre: die grundsätzliche Verlagerung der Unternehmensaktivitäten vom Neubau hin zur Modernisierung und Sanierung im Bestand. Wie gut sind aber die bestehenden Finanzierungsprodukte für die Wohnungswirtschaft geeignet, diese Themen angemessen umzusetzen? Traditionell bevorzugt die Branche als Finanzierungsinstrument den langfristigen Festzinskredit über Laufzeiten von bis zu zehn Jahren. Das hat seinen guten Grund - bietet doch diese Form der Finanzierung dem kreditnehmenden Unternehmen langfristige Planungssicherheit. Da auch die Monatsmieten nur geringen und zudem kalkulierbaren Schwankungen unterworfen sind, entspricht das Finanzierungsmodell des Festzinskredites in vielen Belangen dem Bedürfnis des Wohnungsunternehmens nach einer langfristig stabilen Kalkulationsbasis.

Bedeutung der Förderkredite in der Wohnungswirtschaft

Die zweithäufigste Kreditform - zumindest unter den befragten 1 200 Unternehmen - sind sogenannte KfW-Darlehen. Dabei vermittelt die Hausbank ein staatlich gefördertes, weil zweckgebundenes Darlehen der KfW-Bankengruppe für Neubau- oder Modernisierungsprojekte, das mit detaillierten technischen Auflagen verknüpft ist. Das Risiko des Darlehens, dessen Konditionen deutlich unter Kapitalmarktniveau liegen, trägt die Hausbank. Ihr obliegen daher auch die Prüfungen der Kreditanträge und der umfangreichen bautechnischen Vorgaben. Da die Förderprogramme der KfW ständig aktualisiert werden, erfordert ihre Begleitung durch das Kreditinstitut einiges an Immobilienkompetenz.

Zugleich gewährleistet die permanente Anpassung an technische Entwicklungen und wissenschaftliche Erkenntnisse jedoch, dass sich diese Form der Finanzierung verhältnismäßig eng an den Bedürfnissen des Marktes orientiert. Die Umsetzung der EnEV und die Einführung des Energiepasses für Immobilien werden die Nachfrage nach KfW-Darlehen weiter anheizen. Ihre Zukunftsfähigkeit ist daher unbestritten, zumal politisch alle Signale auf eine dauerhafte Förderung des Energiesparens hinweisen.

Neue Produkte für veränderte Bedürfnisse

Vor diesem Hintergrund geht die WL Bank davon aus, dass Festzinskredite und KfW-Darlehen als Finanzierungsprodukte noch lange nicht ausgespielt haben, sondern ihren festen Platz in der Produktpalette der Kreditinstitute behalten werden. Dennoch reicht es nicht, Bewährtes zu pflegen. Die bereits erwähnten Veränderungen in der Wohnungswirtschaft führen zu neuen, mit dem gegebenen Instrumentarium nicht optimal abzudeckenden Bedürfnissen in der Finanzierung. Vor allem schnellere und flexiblere Produkte zur Zinssicherung und zur Optimierung des Cash-Managements werden benötigt.

Um etwa auf die Zunahme von An- und Verkäufen im Objekt-Portfolio der wohnungswirtschaftlichen Unternehmen angemessen reagieren zu können, müssen Banken schlankere Kreditverfahren anbieten können. Die Besicherung kann dann nicht mehr über die zu finanzierenden Objekte erfolgen, weil das zu viel Zeit erfordert. Stattdessen muss das Unternehmen an sich genügend Sicherheit bieten. Damit rückt ein aussagekräftiges und verlässliches Unternehmensrating automatisch auch in den Interessensmittelpunkt des Unternehmens selbst, statt wie bisher ein Schattendasein als lästige Pflichtaufgabe zu führen.

Auch der lauter werdende Ruf nach derivativen Produkten wird zukünftig mehr Gehör finden - verbunden mit der Frage nach einem professionellen Zinsmanagement. Ziele eines solchen Managements sind die Zinsoptimierung bestehender Kredite und die Sicherung günstiger Zinskonditionen für neue oder zukünftige Kreditaufnahmen. Unternehmen können sich durch den abgestimmten Einsatz derivativer Produkte deutlich entlasten.

Dazu gehören neben den schon klassisch zu nennenden Zinsswaps zunehmend komplexere Produkte mit zum Teil optionalen Komponenten, die unter dem Begriff "strukturierte Finanzierungen" subsumiert werden. Derivate erlauben zudem eine Trennung von Liquiditäts- und Zinsmanagement. So kann mit Hilfe derivativer Produkte - zum Beispiel eines Swaps - der Kreditnehmer eines Festzinskredites etwa von sinkenden Zinsen profitieren, ohne den Kredit vorzeitig kündigen und neu aushandeln zu müssen.

Beim Einsatz von Derivaten ist Knowhow gefragt, das nicht alle Unternehmen der Wohnungswirtschaft vorhalten können. Anders als ein Festzinskredit müssen sie dauerhaft beobachtet und an die Bewegungen des Marktes angepasst werden. Der Zeit- und Kompetenzbedarf für ein aktives Zinsmanagement durch derivative Produkte wird häufig unterschätzt, was dazu beiträgt, dass aus dem Zinssicherungsinstrument im schlimmsten Fall ein hochspekulatives und damit unangemessen riskantes Finanzierungsinstrument werden kann.

Reges Interesse, aber geringe Nutzung

Die bisher geübte Zurückhaltung wohnungswirtschaftlicher Unternehmen bei dieser Produktform ist daher nicht verwunderlich. Nach Erkenntnissen der WL Bank ist das grundsätzliche Interesse an ihnen bisher weit höher als die aktuelle Nutzung. Von den Teilnehmern der Befragung haben bisher nur rund sechs Prozent tatsächlich derivative Produkte eingesetzt, wenn auch der Anteil je nach Unternehmensgröße natürlich deutlich schwankt. Das Interesse ist aber, wie auch bei anderen (noch) selten genutzten Produkten, außerordentlich rege. Diese Ergebnisse gelten übrigens über alle Organisationsformen der Wohnungswirtschaft hinweg, also ohne spezifische Ergebnisdifferenzen zwischen kommunalen, freien und genossenschaftlich organisierten Wohnungsunternehmen.

Überraschend ist das freilich nicht, gibt es doch auch nur wenige Unterschiede in den Marktbedingungen für die Unternehmen. Nur dort, wo externe Vorgaben unternehmerische Prinzipien überlagern - beispielsweise die Verpflichtung zur Übernahme und Bewirtschaftung öffentlicher Bauten und Einrichtungen bei kommunalen Wohnungsbaugesellschaften oder das Genossenschaftsprinzip, das strategisch eventuell sinnvollen Wohnungsveräußerungen entgegen stehen könnte - können daraus entstehende Interessen das Finanzierungsverhalten des Unternehmens abweichend beeinflussen.

Das hohe Interesse an neuen Produkten macht deutlich, welches Potenzial in ihnen steckt - vorausgesetzt, die Ausgestaltung der Konditionen stimmt. Für die kreditgebende Bank bedeutet das, dass sie ihre Instrumente zur Risikomessung mehr als früher auf die kreditnehmenden Unternehmen ausrichten muss. Denn ausschlaggebend für die Kreditentscheidung wird mehr und mehr die Zuverlässigkeit und strategische Ausrichtung des Unternehmens sein.

Unternehmensrating wichtiger als Objektbewertung

Je stärker sich aber die Gewichtung der Risikobetrachtung vom einzelnen Objekt auf das Unternehmen verlagert, je mehr also Objektfaktoren zugunsten von unternehmensrelevanten Daten in den Hintergrund treten, um so wichtiger wird ein umfassendes und jederzeit belastbares Unternehmensrating. Dass sich viele Unternehmen noch immer schwer tun mit der Vorstellung, von ihrer Bank einer ausführlichen "Prüfung" unterzogen zu werden, fördert die Inanspruchnahme neuer Finanzinstrumente natürlich wenig.

Doch ein Unternehmensrating kann, wenn es aktiv begleitet und vorangetrieben wird, die Beziehung zwischen Bank und Unternehmen durchaus verbessern. Hier besteht allerdings noch ein gewisser Lernbedarf - auf beiden Seiten. Von der Bank wünschen sich die Unternehmen eine offenere und klarere Kommunikation sowie mehr Transparenz in der Bewertung. Das Kreditinstitut wiederum empfiehlt allen Unternehmen im Rating-Verfahren, Ergebnisse nicht nur still abzuwarten, sondern im Fall von Fragen oder offenen Punkten aktiv auf die Bank zuzugehen.

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