RECHTSFRAGEN

Eine Frage der Klagebefugnis

Eine Musterfeststellungsklage des Vereins Schutzgemeinschaft für Bankkunden gegen Daimler Mobility, mit der der Verein einen Widerrufsjoker für Darlehensverträge in der Kfz-Finanzierung erreichen wollte, ist unzulässig. Das hat der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs am 17. November entschieden (Aktenzeichen XI ZR 171/19) und damit ein Urteil des OLG Düsseldorf vom März 2019 bestätigt. Seit der Einführung der Musterfeststellungklage im Jahr 2018 war diese Klage die erste, mit der sich auch die Gerichte befassen mussten.

Der Grund für die Abweisung der Klage: Dem Verein fehlt die nötige Klagebefugnis. Denn die in § 606 Abs. 1 Satz 2 ZPO genannten Voraussetzungen der Klagebefugnis, seien nicht alle erfüllt. So habe der Verein "nicht schlüssig vorgetragen, dass er gemäß § 606 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZPO mindestens 350 natürliche Personen als Mitglieder hat".

Darüber hinaus ergebe sich aus dem Vortrag des Musterklägers nicht, dass dieser gemäß § 606 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 ZPO Verbraucherinteressen weitgehend durch nicht gewerbsmäßige aufklärende oder beratende Tätigkeiten wahrnimmt. Entscheidend für die Erfüllung dieser Voraussetzung ist, dass der durch den Verein ausgeübte Verbraucherschutz "bei wertender Gesamtbetrachtung ganz maßgebend auf eine nicht gewerbsmäßige Aufklärung oder Beratung zurückzuführen ist und die (außer)gerichtliche Geltendmachung von Verbraucherinteressen nur eine unter geordnete Rolle" hat. Das aber sei bei der Schutzgemeinschaft für Bankkunden nicht der Fall. Sondern dessen Tätigkeit bestehe ganz überwiegend darin, durch Analyse der Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Kreditinstituten Rechtsverstöße zu identifizieren, die betreffenden Institute mit anwaltlicher Hilfe abzumahnen und die Fehlerhaftigkeit der Geschäftsbedingungen anschließend gerichtlich durchzusetzen. So habe der Verein nach den von ihm vorgelegten Presseberichten in knapp 3 400 Fällen Gebühren abgemahnt und in Hunderten von Fällen Klage erhoben. Zwischen 97 und 99 Prozent der Einnahmen im Jahr 2017 und im ersten Halbjahr 2018 stammten aus dem Bereich der gerichtlichen und außergerichtlichen Anspruchsdurchsetzung, sodass diese Einnahmen die Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen um ein Vielfaches übersteigen. Damit, so die Richter, spricht auch die Einnahmenstruktur des Musterklägers dafür, dass die (außer)gerichtliche Geltendmachung von Verbraucherinteressen beim Schutz der Verbraucher vor unredlichen Geschäftspraktiken keine nur untergeordnete Rolle spielt.

Dieses Urteil zeigt, dass der Gesetzgeber die Messlatte für die Musterfeststellungklagen hoch genug gelegt hat, um keine Spielwiese für "Klageanwälte" zu eröffnen. Das Thema Rückabwicklung von Kfz-Finanzierungsverträgen in der Folge des Diesel-Skandals ist damit allerdings nicht vom Tisch - es kommt eben nur auf den richtigen Kläger an. Gut möglich, dass der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) vor Gericht bessere Karten gehabt hätte. Der VZBV hatte im Februar dieses Jahres in der gleichen Angelegenheit einen Vergleich mit dem VW-Konzern geschlossen und daraufhin seine Musterfeststellungklage zurückgezogen. Red.

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