Blickpunkte

Preispolitik - Widerstand gegen "Volumenmodell"

Bei kaum einem Bankprodukt sind die Deutschen so preissensibel wie beim Girokonto. Das musste unlängst auch die Taunus Sparkasse erfahren, die es in ihrem Geschäftsgebiet doch eher mit einer zahlungskräftigen Klientel zu tun hat. Nach zehn Jahren hatte das Institut seine Kontomodelle überarbeitet und damit einen öffentlichen Aufschrei produziert. Denn mit den neuen Paketen wurden zwar die monatlichen Pauschalen gesenkt. Dafür aber fallen für die einzelnen Buchungsposten teilweise kräftige Gebühren an. Beim "Klassik-Konto" sind das 25 Cent für jede beleglose Buchung, also unter anderem auch für Überweisungen am SB-Terminal, für Lastschrifteinzüge und sogar für Kartenzahlungen. Für beleghafte Zahlungen werden 95 Cent berechnet. Auch weiterhin gibt es ein All-inklusive-Angebot. Der Preis von 7,95 Euro pro Monat entspricht dabei jedoch einer Preiserhöhung um 160 Prozent. Heftige Kundenreaktionen konnten da nicht ausbleiben.

Grundsätzlich ist der öffentliche Aufschrei, wenn ein regionales Kreditinstitut Filialen schließt oder Preise anhebt, nicht überzubewerten. Das ist eine natürliche Reaktion auf die Änderungen am Vertrauten. Im Fall der Taunus Sparkasse ging das öffentliche Echo jedoch über das normale Maß hinaus - in der Tagespresse wie auch den sozialen Medien hielt sich die Diskussion wochenlang.

Die Aufregung ist auch verständlich: Viele Kunden, die bisher das "Konto de luxe" inklusive Kreditkartendoppel in Gold hatten, müssen künftig auch beim Komplett-Paket die Zusatz-Kreditkarte und natürlich auch das Upgrade auf die Gold-Variante separat bezahlen. Daraus ergeben sich kräftige Preissteigerungen. Die meiste Kritik entzündet sich jedoch am Klassik-Konto, bei dem der Wechsel zum nutzungsabhängigen Preis kritisiert wird. Dass dieser Ansatz als "Volumentarif" oder "70er-Jahre-Preismodell" kritisiert wird, darf als Indiz dafür gelten, dass sich ein solches Preismodell heute kaum noch mit dem Flatrate-Gedanken verträgt, ebenso wenig wie mit der immer wieder eingeforderten Transparenz: Wie viel ihn das Girokonto tatsächlich kostet, erfährt der Kunde erst nach der monatlichen Abrechung. Gerade Kartennutzer könnten hier eine böse Überraschung erleben. Hier wäre eine Preisanpassung im Rahmen der bestehenden Kontomodelle vermutlich geschickter gewesen.

Pikant wird das Thema vor allem mit Blick auf das Thema Kartenzahlung: Obwohl die Kreditkarte beim Klassik-Konto mit 24 Euro in der Classic- und 60 Euro in der Gold-Variante bepreist wird, wird jede Abbuchung der Monatsrechung als beleglose Buchung mit 25 Cent berechnet. Gleiches gilt für Zahlungen mit der Sparkassen Card. Das ist vor dem Hintergrund der regulatorischen Eingriffe in die Ertragssituation im Kartengeschäft zweifellos nachvollziehbar. Mit dem von der Kreditwirtschaft immer wieder thematisierten "War on cash" verträgt es sich aber schlecht: Wenn die Bargeldversorgung am Sparkassen-Geldautomaten gebührenfrei ist, die Kartenzahlung hingegen 25 Cent kostet, muss es niemanden überraschen, wenn die Kartennutzung stagniert oder gar zurückgeht. Der Versuch, wegbrechende Erträge an anderer Stelle zu kompensieren, könnte also leicht nach hinten losgehen.

Und das gilt nicht nur für das Thema Karte. Sicher bleibt es abzuwarten, wie viele der nun aufgebrachten Kunden letztlich wirklich ihre Kontoverbindung aufkündigen. Die sozialen Medien machen den Umgang mit den Unzufriedenen aber gewiss nicht einfacher. Auch früher schon war es üblich, dem einen oder anderen Kunden entgegenzukommen, wenn er nur überzeugend genug mit der Auflösung seiner Kontoverbindung drohte. Mittlerweile wird eben diese Praxis auf Facebook als Tipp ungleich weiter verbreitet, als dies vor dem Aufkommen der sozialen Medien der Fall war. Das könnte zur Folge haben, dass der Anteil derjenigen Kunden, denen Sonderkonditionen eingeräumt werden, ein deutlich höheres Ausmaß annimmt als bisher. Und das macht die Steuerung des Geschäftsfelds Zahlungsverkehr gewiss nicht einfacher. Red.

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