Marketing

Social-Media-Wettbewerbe - Marketing im Virusfieber

Ganz so neu, wie das Schlagwort klingt, ist "Virales Marketing" nicht mehr. Vielmehr handelt es sich um eine der ältesten Werbeformen überhaupt: die Mundpropaganda. Wie ein Virus verbreitet sich eine Botschaft von Mensch zu Mensch. Digital umgesetzt, wird aus der Mundpropaganda ein "Weiterempfehlen 2.0", da die Nutzung von Internet und Social Media eine immer wichtigere Rolle spielt. Statt des persönlichen Kontakts reicht ein Klick, um online ein Produkt, eine Leistung, einen Wunsch oder einfach nur eine Nachricht weiterzuempfehlen. Angesichts einer immer größer werdenden Informationsflut vertrauen Internetnutzer vermehrt auf persönliche Empfehlungen. Doch auch hier wird es immer schwieriger, aus der Masse der Angebote herauszustechen und Aufmerksamkeit zu bekommen.

Viral ja, aber bitte kein Einheitsbrei. Andere Wege werden daher interessanter: virale Social-Media-Wettbewerbe. Unternehmen lenken die Aufmerksamkeit auf die, die für gewöhnlich zu wenig davon bekommen: zum Beispiel gemeinnützige Vereine oder Kindertagesstätten.

Virale Social-Media-Wettbewerbe schaffen individuelle Aufmerksamkeit

Das Konzept ist schnell verstanden: Unternehmen vergeben Spenden an gemeinnützige Organisationen. Online wird ein Förderwettbewerb vorgestellt, Organisationen sind aufgerufen, sich zu bewerben. In einer Abstimmung sollen möglichst viele Personen entscheiden, welche Organisationen den Zuschlag erhalten sollen. Am Ende sind alle glücklich: Die Organisationen, deren Anliegen eine große Aufmerksamkeit erhalten haben, die Internet user, deren Bedürfnisse ernst genommen wurden, die Gewinner, die gefördert wurden und letztlich das Unternehmen, das nicht nur seine Bekanntheit steigern konnte, sondern auch gesellschaftliche Rendite eingekauft hat.

Die PSD Bank Köln eG sammelt ihre Erfahrungen mit viralen Social-Media-Wettbewerben bereits seit Frühjahr 2011. Damals führte die Bank die "PSD Talente" durch, bei denen die beliebtesten Fußballvereine in der Region Aachen gesucht wurden. Im Sommer 2012 folgte ein Wettbewerb für Kindertagesstätten. Für das Jahr 2013 sind sogar zwei weitere virale Wettbewerbe geplant. Doch was genau wurde eigentlich gemacht?

Die "PSD Talente" setzten Jugendfußball in den Fokus

Frühjahr 2011 - Zeit der "PSD Talente". Am 2. Mai eröffnete die PSD Bank Köln eG in Aachen ein neues Beratungscenter. Entsprechend sollte vor Ort die Bekanntheit der Bank deutlich erhöht werden. Man entschied sich nicht nur für die herkömmlichen Werbemaßnahmen, sondern auch für einen neuen Weg, einen viralen Social-Media- Wettbewerb. Bei dem Förderwettbewerb "PSD Talente" wurden insgesamt 6 000 Euro Spendengelder für Fußballvereine aus dem Raum Aachen ausgelobt. Der Anreiz, gewinnen zu können, war für die Vereine ein hoher Ansporn, den Wettbewerb im jeweiligen Umfeld bekannt zu machen. Denn nur über ein großes Netzwerk konnten sie letztlich gewinnen. Jeder Klick zählte. Daher galt es, möglichst Vielen von der Teilnahme am Wettbewerb zu erzählen. Für die Bank entstand so ein großer viraler Effekt.

In einem ersten Schritt wurden die Aachener Vereine aufgerufen, sich online auf der Wettbewerbswebsite zu bewerben. Auf die Bewerbungsphase folgte mit der vierwöchigen Abstimmung der eigentliche Wettbewerb. Denn es galt möglichst viele Vereinsmitglieder, Freunde und Bekannte zur Stimmabgabe zu motivieren. Die sprichwörtliche Mundpropaganda begann. Die Teilnehmer hängten Plakate in den Vereinsheimen auf und verteilten Flyer. Sie trugen ihr Anliegen in ihre persönlichen Kreise, die Botschaft verbreitete sich wie ein Virus.

Doppelter Mehrwert

Dass die Kampagne erfolgreich war, drücken die Zahlen aus: Es nahmen 38 Vereine an dem Wettbewerb teil. Sie lockten mehr als 31 000 eindeutige Besucher auf die Website und erzeugten dort 336 000 Page Impressions. Im Durchschnitt hielten sich die Besucher 4,41 Minuten auf der Website auf. Hinzu kamen Aufrufe auf Facebook, unter anderem über 4 000 Facebook-Likes. Auch die Aachener Presse und zahlreiche Onlineportale berichteten über den Wettbewerb.

Die Social Value GmbH war es, die die "PSD Talente" kreativ und administrativ begleitete. Sie hat seit 2008 mehr als 35 virale Social-Media-Wettbewerbe konzipiert, bei denen jeder kostenlos und ohne Angabe persönlicher Daten abstimmen kann, welcher Verein eine Förderung erhalten soll. Die Agentur wirbt dabei mit einem "doppelten Mehrwert":

Die Unternehmen erreichen mit schmalem Budget ihre Zielgruppe.

Die Ehrenamtlichen bekommen für ihre Anliegen eine Bühne und im besten Fall neue Unterstützer.

Kita-Wettbewerb erreicht attraktive Zielgruppe

Im Jahr 2012 führte die Bank die "PSD Momente" durch. Hier waren es nicht die Sportvereine einer bestimmten Region, sondern Kindertagesstätten aus dem gesamten Geschäftsgebiet, die mit Spenden bedacht werden sollten. Die Herausforderungen für den Wettbewerb waren diesmal,

eine neue Zielgruppe anzusprechen, die regionale Wahrnehmung der Bank vor Ort zu stärken,

öffentlichkeitswirksam über den Wettbewerb zu berichten und einen hohen Marketing-Äquivalenzwert zu erzielen,

mehr Besucher in die einzelnen Bankfilialen zu locken und den Vertrieb vor Ort mit einzubinden sowie

die Spenden sinnvoll und fair zu vergeben.

Ausgelobt wurden im gesamten Geschäftsgebiet der Bank insgesamt 22 000 Euro. Der Wettbewerb dauerte insgesamt vier Wochen. Entsprechend den Herausforderungen wurde er nach einem von der Social Value GmbH erstellten Konzept durchgeführt.

Zielgruppe Kindertagesstätten: Wie die Erfahrungen aus zahlreichen Spendenanfragen an die Bank zeigen, bekommen Kitas ausreichend Geld für Sanierungen und Bauvorhaben, jedoch nicht für Spielgeräte und Workshops. Insofern waren die Spendengelder hier sinnvoll platziert.

Darüber hinaus war die Kita-Zielgruppe für die Bank auch aus vertrieblichen Gründen interessant. Wo Kindergartenkinder spielen, freuen sich Eltern, Großeltern, Freunde und Bekannte. Junge Familien planen mitunter den Erwerb von Wohneigentum oder den Hausbau, also eine Baufinanzierung. Die Großeltern wollen ihren Enkeln etwas Gutes tun, also ein Sparbuch. Eltern zahlen ihrem Nachwuchs irgendwann einmal Taschengeld, also ein Girokonto.

Eventuell müssen später einmal Führerschein und Studium finanziert werden, also ein Ratenkredit. Die Kita-Zielgruppe, die letztlich mit den Spenden bedacht wurden, bezog sich insofern auf die Zielgruppe junge Familien und deren Umfeld.

Die regionale Wahrnehmung stärkte die PSD Bank an ihren einzelnen Standorten, indem sie nicht nur einen, sondern vier zeitgleiche, regional individuelle Wettbewerbe ausrief. Die Konzeption und Organisation übernahm, wie auch ein Jahr zuvor, die Social Value GmbH. Entspre

Tue Gutes und lass andere darüber reden

Tue Gutes und rede darüber beziehungsweise lass andere darüber reden. Die Spendensumme von 22 000 Euro nahmen regionale Zeitungen gerne zum Anlass, vom Wettbewerb zu berichten. Sie motivierten die hiesigen Kindertagesstätten zusätzlich, sich zu bewerben. Später wurden die Gewinner redaktionell verkündet.

Nicht nur im Printbereich, auch online wurde ohne den Einsatz eines klassischen Marketingbudgets ein enorm hoher Äquivalenzwert erreicht. 130 Kitas nahmen an den Wettbewerben teil. 119 000 eindeutige Besucher haben sich an den Onlineabstimmungen beteiligt und die Wettbewerbswebsites fast eine Million Mal aufgerufen. 21 Prozent aller Besucher kamen via Facebook, die Profile der 130 Kindergärten wurden auf dem Web 2.0-Kanal von mehr als 17 000 Personen weiterempfohlen. Die Social Media Reichweite war noch größer, bedenkt man, dass jeder Facebook-Nutzer im Durchschnitt 150 Freunde hat, bei denen der empfohlene Beitrag in dem News-Feed erschien.

Hoher Ansturm auf die Filialen

Mehr Besucher wurden in die einzelnen Filialen gelockt, indem jede Person, die an der Onlineabstimmung teilnahm, nach Klick auf ihren auserwählten Kindergarten einen Gutschein ausdrucken konnte, mit dem sie eine Butterbrotdose erhielt. Die Dosen waren im Corporate Design der Bank gebrandet und wurden gegen Abgabe des Gutscheins in den einzelnen Bankfilialen ausgegeben. An dieser Stelle wurde die Eigendynamik von viralen Marketingkampagnen ein wenig unterschätzt: Ein unerwartet hoher Ansturm auf die Filialen entstand. Die Brotdosen waren schneller als gedacht vergriffen und mussten nachbestellt werden. Die Marke PSD Bank Köln hielt so in Hunderte Haushalte Einzug.

Die Vertriebsmitarbeiter in den einzelnen Filialen wurden in den Wettbewerb eingebunden. Dank der Brotdosen kamen zahlreiche Besucher in die einzelnen Bankfilialen, denen die PSD Bank Köln bisher unbekannt war. Auch wenn die Mitarbeiter vor Ort nicht instruiert waren, Akquisegespräche zu führen, kamen sie dennoch mit den Gutscheinbesitzern ins Gespräch und stellten die Bank vor. Zusätzlich enthielten die Brotdosen jeweils einen Flyer, auf dem ein Sparplan für Kinder beworben wurde. Ein Besuch vor Ort, ein nettes Gespräch und eine positive Erinnerung können mit teuren Anzeigen nicht aufgewogen werden. Mit kleinem Budget wurde viral die Bekanntheit der einzelnen Filialen erhöht.

Die Spenden an die Kindertagesstätten wurden fair vergeben. Bank und Agentur war bewusst, dass es große und kleine Kindertagesstätten gibt. Gegenüber den großen Kitas, die Hunderte Kinder betreuen und in einem entsprechend großen Netzwerk den Wettbewerb bekannt machen konnten, hatten die kleinen Kitas geringere Chancen, in der Abstimmung zu gewinnen. Aus diesem Grund entschied man sich für eine Zweiteilung des Wettbewerbes. Den ersten Teil stellte die Onlineabstimmung dar. In den vier Regionen gab es jeweils einen ersten, zweiten und dritten Platz. Im Anschluss entschied eine Jury über die schönsten Projekte und Momente, also die "PSD Momente". Hier war Kreativität gefragt und keine Masse. Egal ob groß oder klein, jede Kita hatte dieselbe Chance. Auch hier wurden je Region drei Kitas ausgewählt. Zusätzlich gab es an jedem Standort zwei Sonderpreise.

Mit der Aufteilung des Wettbewerbs wurden nicht nur Fairness und Chancengleichheit geschaffen, sondern auch ein Marketingmehrwert für die Bank. In der Jury saßen neben dem Vorstandsvorsitzenden der Bank auch TV-Moderator Tom Lehel und Liedermacher Volker Rosin. Die Prominenz der Jurymitglieder verschaffte dem Wettbewerb und damit der Bank noch einmal große Aufmerksamkeit. Die Kombination aus Jury- und Publikumswettbewerb bewährte sich also.

Virales Marketing ist kein Selbstläufer

Die PSD Bank Köln eG ist nicht die einzige Bank, die den Nutzen von viralen Social- Media-Wettbewerben erkannt hat. Doch sie entwickelte aus einem kleinen, regionalen Wettbewerb ein Jahr später einen weiträumig angelegten Förderwettbewerb, bei dem sich die Ausdehnung mit Jurypreis und Frequenzbringer bewährt hat. Auch für 2013 hat das virale Wettbewerbsformat seinen Platz im Marketingmix gefunden. Dann werden gleich zwei Wettbewerbe durchgeführt: eine Wiederholung der "PSD Momente" sowie ein Wettbewerb, der das Rheinland als Karnevalshochburg in den Fokus stellt. Der "PSD Karnevalspreis" startete am 11. November 2012 und wird bis zum Ende der Session 2013 rund 1 500 Karnevalsgruppen im Geschäftsgebiet der Bank angesprochen haben.

Anders als in Ratgebern und Handbüchern oft propagiert, ist virales Marketing kein Selbstläufer. Vielmehr erfordert der Kommunikationsansatz eine zielgerichtete Planung und Umsetzung sowie eine kontinuierliche Wettbewerbsbetreuung für den gewünschten Erfolg.

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