WERTPAPIERGESCHÄFT

PFOF-Verbot - Atempause für die Neobroker

Die Gewährung von Rückvergütungen für die Weiterleitung von Kundenaufträgen (Payment for Order Flow - kurz: PFOF) steht in der Kritik, weil durch Rückvergütungen Interessenkonflikte bei den die Kundenaufträge weiterleitenden Brokern entstehen können. Beispielsweise könnten Kundenaufträge an Ausführungsplätze weitergeleitet werden, an denen keine bestmögliche Auftragsausführung gewährleistet ist. Dass dieses Vergütungsmodell Neobroker dazu veranlasst, Kunden - etwa durch Gamification - Anreize zu verstärktem Handeln zu bieten und somit eine Art Zockermentalität anstelle des langfristigen Sparens zu fördern, kommt erschwerend hinzu. Vor allem unter Verweis auf die Interessenkonflikte strebt die EU-Kommission deshalb ein generelles Verbot des Payment-for-Order-flow-Konzepts an.

Nachdem Studien der niederländischen Wertpapieraufsichtsbehörde Autoriteit Financiële Markten (AFM) und der spanischen Wertpapieraufsichtsbehörde Comisión Nacional del Mercado de Valores (CNMV) den Verdacht solcher Interessenkonflikte gestützt hatten, hat die BaFin eine eigene Studie erstellt, um die Ausführungsqualität an deutschen Handelsplätzen zu untersuchen. Einbezogen wurden alle Geschäfte in deutschen Aktien, für die die BaFin die zuständige Aufsichtsbehörde ist. Diese umfassen knapp 30 Prozent der Transaktionen an den genannten Handelsplätzen.

Studien anderer europäischer Aufsichtsbehörden legen nahe, dass die Ausführung von Wertpapieraufträgen an Handelsplätzen, über die Market Maker Payments for Order Flow gewähren, für Privatkunden überwiegend nachteilig ist. Anders die Studie der BaFin, obwohl sie der Methodologie der betreffenden Studien aus anderen Märkten folgt, um eine gewisse Vergleichbarkeit zu gewährleisten. Der Untersuchung der deutschen Aufsichtsbehörde zufolge scheint die Ausführung von Aktienkäufen und -verkäufen an PFOF-Märkten bei kleineren Transaktionsvolumina mehrheitlich vorteilhaft zu sein, insbesondere bei Transaktionsvolumina bis 2 000 Euro in DAX-Aktien und bis 500 Euro in Nicht-DAX-Aktien. Bei höheren Transaktionsvolumina und niedrigerer Liquidität an den Referenzmärkten zum Zeitpunkt der Auftragsausführung gingen diese Vorteile jedoch verloren.

Obwohl die BaFin grundsätzlich die Bedenken der ESMA teilt und die Risiken des Payment for Order Flow sieht, hat sie sich deshalb dennoch gegen ein generelles Verbot ausgesprochen. "Vor einem Verbot von Payment for Order Flow sollten wir Aufseher die Auswirkungen umfassend analysieren und über weniger restriktive regulatorische Maßnahmen nachdenken", sagt Dr. Thorsten Pötzsch, Exekutivdirektor Wertpapieraufsicht der BaFin.

Das mag auch daran liegen, dass der BaFin auch eine Verbraucherschutzfunktion obliegt. Und ein Verbot, das das Geschäftsmodell der Neobroker infrage stellt und unter dem Strich lediglich für Privatkunden den Handel verteuert, wäre aus Sicht der BaFin deshalb ein Worst-Case-Szenario und müsse schon aus Verbraucherschutzgründen ausgeschlossen werden, so Pötzsch. Es wird deshalb wohl noch weiterhin zu untersuchen sein, welche Rolle die befürchteten Interessenkonflikte tatsächlich spielen und ob sie sich nicht auf anderem Wege lösen lassen. Bis dahin können vor allem die Neobroker, die Privatkunden auf Basis von PFOF den kostenfreien Handel ermöglichen, erst einmal aufatmen. Gar so schnell wird ein Verbot nun vielleicht doch nicht kommen. Dass es quasi als Damoklesschwert über der Branche schwebt, kann aber gewiss nicht schaden. Wenn Interessenkonflikte im Wege der Selbstregulierung vermieden werden, wäre das sicher für alle der bessere Weg. Red.

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