Aus der Finanzwerbung

Aus der Marken- und Werbeforschung: Werbung - Sprechende Zugfenster

Noch streiten sich Marktforscher über die Akzeptanz von TV- oder Online-Werbung, da geht die Werbeindustrie längst einen Schritt weiter. "Bone Conduction" heißt eine neue Technologie, mit der Fenster in öffentlichen Verkehrsmitteln zu sprechenden Werbeträgern mutieren sollen. Mit Hilfe eines kleinen Senders werden hierzu Vibrationen des Fensters erzeugt.

Sobald ein müder Fahrgast zum Ausruhen seinen Kopf an die Scheibe lehnt, werden die Schallwellen über den Schädelknochen direkt an das Innenohr geleitet. Der Fahrgast hört also in seinem Kopf eine Werbung, die für andere Mitreisende ohne Kontakt zur Scheibe unhörbar ist.

Die Idee dazu stammt von BBDO Germany, die das Konzept für Sky Deutschland entwickelt und in München und Aachen bereits getestet hat. Die Rückmeldung der Passagiere war offenbar positiv - die Kommentare auf das Youtube-Video dagegen skeptisch.

Keine Frage: Innovativ ist diese Form der Werbung zweifellos. Das mag auch die positive Reaktion der Fahrgäste in den Testgebieten erklären. Sollte sich die "Bone Conduction" aber durchsetzen, könnten die Adressaten der Werbung sehr schnell genervt reagieren, wenn sie bei der Zugfahrt nicht mehr zur Ruhe kommen. Statt eines positiven Imagetransfers ist ein öffentlicher Aufschrei bis hin zum "Shitstorm" in den sozialen Medien nicht unwahrscheinlich, wenn Reisende das Gefühl haben, sich der Werbung nicht mehr entziehen zu können. Kommentare im Internet kritisieren schon jetzt den Eingriff in die Privatsphäre.

Einziger Ausweg wäre dann der Griff zum Taschenmesser, um den Draht, der die Daten vom Sender an die Scheibe übermittelt, zu durchtrennen. Das Vandalismus-Risiko wäre bei dieser Werbeform also vermutlich nicht unbeträchtlich, die Reichweite der Werbung wäre dann deutlich eingeschränkt.

Finanzdienstleister sind vielleicht gut beraten, sich bei dieser Werbeform erst einmal zurückzuhalten, leben sie doch vom Vertrauen ihrer Kundschaft. Und wer den müden Kunden mit Werbebotschaften belästigt, dem traut man vielleicht auch eine strenge Sorgfalt in Sachen Datenschutz bald nicht mehr zu. Red.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X