Im Blickfeld

Neben ausgetretenen Pfaden

Es ist kein Geheimnis: Es wird zunehmend schwerer, das zu finden, wonach alle Investoren suchen, nämlich die Core-Büroimmobilie in Top-Lagen deutscher Metropolen. Die Renditen sind weiter gesunken und Analysen belegen, dass zumindest die Standorte Berlin, München und Hamburg inzwischen als leicht überbewertet gelten müssen. Wertsteigerungen für Core-Immobilien in Top-Lagen sind allenfalls noch über die Mietentwicklung zu erwarten, nicht mehr durch eine weitere Renditekontraktion. Steigende Mieten sind jedoch schon in den Preisen enthalten, sodass es wenig Spielraum für attraktive Investments gibt.

Der Blick der Investoren wird sich daher zunehmend auf Büroimmobilien in deutschen Nebenzentren und auf Wohnimmobilien richten. Die Renditen für Büroobjekte sind zwar auch in den Nebenzentren gesunken, liegen jedoch um etwa einen Prozentpunkt höher als in den Metropolen. Dabei zeigt eine historische Analyse, dass die Volatilität der Gesamtrenditen in den Büro-Nebenzentren sogar deutlich geringer ist als in den Top-Standorten. Höhere Anfangsrenditen bei geringerer Volatilität sollten also für Investitionen in Städten wie Dortmund, Bremen oder Bonn sprechen, wo übrigens der Leerstand weit geringer ist als in den Ballungszentren.

Dass die Märkte außerhalb der Top-Metropolen von deutschen Investoren dennoch vergleichsweise wenig beachtet wurden und werden, verwundert, denn die Märkte in den Nebenzentren sind durchaus groß genug - ja, in der Summe durchaus nicht kleiner als die in den Metropolen. So ist beispielsweise allein der Büroflächenbestand in Bonn oder in Bremen höher als in Luxemburg oder Budapest und der Büromarkt in Stuttgart ist sogar größer als der in den bei deutschen Investoren so beliebten Städten Amsterdam oder in Warschau.

Trotz gestiegener Preise ist zudem zu erwarten, dass das Interesse von institutionellen Investoren an deutschen Wohnimmobilien zunehmen wird. Eine Analyse der Risiko-adjustierten Renditen für Wohn-, Einzelhandels- und Büroimmobilien in den Jahren 1993 bis 2010 belegt, dass die Gesamtrendite für Wohnimmobilien deutlich höher war als für die anderen Nutzungsarten - und dies bemerkenswerterweise bei einer deutlich niedrigeren Volatilität. Wohnimmobilien sind ohne Zweifel ein zu Unrecht unterschätztes Marktsegment.

Analysiert man diese langfristigen Trends, dann wird deutlich, warum die Renditen Offener Immobilienfonds und vieler anderer institutioneller Investoren oftmals unbefriedigend waren: Sie haben ganz überwiegend gerade auf jenes Segment gesetzt, das sich durch vergleichsweise höhere Leerstände, höhere Volatilität und niedrigere Renditen auszeichnet, nämlich auf die Büro-Core-Immobilien in Städten wie Frankfurt am Main und anderen Metropolen. Dagegen haben sie die - im Rückblick gesehen - deutlich attraktiveren Investments, insbesondere im Wohnimmobiliensegment, aber auch in den deutschen Nebenzentren, weitgehend ignoriert oder zumindest deutlich untergewichtet.

Im Bereich der Wohnimmobilien gibt es zudem eine Nische, die zunehmend in den Fokus von Investoren gerät, nämlich das studentische Wohnen. Die stark steigende Studentenzahl - auch aufgrund der Abschaffung der Wehrpflicht und der doppelten Abiturjahrgänge - hat zu einem erheblichen Anstieg der Nachfrage nach Apartments in großen Universitätsstädten geführt. Eine positive und stabile Mietentwicklung an diesen Standorten sprechen dafür, sich intensiver mit dieser Nische zu befassen. Allerdings fehlen weitgehend Erfahrungswerte - so etwa mit Blick auf die Folgen der hohen Mietfluktuation in Studentenapartments. Obwohl es also deutlich schwieriger geworden ist, attraktive Investments auf dem deutschen Immobilienmarkt zu identifizieren, ist dies durchaus nicht unmöglich, sofern man bereit ist und die Kompetenz hat, diese auch abseits der etablierten Investmentpfade zu finden.

Wolfgang Kubatzki, Leiter Real Estate, Feri EuroRating Services AG, Bad Homburg

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