Immobilie als Asset

Immobilien sind nichts für Anfänger

Die Nachfrage nach Immobilieninvestments in Deutschland ist in einem regelrechten Boom gemündet, getrieben von institutionellen Investoren und Privatanlegern gleichermaßen. Nicht zuletzt haben auch internationale Investoren den deutschen Immobilienmarkt (wieder) entdeckt. Und ein Ende der Nachfrage ist nicht in Sicht: Regelmäßig verkünden die institutionellen Investoren in der Feri-Studie zum institutionellen Vermögensmanagement ihre Absicht, die Immobilienquote zu erhöhen. In den vergangenen beiden Jahren haben sie ihren Ankündigungen auch Taten folgen lassen (vergleiche Abbildung 1).

Bedingt durch das mangelnde Angebot und viele schlechte Erfahrungen mit Offenen wie auch Geschlossenen Immobilienfonds haben die Privatanleger die Eigentumswohnung als Kapitalanlage entdeckt. Fest steht allerdings: Der Markt zeigt an einigen Standorten Überhitzungen, auch wenn immer wieder betont wird, dass keine Blasenbildung zu erkennen ist. Diese Gemengelage legt den Verdacht nahe, dass die Risiken nicht im erforderlichen Maße gewürdigt werden.

Falsche Risikoeinschätzungen resultieren oftmals daraus, dass irrtümlich Parallelen zwischen Immobilien und anderen Anlageklassen gezogen werden. Daraus können sich zwar positive Effekte ergeben - so zeichnen sich Immobilienanlagen durch eine geringe Korrelation zu den anderen Assetklassen aus. Dies ist unter Portfoliogesichtspunkten durchaus wünschenswert und unterstreicht, welch bedeutende Rolle die Immobilienanlage in der Gesamtvermögensallokation einnimmt. Doch zahlreiche, fälschlicherweise getroffene Rückschlüsse können den Investmenterfolg gefährden.

Illiquide und managementintensiv

Immobilieninvestments werden - analytisch betrachtet - auf der Basis von Markteinschätzungen und -prognosen getätigt. Dabei blenden viele Investoren aus, dass sich Immobilieninvestitionen immer auf konkrete Projekte beziehen und es nur äußerst begrenzt möglich ist, in einen bestimmten Immobilienmarkt zu investieren. Die Performance eines Anlageobjekts hängt von vielen unterschiedlichen Faktoren ab und kann sich folglich vollkommen anders darstellen als der betreffende Immobilienmarkt. Anders die Ausgangslage auf den Aktien- und Rentenmärkten: Investitionsinstrumente wie Indexzertifikate oder Exchange Traded Funds erlauben durchaus die Investition in einen ausgewählten Markt.

Während sich die Aktivitäten eines Investors bei Aktien und Renten auf die Entscheidungstrias Kaufen-Halten-Verkaufen beschränken, ist allein schon der Erwerb einer Immobilie mit einem hohen Aufwand verbunden. Hohe Transaktionskosten sowie ein zeit- und arbeitsintensiver Transaktionsprozess schränken dabei die Fungibilität maßgeblich ein. Um diese ansatzweise aufrecht zu erhalten, müssen Immobilien "verkaufsfähig" gehalten werden, denn ein Objekt lässt sich schlichtweg leichter und zu einem höheren Preis verkaufen, wenn ein marktgerechter, möglichst langfristiger Mietvertrag besteht.

In der Bewirtschaftungsphase erfordern Vermietung, Mieterbetreuung, Wartung und Instandhaltung ein kontinuierliches und professionelles Management. Schon einfache Fehler wie eine mangelhafte Wartung können dabei direkten Einfluss auf die Werthaltigkeit des Objekts haben. Die Auswirkungen, namentlich ein Wertverlust, machen sich jedoch erst langfristig bemerkbar.

Unter anderem aufgrund des hohen Verwaltungsaufwands gilt: Bruttorendite ist nicht gleich Nettorendite. Diese Aussage mag banal klingen. Aber allzu oft wird übersehen, dass die Bewirtschaftung von Immobilien kostenintensiv ist. Instandhaltung und -setzung, Vermarktung und Mieterwechsel, Buchhaltung, Steuererklärung - alle Tätigkeiten sind mit Kosten verbunden, die zwar periodisch unterschiedlich häufig und hoch anfallen, aber dennoch nicht vernachlässigt werden dürfen.

Eine weitere weit verbreitete Fehleinschätzung liegt in der Annahme, dass Mietverträge mit Wertsicherungsklauseln einen umfassenden Inflationsschutz gewährleisten. Wenn darüber hinaus ein bonitätsstarker Mieter für die Mietzahlung einsteht, erscheint die Immobilie als das perfekte Investment. Doch trotz der ambivalenten Erfahrungen mit Immobilienfonds und Steuersparmodellen scheint der Blick für die Risiken der Immobilienanlage nach wie vor verstellt zu sein. Die den Immobilien anhaftenden Risiken beziehen sich oft auf einen Zeitpunkt in ferner Zukunft. Sie sind diffus in ihrer Wahrnehmung und die Folgen ihres Eintritts schwer abzuschätzen.

Falsche Schlüsse

Häufig schätzten Anleger beispielsweise die Entwicklungschancen der Investments vollkommen falsch ein: Traditionell bewegen sich die Renditen in Deutschland sowohl auf den Gewerbe- als auch auf den Wohnimmobilienmärkten in einem vergleichsweise engen Korridor. Die Volatilität der Renditen ist hierzulande weit weniger ausgeprägt als etwa in den Vereinigten Staaten oder in Großbritannien. Dies mag auf den ersten Blick positiv klingen, verändert aber das Chancen-Risiko-Profil des Immobilieninvestments deutlich, denn die Entwicklungschancen der Immobilie reduzieren sich auf die Mietentwicklung.

Die negativen Auswirkungen treten erst dann zutage, wenn der bestehende Mietvertrag ausläuft. Beispiel Büroimmobilien: In den etablierten deutschen Standorten haben die Büromieten gerade erst wieder das Niveau von 1990 erreicht. Real bedeutet dies einen nicht unerheblichen Vermögensverlust. Im Vergleich dazu zeigen die Wohnimmobilienmärkte, aber auch die Einzelhandelsimmobilienmärkte, ein deutlich positiveres Bild. Die Mieten für Wohn- und Einzelhandelsimmobilien sind an den Top-Standorten im gleichen Zeitraum um bis zu 66 Prozent gestiegen. Investitionen in Wohnimmobilien etwa galten lange Zeit als langweilig und zu verwaltungsintensiv. Offensichtlich wurde ihre absolute und relative Attraktivität völlig unterschätzt.

Objektauswahl muss Risiken gerecht werden

Ob Büro, Wohnen oder Einzelhandel - derzeit erleben wir in allen Sektoren eine deutlich größere Dynamik bei der Änderung der Nutzeranforderungen als in der Vergangenheit. Dem zu begegnen stellt die größte Herausforderung für die Branche dar. Nicht nur Projektentwickler müssen sich darauf einstellen, sondern insbesondere auch Investoren.

Ein Beispiel: Die Bewertungsmodelle in der klassischen Ertragswertermittlung gehen in der Regel von Nutzungsdauern von 60 Jahren bei Büroimmobilien und bis zu 80 Jahren bei Wohnimmobilien aus. Unter anderem die anhaltende Debatte unter Nutzern und Investoren um das Thema Nachhaltigkeit hat den reinen Modellcharakter dieser Annahme offenbart. Aktuell sind Büroimmobilien, die älter als 20 Jahre sind, als nicht mehr marktgängig zu bezeichnen. Sie bilden den sogenannten strukturellen Leerstand mit geringen bis keinen Chancen einer weiteren Vermietung.

Auf dem Wohnungsmarkt erhöht sich der Druck auf die Gebäudequalität insbesondere durch die laufend verschärften Anforderungen der Energieeinsparverordnungen. Neben Umweltbewusstsein und Kosteneinsparung spielt das sich verändernde Nutzerverhalten eine nicht minder bedeutende Rolle. Hinzu kommt der demografische, aber auch der kulturelle Wandel, der die Wohnungswirtschaft vor große Herausforderungen stellt.

Im Einzelhandel wiederum führt der zunehmende Online-Handel - entgegen der weitläufigen Wahrnehmung - nicht zu einer Verringerung der Flächennachfrage, sondern vielmehr zu einem erhöhten Flächenbedarf. Hintergrund: Eine optimale Warenpräsentation soll die Kunden weiterhin in die Geschäfte locken, dafür bedarf es Platz. Außer Frage steht dabei, dass sich die Anforderungen an die Flächen in diesem Zuge verändern.

Finanzierungsumfeld birgt Risiken für private Anleger

Auf der Finanzierungsseite müssen sich private und institutionelle Anleger jeweils unterschiedlichen Herausforderungen stellen. Institutionelle Investoren sehen sich eher mit dem Problem konfrontiert, die verfügbaren Mittel angemessen und zeitgerecht zu investieren. Fremdfinanzierung hat für diese Investorengruppe also eine tendenziell untergeordnete Bedeutung.

Private Immobilienkäufer können infolge der attraktiven Finanzierungsbedingungen dazu neigen, ihr Budget entsprechend auszuschöpfen. Wie jeder Mietvertrag endet allerdings auch jede Zinsfestschreibung. Bei einer Verdoppelung der aktuellen Zinskonditionen wäre das Niveau einer Hochzinsphase zwar immer noch weit entfernt. Private Anleger tun allerdings gut daran, dies entsprechend zu berücksichtigen und die "gesparten" Zinsen idealerweise in eine höhere Tilgungsrate zu investieren, um den negativen Folgen höherer Zinsen zu entgehen.

Während private Anleger das Thema Immobilienanlage trotz aller (bekannten) Risiken weiterhin häufig unter emotionalen Gesichtspunkten angehen, haben institutionelle Investoren einen spürbaren Professionalisierungsprozess durchlaufen. Das belegt die Feri-Studie zum institutionellen Immobilienmanagement, die 2014 in ihrer sechsten Auflage erscheint. Die anhaltende Professionalisierung liegt auch darin begründet, dass Versicherungen, Versorgungswerke und Pensionskassen bei ihrer Mitarbeiterrekrutierung heute auf deutlich mehr gut ausgebildete Fachkräfte zugreifen können.

Investoren sind professioneller geworden

Damit einher geht die Entwicklung vom lokal anlegenden Investor zum global agierenden Immobilienunternehmen, das seinen Erfolg immer seltener vom Geschick externer Fondsmanager abhängig machen will, sondern vermehrt selbstständig agiert. Die Aussagen zur Professionalisierung gelten in gleicher Weise für die jeweiligen auf dem institutionellen Markt tätigen Fondsgesellschaften.

Sichtbar wird die höhere Professionalität am Beispiel Risikomanagement, dessen Entwicklung nicht zuletzt durch die vielfältigen regulatorischen Anforderungen für Investoren wie Produktanbieter gleichermaßen gefordert und gefördert wird. Das Risikomanagement geht zwingend mit einer klaren Investmentstrategie einher. Je nach Größe oder Struktur des Investors kann dies zum einen eine Fokussierung auf regional - zumeist in der Nähe des eigenen Sitzes - gelegene Immobilien und bestimmte Immobilientypen sein oder zum anderen der Aufbau eines globalen, breit diversifizierten Immobilienportfolios.

Weitere Schritte innerhalb des Risikomanagementprozesses sind definierte Investment- und Managementprozesse sowie komplexe und umfassende Reportinganforderungen an die jeweiligen Asset Manager. Gerade die Reportinganforderungen sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Dies zeigt, dass sich die Investoren heute wesentlich intensiver mit ihrem Immobilienportfolio auseinandersetzen.

Langfristige Risiken wurden unterschätzt

Institutionelle Investoren sind heute grundsätzlich sehr wohl in der Lage, Immobilienrisiken richtig einzuschätzen und diese in ihrer Anlagestrategie zu berücksichtigen. Fraglich bleibt, ob die aufgezeigte Marktdynamik schon hinreichend erkannt wurde und berücksichtigt wird. Ein entsprechendes Urteil ist bei privaten Anlegern natürlich nur schwer möglich. Sicherlich sind entsprechende Strategien und Prozesse bei semi-institutionell agierenden Family Offices ausgeprägt.

Ansonsten kann die Einschätzung der Privatanleger nur aus ihrem Anlageverhalten abgeleitet werden. Dabei dominiert der Eindruck, dass private Anleger insbesondere die langfristigen Risiken grundsätzlich unterschätzen. Hier ist gute Beratung, die sowohl die persönliche Situation des Interessenten als auch den Markt und das einzelne Objekt in Blick nimmt, wichtiger denn je. Die intensive Prüfung im Einzelfall ist essenziell - genau dann können Immobilien die absolut richtige Wahl sein.

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