Im Blickfeld

Münster versus München - die Rallye der Baufinanzierer gewinnt an Fahrt

Das Rennen der spezialisierten Baufinanzierer im genossenschaftlichen Finanzverbund bleibt spannend. Bot der Wettbewerb unter den Pfandbriefbanken und mit der Bausparkasse Schwäbisch Hall bisher schon reichlich Unterhaltung, versprach die Jagd nach den Eigenheimkunden der Volksbanken und Raiffeisenbanken infolge des nicht ganz freiwilligen Ausstiegs der DG Hyp aus der privaten Baufinanzierung sogar noch an Dynamik zu gewinnen. Die Erwartungen wurden nicht enttäuscht, wie der geneigte Zuhörer von den beteiligten Unternehmen bei den Erläuterungen ihrer Geschäftsverläufe im Jahr 2007 und den Perspektiven für 2008 erfahren durfte.

Neue Positionen

"Erstmals Marktführer in der privaten Immobilienfinanzierung im genossenschaftlichen Finanzverbund", jubelt der Vorstandsvorsitzende der Münchener Hypothekenbank eG, Erich Rödel, dessen Institut im vergangenen Jahr ein Zusagevolumen von 1,62 Milliarden Euro (zuzüglich Prolongationen in Höhe von rund 600 Millionen Euro) erzielte und damit um 270 Millionen Euro besser als im Vorjahr abschnitt. Motor des Neugeschäfts waren vor allem Forward-Darlehen, mit denen sich Eigenheimbesitzer die Anschlussfinanzierung sicherten. Entsprechend erklärt sich der steigende Absatz maßgeblich durch die aus Verbrauchersicht günstige Zinsentwicklung. Brav lobt der Vorstand aber auch die enge Zusammenarbeit mit den Volksbanken und Raiffeisenbanken, mit denen die Prozesse in der Kreditvergabe und Abwicklung weiter optimiert wurden. Darüber hinaus ist die gemeinsame Marktbearbeitung intensiviert worden, indem unter anderem die Direkt-Mailing-Kampagnen mit den Partnerbanken vor Ort ausgeweitet wurden. Mehr als 1,5 Millionen Haushalte seien so erreicht worden.

An die Poleposition heranfahren konnten die Münchener freilich nur, weil die größte der genossenschaftlichen Pfandbriefbanken, die DG Hyp, erhebliche Steuerungsprobleme im privaten Baufinanzierungsvertrieb hatte. Indem der einst leistungsfähige Vertriebsapparat des Privatkundensegments erst auf Schwäbisch Hall übertragen und dann doch wieder im eigenen Haus neu aufgebaut wurde, verunsicherte das Hamburger Kreditinstitut nicht nur seine Mitarbeiter, sondern vor allem die kooperierenden Platzbanken, die sich nicht mehr sicher sein konnten, wie nachhaltig die Bank an dem Geschäft noch interessiert war.

Klarheit herrschte erst nach den gescheiterten Fusionsgesprächen mit der Münchener Hyp im Herbst 2007, als das Neugeschäft in diesem Geschäftssegment endgültig eingestellt wurde.

Jetzt gilt es, das einst auf die DG Hyp entfallende Neugeschäftsvolumen - 2006 waren das immerhin noch 1,75 Milliarden Euro - neu zu verteilen und die von den Hamburgern betreuten Primärbanken zu überzeugen. Dabei müssen sich die konzernunabhängigen Münchener verstärkt mit der zur WGZ-Bank-Gruppe gehörenden WL Bank aus Münster auseinandersetzen. Diese bemüht sich nicht nur um die Bankenbetreuer der DG Hyp, sondern will sich zudem nicht mehr auf den Norden beschränken, wo sie dank der gleichlaufenden GAD-Systeme (einst BBB3, jetzt Bank 21) einen nicht zu unterschätzenden Kosten- und Wettbewerbsvorteil hat.

"Auch in der Südhälfte Deutschlands konnte die WL Bank verstärkt Vermittlerbanken für sich gewinnen", frohlockt WL-Vorstand Helmut Rausch. Wie viele Volksbanken und Raiffeisenbanken sein Haus seit September 2007 im Bereich des Fiducia-Rechenzentrums angebunden hat, will er nicht nennen, um den verbundinternen Wettbewerbern nicht zu viel von der eigenen Stärke zu verraten, wie er begründet. Aber immerhin ist die Bank im Süden bereits so stark, dass sie im Februar dieses Jahres eine Repräsentanz in München eröffnet hat, um die Genossenschaftsbanken räumlich näher betreuen zu können. Hierfür investierten die Münsteraner in eine eigene IT-Plattform, damit die Prozesse ebenso hochautomatisiert ablaufen wie im bisherigen Kerngeschäftsgebiet.

Allerdings vermittelten die Volksbanken und Raiffeisenbanken im vergangenen Jahr lediglich Immobilienfinanzierungen in Höhe von 572 Millionen Euro an die WL Bank. Mit diesem Rückgang um etwa 15 Prozent spürt die Pfandbriefbank nicht nur die sich weiter abschwächende Entwicklung im Eigenheimbau, sondern auch die fortgesetzte Neigung der Platzbanken, das Kreditgeschäft auf den eigenen Büchern zu behalten. Als Reaktion konzentriert sich die WL Bank verstärkt auf das Geschäft mit der gewerblichen Wohnungswirtschaft. Hier stieg das Volumen der Neuzusagen um gut 14 Prozent auf rund 480 Millionen Euro.

Doch nicht nur innerhalb des genossenschaftlichen Finanzverbundes beeilen sich die Münchener Hyp und die WL Bank bei der Gewinnung neuer Kunden. So erwarben inzwischen beide Kreditinstitute von der Corealcredit Bank, der ehemaligen AHBR, jeweils ein Portfolio mit privaten Baufinanzierungen. Im Sommer hatten die Münchener etwa 16 800 niedrig auslaufende, leistungsintakte Darlehen übernommen. Hierfür war die Zustimmung der Kreditnehmer nötig, die insgesamt höher ausfiel als bei Portfoliotransfers üblich, teilte der Vorstand mit. Die gleiche Erfahrung machte auch die WL Bank, die jedoch erst zu Beginn dieses Jahres ein Kreditportfolio ordnungsgemäß bedienter Kredite an inländische private Bauherren im Gesamtvolumen von 450 Millionen Euro und mit einem durchschnittlichen Beleihungsauslauf von 44 Prozent kaufte.

Wie die "Baufinanzierungs-Rallye" im genossenschaftlichen Finanzverbund weitergeht, wird indes maßgeblich von der Bausparkasse Schwäbisch Hall abhängen, die innerhalb des DZ-Bank-Konzerns im Vertrieb von privaten Hypothekenkrediten die Stelle der DG Hyp einnehmen soll. Von den Pfandbriefbanken wird das durchaus kritisch gesehen.

Gewerbliches Neugeschäft

Nicht nur in der privaten Baufinanzierung legte die Münchener Hyp kräftig zu. Im Geschäftsfeld gewerbliche Immobilienfinanzierungen nahm das Finanzierungsvolumen um 740 Millionen Euro auf 1,81 Milliarden Euro (plus 69 Prozent) zu. Beflügelt wurde das Geschäft vor allem, weil viele Banken, die in der Vergangenheit ihre gewerblichen Immobilienfinanzierungen zügig verbrieften, nach dem Ausbruch der Finanzkrise und dem Austrocknen der Verbriefungskanäle im großen Umfang Kredite syndizierten.

So erhöhte sich im Auslandsgeschäft das Zusagevolumen um rund 50 Prozent beziehungsweise 361,2 Millionen Euro auf 1,09 Milliarden Euro. Dabei erwiesen sich die USA als besonders dynamischer Markt, wo sich die Bank an erstrangigen und niedrig auslaufenden Finanzierungstranchen beteiligt. Aber auch im europäischen Ausland stieg das Neugeschäft - speziell in Frankreich, wo die Bank seit vergangenem Jahr mit einem neuen Kooperationspartner agiert. Andererseits forcierte die Bank ihr Neugeschäft bei gewerblichen Finanzierungen im Inland, nachdem sie sich 2006 entsprechend ihrer Risikostrategie zurückgehalten hatte, auf 719,2 (316,6) Millionen Euro. Das entspricht einem Plus von 127 Prozent. Bei der WL Bank sind die gewerblichen Immobilienfinanzierungen traditionell von untergeordneter Bedeutung. Dennoch stiegen auch hier die Neuzusagen von 59,9 auf 98,3 Millionen Euro (plus 64,1 Prozent). Insgesamt erhöhte sich das Immobilien-Neugeschäft (ohne Prolongationen) um 2,4 Prozent auf 1 151,4 (2006: 1 123,9) Millionen Euro. Die Prolongationen nahmen um 37,4 Prozent auf 319,4 (232,5) Millionen Euro zu.

Ertragsentwicklung

Hauptertragsbringer bei beiden Instituten waren auch 2007 die Zinseinnahmen. Aufgrund des gestiegenen Neugeschäfts erhöhte sich der Zinsüberschuss bei der Münchener Hyp um 9,7 Prozent auf 121,2 (110,5) Millionen Euro, während der Anstieg bei der WL Bank mit 5,1 Prozent auf 95,2 (90,6) Millionen Euro etwas geringer ausfiel. Das höhere Neugeschäft bei den Immobilienfinanzierungen und die damit einhergehende Zunahme der Provisionsaufwendungen ließ den Provisionssaldo der Münchener Hyp auf minus 21,2 (minus 13,6) Millionen Euro anwachsen. Dagegen führte die Forcierung des Direktgeschäfts mit der gewerblichen Wohnungswirtschaft bei der WL Bank zu einer Reduktion des Provisionsergebnisses um 4,2 Prozent auf minus 13,6 (minus 14,2) Millionen Euro. Der Zins- und Provisionsüberschuss erreichte damit bei der WL-Bank 81,6 (76,4) Millionen Euro (plus 6,8 Prozent). Die Münchener Hyp wies diese Position mit 100,0 (96,9) Millionen Euro aus (plus 3,2 Prozent).

Mit 49,8 Millionen Euro hielt die Münchener Hyp den Verwaltungsaufwand weitgehend konstant, wenn bei dem Vergleichswert von 2006 in Höhe von 53,6 Millionen Euro ein Sondereffekt durch die Reduzierung des Abzinsungssatzes bei den Pensionsrückstellungen in Höhe von 3,8 Millionen Euro herausgerechnet wird. Dass sich bei der WL Bank die Verwaltungsaufwendungen um beachtliche 10,4 Prozent auf 36,1 (32,7) Millionen Euro erhöhten, begründet der Vorstand zum einen mit einer gestiegenen Beschäftigtenzahl und entsprechend höheren Personalkosten sowie zum anderen mit zusätzlichem Sachaufwand durch Basel II und die Implementierung neuer IT-Systeme.

Damit verschlechterte sich zwar die Cost Income Ratio der WL Bank von 42,8 auf 44,2 Prozent, doch ist sie damit noch immer eine Nuance besser als die Münchener Hyp, die auf ein Verhältnis von 49,8 Prozent kommt, während es im Jahr zuvor noch 51,5 Prozent (ohne den Sondereffekt Pensionsrückstellungen) waren.

Zwar weist die Münchener Hyp mit 31,6 (27,8) Millionen Euro ein um 13,4 Prozent höheres Betriebsergebnis nach Risikovorsorge aus, doch liegt sie auch hier hinter der WL Bank, die ihr Betriebsergebnis um 22,2 Prozent auf 33,0 (27,0) Millionen Euro ausbaute. Wie das Neugeschäft wird auch die Ertragsentwicklung weiterhin ein Feld sein, auf dem sich die spezialisierten Baufinanzierer im genossenschaftlichen Finanzverbund einen durchaus sportlichen Wettstreit liefern. Darüber dürfen sich die Volksbanken und Raiffeisenbanken gerne freuen, hat Konkurrenz - auch im Verbund - doch schon immer das Geschäft belebt und neue Ideen befördert. (Red.)

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