Gespräch des Tages

Sparkassen I - Verzerrungen

Der Präsident gab sich kämpferisch, wehrhaft, zufrieden und durchaus stolz, aber auch kritisch. Also ganz so, wie man es vom Vordenker der größten deutschen Bankengruppe erwarten durfte. Den noch 438 Sparkassen in Deutschland geht es gemessen an den gegenwärtig widrigen Rahmenbedingungen schließlich noch vergleichsweise gut, wenn auch keineswegs rosig. Zwar steht unter dem Strich für das abgelaufenen Geschäftsjahr 2008 in der kumulierten Gewinn- und Verlustrechnung wieder ein Milliardengewinn, von dem, wie deutlich betont wurde, gut eine Milliarde Steuern gezahlt wurden, aber natürlich gibt es auch in der S-Finanzgruppe an der Basis durchaus Besorgniserregendes. Der Zinsüberschuss ging angesichts der flachen Zinsstrukturkurve und des anhaltenden Preiswettbewerbs weiter zurück und liegt bei nur noch 1,96 Prozent der Durchschnittsbilanzsumme. Das "Unter Zwei" kann manch altgedientem Sparkassenmann schon die Kummerfalten auf die Stirn treiben. Der Provisionsüberschuss konnte das keineswegs kompensieren, sondern sank ebenfalls leicht auf 0,58 Prozent der DBS. Im Gegenzug stiegen die Kosten, und auch das Bewertungsergebnis legte zu und erreicht nun 0,58 Prozent der DBS, 0,09 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Und das, obwohl die Krise den Mittelstand noch gar nicht richtig erreicht hat. Wie soll das erst 2009 werden? Das Ergebnis nach Bewertung fällt in der Folge von 0,44 auf 0,25 Prozent der DBS. Kann man mit solchen Durchschnittswerten zufrieden sein? Der Sparkassenpräsident muss es sein. Mehr geht nicht.

Das alles aber vor allem auf Wettbewerbsverzerrungen durch Staatshilfen und unterlassene Hilfeleistung durch den SoFFin zu schieben, ist freilich viel zu einfach und entbindet die Sparkassen zumindest auf den ersten Blick zu leicht von nachhaltigen Verpflichtungen zur Verbesserung ihrer Strukturen. Denn natürlich sind viele der nun zutage tretenden Probleme hausgemacht - im wahrsten Sinne des Wortes. Die Prozesstiefe in den einzelnen Instituten ist immer noch viel zu groß. Die Ablehnung jeder zentralistisch anmutenden Einmischung in die eigene Geschäfts- und Produktpolitik natürlich auch. Es gibt daher weder eine richtige Antwort der S-Finanzgruppe zu den Themen Directbanking und Konsumentenkredit noch ist ein mobiler Vertrieb auch nur annähernd diskussionswürdig. Die Konsolidierung ist lediglich beim Thema Rechenzentren der der anderen Verbundgruppe, den Kreditgenossen, voraus. Doch was ist mit den Bausparkassen, den Versicherern, den Landesbanken? Was mit effizienzfördernden gemeinsamen Backoffice-Service-Zentren? Man mag es nicht. Doch man wird sich auch in der S-Familie an solche Gedanken gewöhnen müssen, um weitere Marktanteilsverluste in der Zukunft zu vermeiden. Der Bundesobmann jedenfalls hat recht, wenn er unter anderem ein zukunftsweisendes Innovationsmanagement auf Bundesebene anmahnt. Denn die ureigensten Sparkassendienstleistungen für Privatkunden und mittelständische Unternehmen werden inzwischen wieder von allen ins Visier genommen. Und auch wenn den Primären viele Mittel im Zuge der Krise zugeflossen sind und auch wenn sich durch den Zusammenschluss von Deutscher und Postbank und Commerzbank und Dresdner Bank viele Unternehmen eine weitere Bankverbindung suchen müssen - zu denken, es reicht mit einem "Weiter so", ist ein Irrglaube.

Wo sicherlich so schnell nichts passieren wird, ist das Thema Landesbanken. Denn dank der kräftigen Eigenkapitalnachbesserungen durch die Länder in München, Kiel oder Stuttgart ist eine Konsolidierung wieder weit weit entfernt. Das einer möglichen Ungleichbehandlung der Betroffenen durch den SoFFin anzulasten, ist nicht richtig. Denn selbstverständlich haben zunächst auch die Eigentümer der hauptsächlich unterstützten Commerzbank/Dresdner Bank ihren Beitrag geleistet, bevor es zu Staatshilfen kam. Die Allianz hat mehrfach und milliardenschwer ihre ehemalige Tochter Dresdner Bank aufgepäppelt. Bei der Commerzbank gibt es nun mal keinen solchen Großaktionär, der zur Kasse gebeten werden kann. Doch betroffen sind auch die vielen Kleinaktionäre - tagtäglich an den Börsen und gleich ob bei Commerzbank, Deutscher Bank, Postbank oder Hypo Real Estate. Es ist auch keineswegs die Schuld des SoFFin, dass sich die mit hervorragenden Bonitätsnoten ausgestatteten Bundesländer lieber und billiger am Kapitalmarkt mit Geldspritzen für die Landesbanken versorgen, als den teuren Zins der Bundesanstalt zu zahlen. Netter Nebeneffekt natürlich: Man hält auch den Bund bei der "eigenen" Landesbank außen vor. Das geht natürlich zulasten der Sparkassen, die solch gute Refinanzierungsmöglichkeiten nicht haben und nötige Eigenkapitalhilfen aus dem eigenen Säckel aufbringen müssen. Das können die meisten nicht mehr, sodass zwangsläufig eine Verwässerung ihrer Beteiligung an den Girozentralen die Folge ist. Doch ist das wirklich so ungewollt? Recht hat der Präsident, wenn er auf Missstände durch Konditionen deutlich über Marktpreis aufmerksam macht, die staatlich gefördert sind. Hier sollte die Bundesregierung, die schließlich in vielen Fällen auch als Eigentümer direkte Einflussmöglichkeiten hat, einschreiten. Doch bitte schön nicht in einer neuen Zinsverordnung, wie mancher sie noch aus den sechziger Jahren kennt. Hassis' Vorschlag: Man möge einen Preisrahmen in Form einer "zulässigen Spanne rund um den Marktzins" formulieren. Stellt sich nur die Frage, was zulässig bedeutet? Das Erkennen der Probleme ist gar nicht so schwer, das Beseitigen dagegen wird einiges Kopfzerbrechen und vor allem Zeit erfordern. Zeit, die der Wettbewerb den Betroffenen vor allem an der Basis aber nicht lässt.

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