Neue Medien im Vertrieb

"Learning Nuggets" erreichen Führungskräfte und Kunden

Videos können live in Webinaren, aber auch als Aufzeichnungen in Seminaren, Workshops und im klassischen E-Learning eingesetzt werden. Video-Konferenzen, Video-Chats, Video-Coaching und Experten-Interviews sind Möglichkeiten, die Vorteile des bewegten Bildes zu nutzen. Live-Sessions im Netz können aufgezeichnet und als Video-Archiv zur Verfügung gestellt werden. Obwohl uns bewegte Bilder heute in allen Kontexten begegnen, überrascht die breite Palette an Video-Formaten immer wieder. Sie umfasst Erklärvideos und Kurzfilme auf der Grundlage von Interviews oder Short Stories. Die Rede ist von der virtuellen Kamera, von kinetischer Typografie, von virtuellen Bühnen, von Papier-Legetrick-Techniken, Screencaptures und natürlich Realfilmen.

Diese Bewegtbild-Formate haben oftmals den Vorteil, dass sie Plattform-unabhängig eingesetzt werden können. Viele Unternehmen integrieren sie deshalb in ihre Mobile-Learning-Angebote und beziehen so mobile Endgeräte gleich in ihre Bildungs- und Kommunikationskampagnen ein. Andere aktivieren ihre Mitarbeiter, mit eigenen Beiträgen ihre Sicht der Dinge festzuhalten und mit anderen zu teilen.

Video bestimmt Nutzungsgewohnheiten

Längst dominiert Video das Web, bestimmt unsere Nutzungs- und Sehgewohnheiten. Auch in der Wissensvermittlung und Weiterbildung hat diese Entwicklung längst Spuren hinterlassen. Der damalige Hedgefonds-Analyst Salman Khan begann 2006 kleine Lehrfilme auf Youtube abzulegen. Er gab so seiner Cousine Nachhilfe in Mathematik und hat eine Lawine losgetreten. Bis heute hat er über 4 000 kurze Video-Lektionen entwickelt, die Khan Academy gegründet und so viel Zustimmung und Kapital erhalten, dass er sich nur noch der Weiterentwicklung seines Bildungsangebots widmet. Salman Khan war es auch, der 2011 seine Idee auf einer TED-Konferenz in Long Beach vorstellte. Dort trat auch Sebastian Thrun auf und war begeistert. Er war maßgeblich an der Entwicklung der "self driving cars" und der "Google Glass" beteiligt, hatte zu diesem Zeitpunkt eine Stanford-Professur inne und entschied sich im Anschluss zusammen mit einem Kollegen Peter Norvig, seinen Kurs über Künstliche Intelligenz als offenes Online-Angebot auszuschreiben. 160 000 Interessierte meldeten sich in kurzer Zeit an.

MOOCs - der neue Hype

Mit ihm begann die Welle an Massive- Open-Online-Courses, kurz MOOCs, die bis heute anhält und längst auch in Deutschland angekommen ist. Im Mittelpunkt aller MOOCs, die sich an Salman Khan und Sebastian Thrun orientieren, stehen kurze Videosequenzen, nur wenige Minuten lang, die jeweils eine abgeschlossene Sinneinheit zusammenfassen.

Vor diesem Hintergrund hat auch die Online Educa, eine der weltweit größten Bildungskonferenzen, die jedes Jahr in Berlin stattfindet, 2012 die Video Educa gestartet.1) In dieser Sektion dreht sich alles um den Einsatz von Videos in der Bildung: vom Equipment und den Tools, die man für die Produktion von guten Filmen benötigt, über die Regeln und Routinen, die bei Aufnahmen zu beachten sind, die konkreten Einsatzszenarien für die filmische Vermittlung von Inhalten, die Mediendidaktik also, bis zu den Sehgewohnheiten der "Net Generation". Von hier aus ist dann der Sprung zum "User-Generated-Content" nicht mehr weit. Das ist der Punkt, an dem Nutzer selbst die multimedialen Möglichkeiten ihrer mobilen Endgeräte einsetzen, um Inhalte zu entwickeln und mit anderen zu teilen.

Wer heute in der internen Kommunikation, im Marking und/oder der Weiterbildung für ein kritisches Thema sensibilisieren will, kommt am Medium Film beziehungsweise an bewegten Bildern nicht vorbei. Dass Filme und Bilder auf einer universalen Sprache aufbauen ist bekannt. Mit der Popularität von Plattformen wie Youtube, der Entwicklung immer neuer, kreativer Kurzformate sowie mit fallenden Entwicklungskosten und der Verbreitung technischer Standards ist Video zur wichtigsten "Online-Währung" geworden. Immer mehr Unternehmen und Organisationen setzen deshalb nicht nur auf bewegte Bilder, wenn sie Kunden und Investoren erreichen wollen. Auch Botschaften und Inhalte werden an ihre eigenen Mitarbeiter kommuniziert.

Auch die Schweizer Credit Suisse setzt schon länger auf die Wirkung bewegter Bilder. Bereits im Sommer 2009 entschied die damalige Business School der Credit Suisse (heute: Talent Acquisition & Development, TAD), zur Sensibilisierung ihrer Führungskräfte für kritische Führungsthemen, aber auch zur besseren Vermarktung ihrer eigenen Angebote, kurze Videofilme zu entwickeln. Daraus wurde eine Erfolgsgeschichte: Bis heute werden in regelmäßigen Abständen neue Folgen produziert.

Ihr Protagonist, "Paul", ist eine bekannte Figur, und die Kurzfilme sind mittlerweile sogar auf dem Youtube-Kanal der Credit Suisse zu sehen.2) Auch das Format hat sich ständig weiterentwickelt: Was als einfache Stop-Action-Animationen mit Papierausschnitten, Text und einer bewegten Hand begann, entsteht heute vollanimiert und mit zusätzlichen Effekten am Computer.

Zielgruppe Führungskräfte

Die einzelnen Folgen dieser Soap sind in der Regel zwischen drei und vier Minuten lang. Sie werden unter dem Titel "Management in a Nutshell" im Intranet der Bank veröffentlicht. Die Themen der Videofilme lauten unter anderem Motivation, Talents und Retention, Leading Millennials und Change. In jeder Folge muss sich Paul, der Leiter der Filiale in Spring Valley, zusammen mit seinem Team mit einer Frage oder einem Problem auseinandersetzen. Die Dramaturgie der Kurzfilme führt meist zu einem kurzen Modell oder einer Regel, die mit dem Thema der Folge verbunden wird und einer Lösung durch das Spring-Valley-Team. Zielgruppe des Angebots sind vor allem bestehende und zukünftige Führungskräfte der Bank.

Kurzformat hat sich bewährt

Das Feedback auf das Format ist durchweg positiv. Pädagogen waren anfangs misstrauisch, als nach immer kürzeren Lerneinheiten gerufen wurde. Inzwischen ist es erwiesen, zum Beispiel die Kurzfilme Führungskräfte erreichen, die sonst kaum ein klassisches Web-based-Training bearbeiten würden. Solange sich alle im Klaren sind, was in vier Minuten vermittelt und erreicht werden kann, ist das in Ordnung.

Mit der Reihe "Management in a Nutshell" reagiert die Credit Suisse auf zwei aktuelle Entwicklungen:

- Das ist zum einen die wachsende Popularität von Videoportalen, allen voran Youtube. Sie hat dazu geführt, dass viele Mitarbeiter mit dem Medium Film vertraut sind und mit der entsprechenden Erwartung auch an die Weiterbildung herantreten.

- Und das ist zum anderen der Trend zu Kurzformaten, gerne auch "Learning Nuggets" genannt, mit denen das selbstorganisierte, informelle Lernen der Führungskräfte und Mitarbeiter unterstützt werden soll. Microlearning, wie es auch heißt, ist heute untrennbar mit dem Einsatz kurzer Videos verbunden.

Vor diesem Hintergrund hat sich die Credit Suisse früh entschlossen, die Videos nicht wie ihre Web-based-Trainings über eine interne Lernplattform zu verbreiten, sondern alle Kurzformate auf einem eigenen Kanal mit dem Titel "Learn How - Learn Now" zusammenzufassen und in verschiedenen Rubriken wie "Personal Effective ness", "Work & Life" und "Tools & Applications" zu präsentieren. Regelmäßig erscheinen hier neue Learning Nuggets, zu denen auch die "Management in a Nutshell"-Videos gehören. Das soll Lernen attraktiv machen und Neugierde für diverse Themen wecken. Darum ist auch der "Learn more"-Knopf am Ende eines jeden Nuggets so wichtig: Wenn das Interesse am Thema dann bei den klassischen Lernangeboten endet, freuen wir uns umso mehr.

Man sucht auf diesem Weg auch das direkte Feedback der Mitarbeiter, die die neuen Kurzformate bewerten, kommentieren und abonnieren können. Inzwischen sind die Kurzfilme der "Management in a Nutshell"-Serie auch ein fester Bestandteil des Mobile-Learning-Angebots der Credit Suisse.

Im nächsten Schritt interaktiv

Auch die Filme selbst mit ihrem Protagonisten Paul haben sich in den letzten Jahren stetig weiterentwickelt. Begonnen hat alles mit einfachen Strichzeichnungen, die auf eine weiße Fläche geklebt und mit Tempo und einer gehörigen Portion Humor dargestellt wurden. Zusätzlich sind nur die Stimme des Erzählers zu hören und seine Hand zu sehen, die mit einem Stift die einzelnen Zeichnungen verbindet und unterstreicht.

Dieser Stil wurde schrittweise weiterent wickelt: Von einfachem Schwarz/ Weiß hin zu detaillierteren Zeichnungen mit Farbelementen und weiter zu einem räumlichen Format, das mit der 3D-Illusion spielt. Im nächsten Schritt - so ist es geplant - wird das Video interaktiv werden und dem Nutzer die Möglichkeit geben, an der einen oder anderen Stelle in den Ablauf der Handlung einzugreifen.

Bessere Kunden qualifizieren

Mit dem Internet kam noch eine weitere Entwicklung: Die Endverbraucher sind mündiger geworden. Ihnen stehen nun Informationen zur Verfügung, die seiner Zeit nur Großkonzernen mit ausgefeilten IT-Systemen und Spezial-Know-how zugänglich waren. Der "informierte Kunde" weiß heute mehr, zum Beispiel welche Produkte es gibt, welches Produkt er genau möchte und was es kosten darf. Sie sind ihr "eigener Berater". Für die Händler und Dienstleister klingt das zunächst nach einer eher wenig positiven Entwicklung. Und tatsächlich hat es die Vertriebswelt umgekrempelt, und einige Spieler haben das Feld verlassen müssen.

Mit dem Internet stehen auch den Marketingexperten neue Tools zur Verfügung, um Kunden zu unterhalten und zu schulen. Und hier steckt großes Potenzial: Mittels "Customer Edut(r)ainment" können Kunden an ein Unternehmen, eine Marke, ein Produkt gebunden werden. In kurzen, emotionalen Videosequenzen erhält der Kunde Hinweise zu Nutzen und Zusammenhängen. Er lernt spielerisch und wird dabei noch unterhalten.

Die Beiträge vermitteln dem Empfänger Vertrauen durch Bildung in einer sympathischen Form. Denn das Teilen von Wissen gerade mit dem Kunden kann dessen Loyalität erhöhen. So kann ein informierter Kunde zu einem besseren, treueren Kunden werden. Und das Unternehmen kann sich positiv aus der Masse der meist kaum vergleichbaren Angebote oder Unternehmenswerte hervortun.

Beispiel Erklärvideos

Bekannte und beliebte Beispiele sind kurze Erklärvideos (oder Online-Demos), die komplexe und teils abstrakte Zusammenhänge anschaulich und in weniger als zwei Minuten verständlich erklären. So bewirbt die Credit Suisse ihre Online-Banking-Angebote für Endkunden auch mit Erklärfilmen. Praxisnahe Beispiele zeigen etwa den Umgang mit einem SMS-Transaktionssignierungsverfahren anschaulich auf. So bekommt der Kunde eine verständliche Darstellung von konkreten Sicherheitsleistungen im Online-Banking des Instituts aufgezeigt.3) Laut einer Studie von Forrester Research aus dem Jahr 2009 entspricht eine einzige Videominute 1,8 Millionen Worten. Erstaunlich, was das Medium Film in kürzester Zeit für eine Vielzahl an Informationen transportieren kann. Laut der kanadischen Videoanimations-Firma Switch Video kann die Conversion Rate um bis zu 20 Prozent gesteigert werden, wenn die Geschichte ansprechend gestaltet ist und Video-, Audio- und Bewegungselemente harmonisch ineinander fügt.

Customer Edutainment

Vor allem dort, wo die praktische Umsetzung oder Anwendung eines Sachverhalts im Vordergrund steht, oder für die Darstellung eines Prozesses, der zeigt, wie einzelne Schritte aufeinander aufbauen, ist ein Video sinnvoll eingesetzt. Gerade für komplexe Sachverhalte wie Finanzdienstleistungen oder Bank-Produkte können Customer Edut(r)ainment Videos eine gute Alternative sein. Für die vielen verschiedenen Video-Formate gibt es kaum noch Grenzen. Schließlich sind auch das Screencasting - die Simulation einer Softwareanwendung - oder die Animation eines Produktionsschrittes am Bildschirm letzten Endes Bewegtbilder.4)

Fußnoten

1) www.online-educa.com/video-educa.

2) www.youtube.com/user/creditsuissevideos.

3) https://www.credit-suisse.com/ch/privatkunden/onlinebanking/de/directnet/support/support.jsp.

4) Weitere Beispiele: www.hq-knowmotion.com.

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