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Versicherungsvertrieb an der Ladenkasse: Juristisches Aus?

Das Landgericht Wiesbaden hat am 14. Mai dem Rewe-Konzern gegen Androhung einer Geldbuße untersagt, weiterhin Versicherungsverträge zu vermitteln (Aktenzeichen 11 O 8/08). Konkret ging es um den Vertrieb von Unfall- und Rechtsschutzversicherungen der Arag über die Filialen des Discounters Penny. Zuletzt hatte Penny im September/Oktober 2007 vier Wochen lang Kinder-Unfallversicherungen zu einer Jahresprämie von 49 Euro bei Penny vertrieben.

Kein Anlass zu Erlaubnisbefreiung

Hintergrund des gegenüber Rewe ausgesprochenen Verbots ist das im Mai 2007 in Kraft getretene Versicherungsvermittlergesetz, wonach es für die Vermittlung von Versicherungsverträgen einer Erlaubnis und Registrierung bedarf und jeder Vermittler umfangreiche Beratungs-, Informations- und Dokumentationspflichten erfüllen muss.

Zwar sieht das Gesetz auf Antrag eine Erlaubnisbefreiung vor, wenn Versicherungen zusammen mit einer anderen Dienstleistung oder einem Kaufgegenstand als Annexgeschäft vermittelt werden, wie es beispielsweise bei der Reiserücktrittskostenversicherung in Verbindung mit einer Reisebuchung der Fall ist. Für die meisten Vertriebskooperationen zwischen Einzelhändlern und Versicherungen wird sich dieser Ausnahmetatbestand aber wohl nicht geltend machen lassen. Schließlich handelt es sich in der Regel um standardisierte Produkte, die unabhängig von der sonstigen Produktpalette als (teilweise periodische) Ergänzung des Non-Food-Sortiments verkauft werden.

Rewe hatte sich im Rahmen des Versicherungsverkaufs auf den Status eines erlaubnisfreien Tippgebers berufen. Doch diese Argumentation wurde von den Wiesbadener Juristen nicht akzeptiert. Ausschlaggebend hierfür ist wohl die gezahlte Provision.

BaFin-Entscheidung erwartet

Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig. Auch ist die Streitfrage, ob der Versicherungsvertrieb über den Einzelhandel zulässig ist, damit sicher nicht abschließend geklärt. Dennoch gehen der AfW Bundesverband Finanzdienstleistung e. V., Berlin, der das Wiesbadener Urteil erstritten hat, und der Bundesverband deutscher Versicherungskaufleute e. V. (BKV), Bonn, davon aus, dass damit das endgültige Aus für derartige Kooperationen eingeleitet ist.

Gespräche mit dem Bundeswirt schaftsministerium laufen, und auch die vom BKV bereits im September 2007 angerufene BaFin sieht den Versicherungsvertrieb über Supermärkte und Handelsketten kritisch. Eine baldige Entscheidung der BaFin wird erwartet.

Rückzieher bei Aldi

Dass auch Handelsunternehmen die Rechtslage für Vertriebskooperationen mit der Assekuranz zumindest als unsicher ansehen, darf man wohl aus dem Einlenken von Aldi schließen. Nachdem der BKV die im April bekannt gewordenen Kooperationspläne von Aldi und Signal Iduna zum Vertrieb von Privathaftpflicht-, Unfall-, Hausrat- und Reiseversicherung scharf kritisiert hatte, machte der Discounter einen Rückzieher. Sowohl Aldi Nord als auch Aldi Süd versicherten dem Verband, ein Verkauf von Versicherungen sei zurzeit nicht geplant.

Auch die im März gestartete Aktion beim Discounter Plus mit der "Deutschland-Rente" von Arag und Rheinland Versicherungen wurde vorzeitig gestoppt. Statt nach drei Wochen wurde das Produkt bereits nach zehn Tagen wieder aus dem Regal genommen. Ob dafür die Kritik von Verbraucherschützern an der Vermarktung mit dem Argument "Shopping für die Rente", Zweifel an der Zulässigkeit im Hinblick auf das VVG oder schlicht mangelnder Vertriebserfolg ausschlaggebend war, wurde freilich nicht bekannt gegeben.

Durchaus zufrieden ist die Asstel mit ihrer jüngsten Kooperation mit Tchibo, in derem Rahmen (inklusive Internet) mehr Unfallversicherungen verkaut wurden, als im Gesamtjahr 2007. Bis Ende Mai wurde eine Kinder-Unfallversicherung als "Produkt zum Anfassen" angeboten. Zum Preis von 29,90 Euro (was dem Jahresbeitrag für die Police entspricht) konnten Kunden ein regelrechtes Versicherungspaket inklusive Versicherungsschein kaufen. Anschließend musste die Police lediglich schriftlich oder telefonisch registriert werden. Der Kritik mangelnder Verbraucherfreundlichkeit der Vertriebsform ist man dabei durch eine erweiterte Rücktrittsmöglichkeiten begegnet. Neben dem 20-tägigen Widerrufsrecht und dem täglichen Kündigungsrecht gab es auch die Möglichkeit zum Umtausch. Gegen Vorlage des Kassenzettels konnte die Versicherung innerhalb von 28 Tagen beispielsweise gegen Textilien oder Haushaltsartikel umgetauscht werden.

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