bank und markt Analyse: Droht eine Kreditverknappung?

Der regionale Blick: Finanzierungsbedingungen deutscher Unternehmen

Thüringen: Unternehmer beklagen höhere Zinsen und Risikozuschläge

Von Gerald Grusser - Wichtige Bereiche der Thüringer Wirtschaft leiden zunehmend unter Finanzierungsproblemen. Auch wenn keine flächendeckende oder branchenübergreifende Kreditklemme existiert, verschärfen sich die Probleme. Hohe und steigende Finanzierungskosten beklagen vor allem Unternehmen aus der exportstarken Industrie, wie zum Beispiel dem Fahrzeugbau, den Metallerzeugern, der chemischen Industrie und dem Maschinenbau. Hinzu kommt, dass mittlerweile auch industrienahe Dienstleister zunehmend von verschlechterten Kreditkonditionen berichten.

Die Finanzierungsprobleme konzentrieren sich dabei insbesondere auf steigende Anforderungen bei Sicherheiten sowie Kreditzinsen. Es ist auffällig, dass Kreditablehnungen eher kleinere Unternehmen erfahren. So ist zu beobachten, dass sich die Wirtschaft in Unternehmen mit "verbesserten" und Unternehmen mit "verschlechterten" Finanzierungsbedingungen trennt.

Notenbankzinssenkungen werden bei guten Bonitäten weitergegeben

Angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Situation vieler Betriebe beläuft sich der Anteil der Unternehmen mit schlechteren Kreditkonditionen laut einer Umfrage der Industrie- und Handelskammer Erfurt inzwischen auf 32 Prozent. Bei 36 Prozent der Befragten sind die Zinsen gestiegen. Acht Prozent der Unternehmen konnten derzeit hingegen bessere Bedingungen aushandeln - ein deutliches Zeichen, dass die Kreditinstitute bei guten Bonitäten die Notenbankzinssenkungen durchaus weitergeben. Mehr als jeder zweite Unternehmer berichtet von unveränderten Kreditkonditionen.

Etliche Banken sind angesichts der schwachen Auftrags- und mittlerweile auch schwachen Umsatzlage nur sehr zögerlich bereit, Liquidität zur Verfügung zu stellen. Es werden immer höhere Anforderungen an Sicherheiten gestellt oder die Banken bewerten vorhandene Sicherheiten geringer als zuvor. Auch hier tut sich also eine Scherenbewegung auf: Sicherheiten gewinnen immer mehr an Bedeutung und sind auf der anderen Seite immer weniger wert. Dies ist für viele Unternehmen ein Teufelskreis. 32 Prozent der Betriebe führen dies als Grund für die Verschlechterung ihrer Kreditkonditionen an. Gerade kleine Unternehmen bis 20 Mitarbeiter verfügen häufig nicht über ausreichend Sicherheiten.

Die Bonitätsprüfung war den Banken in Thüringen auch vor der Krise wichtig. Nicht nur die Unternehmen müssen nun aber aufgrund der instabilen Auftragslage kurzfristiger kalkulieren, sondern auch die Kreditinstitute. Prognosen über die individuelle Geschäftsentwicklung sind derzeit besonders schwer - das macht auch den Zugang zum KfW-Sonderprogramm für viele Betriebe so problematisch.

Fehlende Kreditversicherungen

Die Banken verlangen angesichts des risikovollen Umfeldes eine intensivere Dokumentation der wirtschaftlichen Tätigkeit der Unternehmen. 23 Prozent der Betriebe beklagen stärkere Dokumentationspflichten. 16 Prozent der Unternehmen berichten von längeren Bearbeitungszeiten - bei Liquiditätsproblemen für viele Betriebe durchaus eine ernstzunehmende Hürde. Engpässe in der Kreditversorgung zeigen sich nicht nur bei den Hausbanken. Die Angebotsverknappung bei Warenkreditversicherern gefährdet die Finanzierung ganzer Lieferketten. Rund jedes zehnte Unternehmen nennt fehlende Kreditversicherungen als wichtigen Grund für verschlechterte Kreditkonditionen.

Die gestiegenen Anforderungen an die Aufnahme von Fremdkapital stellen insbesondere auch Existenzgründer vor große Herausforderungen. Den Banken und Sparkassen liegt häufig keine Geschäftshistorie für die Einschätzung der Bonität der Unternehmen vor. Das gleiche betrifft innovative und forschende Unternehmen. Ihre Investitionsprojekte sind risikoreicher und der Erfolg nicht immer absehbar. Sie haben es in puncto Finanzierung aktuell deshalb besonders schwer.

Gerald Grusser ist Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Erfurt, Erfurt.

Schleswig-Holstein: Vermehrte Klagen über ungünstigere Kreditkonditionen

Von Lars Schöning - Eine aktuelle Umfrage der IHK Schleswig-Holstein hat ergeben, dass es keine generelle Kreditklemme in Schleswig-Holstein gibt. Aller dings zeigen die Ergebnisse, dass sich die Finanzierungsbedingungen für die Unternehmen in den letzten Monaten ver schlechtert haben. Bemerkenswert sind die Angaben der Unternehmen zu ihren Erfahrungen mit der Hausbank in Bezug auf die Kreditvergabe und die Kreditkonditionen: Neun Prozent der Unternehmen berichten in dieser Umfrage von verbesserten Kreditkonditionen und 57 Prozent der Unternehmen wissen von unveränderten Bedingungen zu berichten. Nur drei Prozent der Firmen sind in die prekäre Lage geraten, dass ihr Kreditwunsch abgelehnt wurde. Allerdings berichten 31 Prozent der Betriebe von mittlerweile verschlechterten Kreditkonditionen. Dieser Wert liegt höher als im Bundesdurchschnitt; dort gaben im Frühsommer 2009 bei einer Umfrage des DIHK zu den Kreditkonditionen nur 23 Prozent der Betriebe an, dass sich die Kreditkonditionen verschlechtert hätten.

Spreizung des Kreditmarktes

Die auch bundesweit feststellbare verstärkte Spreizung des Kreditmarktes in Unternehmen mit verbesserten und verschlechterten Kreditkonditionen wird größer - vor allem in Schleswig-Holstein. So liegt der Saldo aus dem "verbessert"-Anteil minus den Anteilen aus "allgemein verschlechtert" und den Kreditablehnungen laut dieser Umfrage bei minus 25 und damit deutlich höher als im Bundesdurchschnitt (Ergebnis der DIHK-Befragung im Frühsommer 2009: minus 16). Dies ist aus Sicht der IHK Schleswig-Holstein alarmierend, zeigt dieser Wert doch die erschwerten Finanzierungsbedingungen der Betriebe ganz deutlich auf. Aber von einer Kreditklemme zu sprechen, rechtfertigen die Ergebnisse der Befragung aus Sicht der IHK aufgrund der sehr geringen Zahl von abgelehnten Finanzierungsvorhaben nicht. Schaut man sich die Gründe für die Verschlechterung an, so werden hier höhere Dokumentationsanforderungen, höhere Anforderungen an Sicherheiten beziehungsweise Neubewertung von Sicherheiten und schlechtere Konditionen von den Unternehmen genannt.

Verbesserungsbedarf gibt es vor allem bei der Beratung über Finanzierungshilfen und Fördermittel. Diesem Informations- und Beratungsbedürfnis der Betriebe kommen die IHKs in Schleswig-Holstein schon heute mit einem umfangreichen Internetangebot, Broschüren, Veranstaltungen sowie individuellen Beratungen nach: Die IHKs werden aber vor allem im zweiten Halbjahr 2009 und auch im kommenden Jahr 2010 noch intensiver zu diesen Themen informieren und beraten.

Die befragten Banken und Sparkassen gaben an, dass vor allem die bürokratische Antragstellung und die lange Bearbeitungsdauer bei Förderinstituten bei der Inanspruchnahme von Fördermitteln hinderlich sind. Nach Erfahrung der IHK und laut Aussage der Banken bezieht sich diese Aussage vor allem auf haftungsfreigestellte Betriebsmittelkredite der KfW.

Ein gutes Signal ist es, dass bei der Frage nach der Aufstockung bestehender Engagements von den Banken und Sparkassen angeben wurde, dass es neben der Bonität vor allem auf die Zukunftsaussichten des Unternehmens und die Unternehmerpersönlichkeit ankomme. Beide Faktoren können direkt beeinflusst werden und sind somit steuerbar für die Betriebe. Hieraus ergeben sich auch für Unternehmen in schwieriger Situation, die aber insgesamt auf ein zukunftsweisendes Geschäftsmodell verweisen können, trotz allem Chancen auf eine erweiterte Finanzierung.

Lars Schöning ist Federführer Existenzgründungen, IHK Schleswig-Holstein, Lübeck.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X