Blickpunkte

Anlageberatung - Wirklich nur blamabel?

Wie bereits im Vorjahr hat die Stiftung Warentest auch in diesem Jahr die Anlageberatung der Kreditinstitute unter die Lupe genommen und das Ergebnis mit "Die Blamage geht weiter" betitelt (Finanztest 8/2010). Das liegt weniger an der Qualität der Beratung, die ja eigentlich getestet werden sollte. Denn hier haben - mit Ausnahme der Deutschen Bank - alle getesteten Häuser besser abgeschnitten als im Vorjahr.

Dass die Verbraucherschützer dennoch sechsmal die Note "Mangelhaft" vergaben, hängt vielmehr an Formalitäten, nämlich dem zu laxen Umgang mit der Protokollpflicht. Allzu häufig wurden die Kunden vor der Anlageempfehlung nicht nach ihren finanziellen und persönlichen Verhältnissen, ihren Kenntnissen und Erfahrungen sowie den mit der Geldanlage verfolgten Ziele gefragt. Und in der Hälfte derjenigen Gespräche, in denen von Wertpapieren die Rede war, wurde kein Beratungsprotokoll ausgehändigt.

Eben dieser Kritikpunkt war es offenbar auch, der diesmal den ZKA - anders als sonst - zu einer Stellungnahme verlanlasste. Denn während man über die Beurteilung der Beratungsqualität anhand solcher Stichproben manchmal streiten kann, ist der Vorwurf eines mangelhaften Umgangs mit der gesetzlichen Protokollierungspflicht ein ernster.

So räumt der ZKA denn auch "offenbar noch deutlichen Nachholbedarf" bei der Handhabung von Protokollen nach einer Wertpapierberatung ein. Gleichzeitig wird aber auch darauf hingewiesen, dass die bloße Erwähnung von Wertpapieren, ohne dass ein konkretes Wertpapier empfohlen wurde, noch nicht zu einer Protokollierungspflicht führt.

Gar so ausgeprägt, wie es die Verbraucherschützer monieren, sind die Gesetzesverstöße der Bankberater demnach also wohl nicht. Dennoch zeigt die Diskussion, dass bei dem Thema noch einiges unklar ist. Vieles davon mag sich mit der Zeit einspielen. Andererseits sieht sich das Bundesministerium für Verbraucherschutz durch solche Vorwürfe, wie sie jetzt von Finanztest erhoben werden, zunehmend unter Druck gesetzt, eventuellen Unklarheiten durch eine neue, strengere Regulierung mit einheitlichen Vorgaben zu begegnen. Und eben das hatte die Kreditwirtschaft mit den bis jetzt ergriffenen Initiativen vermeiden wollen.

Als Konsequenz bleibt zunächst, im Zweifelsfall lieber auch dann ein Beratungsprotokoll zu erstellen, wenn es vielleicht nicht unbedingt zwingend erforderlich scheint, weil letztlich gar kein Wertpapier empfohlen wurde.

Ungeachtet aller möglichen Mängel bei der bisherigen Umsetzung der Protokollpflicht darf eines aber nicht vernachlässigt werden: Deren Ziel, nämlich eine bessere Beratung der Kunden zu erreichen, sollte beim Streit um die Formalitäten nicht in Vergessenheit geraten. Und diesem Ziel kommt die Branche offenbar näher, auch wenn da und dort das vom Gesetzgeber vorgesehene Stück Papier nicht ausgehändigt wurde. Dies ist ein Argument, das die Kreditwirtschaft bei Gesprächen mit dem Verbraucherschutzministerium durchaus in die Waagschale werfen darf. Red.

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