Technik und Vertrieb

Responsive Customer Engagement: in Echtzeit auf Kunden reagieren

Eine Studie des Beratungsunternehmens Ernst & Young zeigte, dass 2010 über 24 Prozent der Kunden in Europa ihre Bank wechselten. Warum? Am stärksten entscheidet Service-Qualität über Zufriedenheit und Treue von Bankkunden. Guter oder schlechter Service macht demnach für die meisten Kunden den Unterschied zwischen einer guten und einer schlechten Bank aus. Weitere Faktoren, die einen Wechsel begünstigen, sind Komplexität der Dienste, Höhe der Gebühren oder das Produktangebot.

Die Analysten der Beratungsfirmen Capgemini und Bain bestätigen dieses Ergebnis. Eine weltweite Umfrage von Bain aus dem Jahr 2010 unter rund 90 000 Privatkunden ergab, dass Service das ausschlaggebende Kriterium für Privatkunden einer Bank sei. Banken mit einer hohen Zahl loyaler Kunden sind demnach erfolgreicher und refinanzieren sich günstiger. Bei Capgemini lag schlechte Servicequalität mit 55 Prozent ebenfalls ganz vorne als Grund für den Wechsel der Bank.

Zufriedene Kunden sind das Kapital einer Bank. Doch infolge der Finanzkrise haben die Banken an Vertrauen verloren, und die Kunden sind in ihren finanziellen Entscheidungen deutlich selbstbewusster gewor den. Letzteres wird auch durch den zunehmenden Wettbewerb unter den Banken gefördert. Neben den klassischen Filialbanken gibt es mittlerweile viele Direktbanken, die ihre Dienste online oder über Hotlines anbieten - und das zu günstigeren Preisen.

Gleichzeitig sind auch die Anforderungen der Kunden an den Service der Banken gestiegen. Sie erwarten nicht nur gute per sönliche Beratung, sondern zunehmend personalisierte Dienste und Angebote sowie schnelle Reaktion auf ihre Anfragen, etwa auf E-Mails oder Social-Media-Seiten wie Facebook. Auch Onlinebanking oder die Abwicklung von Bankgeschäften über das Mobiltelefon sind mittlerweile für viele Kunden selbstverständlich. Die Banken müssen daher umdenken und viel stärker auf die neuen Bedürfnisse der Kunden eingehen.

Interessante Ergebnisse brachte hier eine Studie des Beratungsunternehmens Accenture aus dem Jahr 2010, in der Führungskräfte aus dem Privatkundengeschäft von weltweit 35 Banken befragt wurden, darunter 26 der 100 global führenden Institute. Der überwiegende Teil der Bank-Entscheider (83 Prozent) sieht demnach seit Eintreten der Finanzkrise eine gestiegene Nachfrage nach "direkten" Kundenservices - online, via Telefon und mobil. Weitere Aufgaben liegen zudem in einer stärkeren Personalisierung von Bankdienstleistungen (49 Prozent) und einem speziellen Eingehen auf preissensible Kunden (44 Prozent).

Schnelle Reaktion ist gefragt

Die Banken müssen so schnell wie möglich auf das veränderte Umfeld reagieren, um die bestehenden Kunden an sich zu binden und neue Kunden zu gewinnen. Das haben auch die von Accenture befragten Banker erkannt. Als Basis für Kundenbindung durch besseren Service sehen sie verbesserte Instrumente zur Kundenanalyse (82 Prozent) und damit Kundensegmentierung, gut integrierte Servicekanäle (79 Prozent), personalisierte Angebote (68 Prozent) sowie innovative Technologien (53 Prozent).

Letztere sind vor allem wichtig, um die Aktionen und Bedürfnisse der Kunden zu analysieren, am besten in Echtzeit. Damit lassen sich alle Transaktionen des Kunden auswerten, sei es eine Abhebung am Geldautomaten, eine Online-Überweisung, Abbuchungen von der Kreditkarte oder eine Aktien-Order über das Mobiltelefon. Auch telefonische Anfragen des Kunden bei der Hotline, per E-Mail oder ein Kommentar auf einer Social-Media-Seite gehören dazu.

Bringen Banken all diese Informationen mit bestehenden Kunden-Daten (wie Geburtstag oder Beruf) oder persönlichen Vorlieben (Interessen, Hobbies) zusammen, können sie dem Kunden zum richtigen Zeitpunkt das richtige Angebot machen.

Personalisiertes Mikro-Marketing statt Massenmarketing

Das wäre dann Service am Kunden in Reinform. Damit dies gelingt, muss die Bank zunächst genau wissen, wer der Kunde ist, welche Bedürfnisse oder Probleme er hat und was die bestmögliche Lösung für ihn sein kann. Denn hohe Ser vicequalität und wirtschaftlicher Erfolg eines Unternehmens oder einer Bank hängen eng zusammen. Ziel ist es, den Kunden durch positive Erfahrungen über alle Vertriebs- und Kommunikationskanäle hinweg zu begeistern. Die Harvard Business School hat dafür den Begriff Customer Engagement geprägt.

Die Herausforderung für Banken besteht darin, dass sie ihren Kunden genau das richtige Produkt oder die passende Dienstleistung zum richtigen Zeitpunkt über den richtigen Kanal liefern - am besten unmittelbar durch die Analyse von Echtzeit-Daten. Dann erhält man Responsive Customer Engagement (RCE). RCE ist durch die Elemente Relevanz, Echtzeit und Aktualität geprägt.

Relevanz heißt, dass die Angebote, Nachrichten und Dienstleistungen der Bank gezielt auf die individuellen Bedürfnisse des Kunden zugeschnitten sind. Bei der Interaktion bezieht die Bank alle bekannten Informationen über den Kunden mit ein. Quellen sind dabei das CRM-System oder die Daten, die aus den aktuellen Interaktionen des Kunden am Geldautomaten, online oder über das Smartphone entstehen. Damit wird aus Massen-Marketing individuelles, personalisiertes Mikro-Marketing.

Reaktionen in Echtzeit

Echtzeit heißt, dass der Kunde die Antwort auf seine Anfragen, Beschwerden oder Bestellungen am besten sofort auf dem jeweils gewünschten Kanal erhält - und nicht erst Tage später per Post. Auch neue Bedürfnisse des Kunden, Marktveränderungen, externe Ereignisse oder aktuelle Marketing-Kampagnen der Wettbewerber müssen in Echtzeit erfasst werden. Banken sammeln im Laufe der Zeit in ihrem CRM-System eine Menge Informationen über ihre Kunden, die als Grundlage für richtige Entscheidungen dienen.

Doch neben der Historie geht es beim RCE auch darum, aktuelle Informationen zu berücksichtigen. Hat ein Kunde zum Beispiel sein Gehalt oder einen Bonus erhalten, kann die Bank ihm Informationen über Geldanlagen zuschicken.

Software schafft Transparenz

Basis für schnelle Reaktion und individuelle Angebote sind transparente Informationen über alle Aktivitäten und Transaktionen des Kunden. Dazu müssen die Banken Schnittstellen zwischen den bestehenden IT-Systemen schaffen - weg von Insellösungen hin zu einer ganzheitlichen Betrachtungsweise. Und sie brauchen Software, die sämtliche Aktivitäten der Kunden sowie die damit verbundenen Prozesse darstellt oder die Wirksamkeit von Kampagnen mit Hilfe von betriebswirtschaftlichen Kennziffern (KPI, Key Performance Indicators) in Echtzeit misst. Auch Werkzeuge zum Erstellen und Testen von neuen Kampagnen und Angeboten sind notwendig.

Ein Beispiel für eine derartige Lösung ist die Responsive Process Management (RPM) Suite von Progress Software. Sie bietet umfangreiche Funktionen zur detaillierten Analyse von Geschäftsprozessen, Transaktionen und sonstigen Aktivitäten der Kunden, um Trends und mögliche Risiken frühzeitig erkennen zu können. Mitarbeiter einer Bank sind damit beispielsweise in der Lage, alle Transaktionen ihrer Kunden zu verfolgen, unabhängig davon, ob diese an einem Bankautomaten, via Onlinebanking oder einem Smartphone getätigt werden.

Mit diesem Wissen können sie ihre Angebote individuell an den Kunden anpassen sowie den Erfolg der Kampagnen mit aussagekräftigen Key Performance Indicators messen. Eine Modellierungs- und Simulationsumgebung ermöglicht es Banken, neu entworfene Geschäftsprozesse und Angebote zu testen und anzupassen, bevor sie in den produktiven Betrieb übergehen. Sie können damit ihren Kundenservice erheblich verbessern.

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