Mitarbeiter

"Wettlauf um qualifizierte Köpfe"

Nicht nur die Banken stehen mit dem Rest der Wirtschaft seit Jahren im harten Wettbewerb um qualifiziertes Personal (siehe auch Beitrag Friedrich-Wilhelm Graf von Pfeil), sondern auch die anderen Branchen untereinander registrieren nach einer turnusmäßigen Umfrage des DIHK einen Fachkräftemangel wie er seit sechs Jahren nicht mehr gemessen wurde. Zwar stammen die Zahlen der empirischen Studie noch aus dem Herbst vergangenen Jahres, doch selbst wenn sich einige der aufgezeigten Entwicklungen im Zuge der anhaltenden Finanzmarktkrise ein wenig abgemildert haben sollten, lassen sich aus Sicht der Wirtschaft doch Tendenzen mit langfristigem Charakter beobachten, die ein rasches Gegensteuern erfordern.

Fachkräftemangel in der Exportindustrie

Der Erhebung zufolge sieht der DIHK den aktuellen Beschäftigungsaufbau am Standort Deutschland zunehmend durch Fachkräftemangel gebremst: Ein Drittel der Unternehmen gibt an, offene Stellen zumindest teilweise nicht besetzen zu können. Im Herbst 2005 waren das nur 16 Prozent der Betriebe. Mit Abstand die größten Schwierigkeiten, geeignetes Personal zu finden, registriert die Studie in der Industrie (rund 40 Prozent), bei Dienstleistungen sind es ein Drittel und im Baugewerbe beziehungsweise im Handel 27 und 22 Prozent der Unternehmen. Besonders betroffen ist die Exportindustrie: Über 60 Prozent der Maschinenbauer etwa (unter den Werkzeugmaschinenbauern gar knapp zwei Drittel) können zumindest einen Teil ihrer offenen Stellen nicht besetzen. Kaum weniger problematisch wird die Situation im Bereich der Elektrotechnik eingestuft. Weit über 50 Prozent der Betriebe suchen hier vergeblich nach passenden Bewerbern. Im Kraftfahrzeugbau, in der Medizintechnik und Metallerzeugung sowie in der pharmazeutischen Industrie hat knapp die Hälfte der Unternehmen Schwierigkeiten bei der Stellenbesetzung.

In der Dienstleistungswirtschaft haben Reinigungsdienste (43 Prozent) sowie jeweils nahezu die Hälfte der Gesundheits- und IT-Dienstleister Probleme, geeignetes Personal zu finden. Am häufigsten sind es in diesem Wirtschaftszweig jedoch Zeitarbeitsunternehmen, die vergebens nach geeigneten Kandidaten suchen: Mit 90 Prozent der Unternehmen, die über Fachkräftemangel klagen, sind die Schwierigkeiten bei der Stellenbesetzung in keiner anderen Branche so ausgeprägt wie hier.

Gemessen an der fachlichen Ausrichtung fehlt es den Unternehmen zurzeit an passenden Bewerbern in technischen Berufen - und das unabhängig von deren Qualifikationsniveau: 54 Prozent der Unternehmen - in der Industrie beziehungsweise Bauwirtschaft sogar 83 und 76 Prozent berichten von einem entsprechenden Mangel an Ingenieuren und Fachleuten in sonstigen technischen Berufen. Metallerzeuger und -bearbeiter, der Maschinenbau und Werkzeugmaschinenbau sowie der Fahrzeugbau sind hier die am häufigsten betroffenen Branchen.

Rund 30 Prozent der Betriebe mit Stellenbesetzungsproblemen bemühen sich vergeblich um Arbeitnehmer für kaufmännische Berufe. Etwas mehr als ein Viertel der Unternehmen hat Schwierigkeiten, Arbeitnehmer in Serviceberufen zu finden. Bei Kandidaten für juristische Berufe treten der Studie zufolge kaum Schwierigkeiten einer Stellenbesetzung auf. Jenseits der Berufsfeldbetrachtung zeigt sich, dass es derzeit über alle Qualifikationsniveaus hinweg an Fachkräften mangelt. Absolventen der beruflichen Aus- und Weiterbildung werden über die Breite der gewerblichen Wirtschaft sogar stärker gesucht als Kandidaten mit akademischem Abschluss. Gleichwohl fehlen in wichtigen, insbesondere innovativen Branchen vergleichsweise viele Akademiker.

Um zukünftigem Fachkräftemangel zu begegnen, setzen die Unternehmen vor allem auf mehr Aus- und Weiterbildung: Knapp 60 Prozent der Betriebe geben an, in der Zukunft vermehrt selbst auszubilden. Über die Hälfte der Unternehmen will als Reaktion auf den Mangel an Fachkräften künftig ihr Engagement in der Weiterbildung ausbauen. Knapp 30 Prozent der Betriebe - und damit fast doppelt so viele als im Herbst 2005 - planen, mit Blick auf zukünftigen Fachkräftemangel, vermehrt ältere Arbeitnehmer zu beschäftigen beziehungsweise einzustellen. 15 Prozent der Unternehmen geben an, als Reaktion auf Fachkräftemangel die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtern zu wollen. Elf Prozent der Unternehmen wollen als Reaktion auf Fachkräftemangel künftig nach Arbeitskräften im Ausland suchen.

Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, plädiert der DIHK für eine Gesamtstrategie mit drei Hauptzielrichtungen: ein besseres Ausschöpfen des vorhandenen Erwerbspersonenpotenzials, erhöhte Bildungsanstrengungen und eine Erleichterung der Zuwanderung ausländischer Fachkräfte. Die Bereitschaft der Wirtschaft, verstärkt auf ältere Arbeitnehmer zurückzugreifen, will er keinesfalls durch die vereinbarte Verlängerung des Bezugs von Arbeitslosengeld für Ältere gebremst sehen. Positiv begleitet werden vom DIHK Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf und damit stärkerer Ausschöpfung der Erwerbsbeteiligung qualifizierter Eltern. Hier kommt es aus Sicht des DIHK nicht nur auf einen zügigen Ausbau der Kinderbetreuung an, sondern - insbesondere was die Öffnungszeiten der Einrichtungen anbelangt - auch auf eine stärkere Flexibilisierung der Angebote.

Plädoyer für die duale Berufsausbildung

Gestärkt sehen will die Spitzenorganisation der 81 deutschen IHKs die duale Berufsausbildung, indem man noch mehr Unternehmen dafür gewinnt, auszubilden. Am Ende dieser Phase solle wie bisher eine öffentlich-rechtliche Prüfung stehen, die bundesweit anerkannte Qualität und damit Mobilität der Fachkräfte garantieren soll. Um generell der Weiterbildung und Qualifizierung auf der politischen Agenda einen höheren Stellenwert zu sichern, setzt sich der DIHK für eine Erhöhung der Weiterbildungsbeteiligung ein. Zudem wird eine hohe Einstufung der - auf Praxisnähe und berufliche Handlungskompetenzen ausgerichteten - Weiterbildungsabschlüsse der beruflichen Bildung (zum Beispiel Meister, Fachwirte) gefordert.

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