Gespräch des Tages

Kreditgenossen - Auf dem Höhepunkt?

Den bayerischen Genossenschaftsbanken geht es gut, so gut wie kaum jemals zuvor. Zumindest wenn man das an den vorgelegten Zahlen für 2010 festmacht. Das Gesamtbetriebsergebnis stieg auf knapp 1,5 Milliarden Euro, was 1,22 Prozent der durchschnittlichen Bilanzsumme (DBS) entspricht. Das ist das beste Ergebnis der vergangenen 15 Jahre und natürlich eine Bestätigung und Beruhigung nach den Rückgängen 2006, 2007 und 2008. Die Zinsspanne liegt inzwischen bei stolzen 2,53 Prozent der DBS. Dass davon mit 0,82 Prozent der DBS ein unverändert großer Anteil aus dem risikoreicheren Bereich der Fristentransformation, dem Strukturbeitrag kommt, mag ein kleiner Wermutstropfen sein, sichert aber gute Ergebnisse und damit die Möglichkeit, aus einbehaltenen Gewinnen Eigenkapital aufzubauen und stille Reserven zu legen. Sorgen bereitet das den Verantwortlichen in Bayern wenig. Die Kosten befinden sich mit 1,99 Prozent der DBS auf einem historischen Tiefstand, die Aufwand-Ertrag-Relation ist mit 62,4 Prozent für ein Filialbankensystem durchaus vorzeigbar.

Der Wertberichtigungsbestand hat sich ebenfalls deutlich erholt, was zum einen der schnellen konjunkturellen Belebung, zum anderen den üppigen Vorsorgen in den Vorjahren, die teils nun wieder aufgelöst werden können, zu verdanken ist. Luft nach oben lässt noch die Provisionsspanne, die der Zurückhaltung der Privatanleger geschuldet lediglich 0,66 Prozent der DBS beträgt. Es passt zur Mentalität der Kreditgenossen, dass man sich über solche Ergebnisse zwar freut, aber nicht in Jubelgeschrei ausbricht. Präsident Stephan Götzl bremst jedenfalls gleich die Erwartungen, denn es könne in diesem Jahr kaum noch besser werden.

Die Welt könnte also so schön sein für die bayerischen wie auch die deutschen Kreditgenossenschaften insgesamt (siehe dazu auch Seite 360ff.). Und Stephan Götzl wäre nicht Stephan Götzl, wenn er nicht auch ein wenig poltern würde - im positiven Sinne versteht sich. Die Vielzahl der Reformen und Neuregelungen werde sich mittelfristig strukturell auf den deutschen Bankenmarkt auswirken. Das wolle aber in der Politik niemand so wahrhaben, und ein Drohpotenzial lasse sich auch nur schwer aufbauen, da es ein schleichender Prozess sei. Aber natürlich warnte der Präsident der bayerischen Genossenschaftsbanken vor englischen Verhältnissen mit nur einigen wenigen großen Banken, die den Markt unter sich aufteilen. Die Wettbewerbsverzerrungen durch staatlich gestützte Wettbewerber beschäftigen ihn ebenso wie die aus seiner Sicht ungleiche Behandlung der Risikoträger, beispielsweise durch die Bankenabgabe. Man müsse doch bitte schön das Verursacherprinzip anwenden. Und der Verbraucherschutz mit völlig übertriebenen Anforderungen führe nicht etwa zu besserer Beratung, sondern zu Beratern, die Angst vor den Kunden hätten. "Ich hätte nicht gedacht, dass ich mal ordnungspolitische Nachhilfe auch in bürgerlich geführten Bundesländern geben muss", so Götzl zu all dem.

Doch es gibt auch einige Entwicklungen auf regulatorischer Ebene, die Hoffnung machen. Der von den deutschen Berichterstattern im europäischen Parlament forcierte Widerstand gegen eine Vereinheitlichung der Einlagensicherungssysteme in Europa beginnt auch auf Ebene der EU-Kommission erste Früchte zu tragen. Vielleicht gelingt es den Deutschen doch noch, die Institutssicherungssysteme der Sparkassen und Kreditgenossenschaften als gleichwertig anerkennen zu lassen und somit teure Mehrfachbelastungen zu verhindern. Götzl sieht eine "reale Chance". In Sachen Basel III ringen die Genossenschaftsbanken um die Anerkennung des sogenannten Haftsummenzuschlags zum harten Kernkapital. Dabei handelt es sich um die vertraglich verankerte Nachschusspflicht auf die von den Mitgliedern gehaltenen Geschäftsanteile. Und man macht sich Hoffnung, dass man Erfolg haben könnte - doch ob das mehr als Hoffnung ist? Mit der Anerkennung der stillen Einlagen bei Sparkassen und Landesbanken und der Geschäftsanteile bei den Genossen ist der Baseler Ausschuss den deutschen Ausnahmen schon entgegengekommen.

Und trotzdem: Um die Kreditgenossen muss man sich mit Blick auf die deutsche Bankenlandschaft und ihre Zukunft sicherlich am wenigsten Sorgen machen. Das liegt an vernünftigen Strukturen des Verbundes, das liegt an bodenständigen Vorständen, das liegt an klaren Geschäftsmodellen und das liegt an vorsichtig und weitsichtig agierenden Präsidenten, egal ob auf Bundes- oder Landesebene. Da spielt es zunächst auch keine Rolle, ob das in einem oder in vielen Verbänden der Fall ist.

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