Gespräch des Tages

Sparkassen - Glückwunsch zum Jahr eins, aber ...

Seit einem Jahr nun leben und arbeiten die Öffentlichen Banken in
Deutschland ohne die direkte Staatsgarantie, ohne die
Gewährträgerhaftung und Anstaltslast als normativen Ausdruck der
Verbindung von Gemeinwesen, Gemeinwohl - und besonderen
Kreditinstituten. Die Sparkassen und - sehr kritische Beobachter
sagen: sogar - die Landesbanken haben dieses erste Jahr so gut
überstanden, dass an einer fortgesetzten Bewältigung dieser
Rahmenveränderung nicht zu zweifeln ist. Eigentlich ist es sogar ganz
einfach gewesen. Denn der hochgeschätzten Kundschaft, die den
Sparkassen in Deutschland an den schönen Volumina gemessen mehr
vertraut als allen anderen Bankinstituten, musste nicht erst aufwendig
beigebracht werden, dass "ihre" S-Konten, S-Sparbücher, S-Depots
künftig ohne zusätzlichen Lastenträger irgendwie unsicherer würden.
Für das Volk (und nicht nur für das niedere) sind die abgeschafften
Rechtsverhältnisse ohnehin viel zu abstrakt. Ihm (und nicht allein dem
niederen) genügt es allemal, dass hinter "Sparkasse" irgendwie und
allemal "der Staat" steht.
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Nein, überzeugt werden von der fortgesetzten Bonität Öffentlicher
Banken mussten lediglich (!) die Kapitalmarktagenturen, deren
Ratingnoten die Investoren dieser Welt als Grundlage für ihre
Konditionen sehen wollen. Und die Ratingleute haben doch auch gleich
gesagt, wie man sie ziemlich angemessen befriedigen könnte: mit
verbindlicherer Haftung einer S-Solidargemeinschaft, mit richtigen
Kapitalerhöhungen und sogar mit so etwas schlichtem, wie den Stillen
Einlagen des Staates. Und natürlich müssten vor allem die
Landesbanken, die einst so weitschweifenden, ihre (Risi-ko-)Bilanzen
in eine bessere Ordnung bringen. Aber dies ist doch auch schon am
Laufen gewesen, der Zeigefinger der Rater hat da nur noch
beschleunigt, was ohnehin nötig gewesen war.
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Glückwunsch also zum ersten Jahr "ohne"! Aber - vielleicht haben die
deutschen Sparkassen sich aus dem Gefühl des Es-ist-geschafft heraus
doch etwas zu früh zurückgelehnt. Denn die Gegner dessen, was wir "die
deutsche Sparkassenorganisation" nennen, sind mitnichten abgeschlagen.
Und das ist sogar sehr verständlich. Denn wer immer Bankgeschäft in
der Bundesrepublik betreibt, muss die Sparkassen als Störfaktor für
seinen wirtschaftlichen Erfolg empfinden. Ohne sie hätten "die
anderen" größere Volumina, stärkere Marktmacht, höhere Gewinne. Weil
es nun jedoch der vielfach erklärte politische Wille Deutschlands ist,
dass die Gemeinwesen selbst Banken betreiben, müssen die Gegner der
Sache geradezu zwangsläufig versuchen, das nationale Recht durch
supranationales Recht auszuhöhlen und schließlich zu brechen. Deshalb
wird "Brüssel" auf unabsehbare Zeit die Institution der Sparkasse in
Deutschland bedrohen. Es wird keinen Frieden geben.
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Die Öffentlichen Banken sind diesem Unfrieden nun schon seit Jahren
aus der Defensive heraus begegnet, vornehmer ausgedrückt: mit
abwehrenden Kompromissen, die im Prinzip aber immer den Charakter von
Zugeständnissen in sich trugen. Aller Wahrscheinlichkeit wird auch der
Kampf um den Namen Sparkasse so ausgehen. Heißt es deshalb vielleicht
bald "Kommunale Sparkasse", wenn man das schöne Wort Stadtsparkasse
oder Kreissparkasse nicht zur Gattungsmarke machen will? (Warum
eigentlich nicht. Denn dass die Deutsche Bank eine Stadtsparkasse
München betreibt, ist bestimmt verhinderbar.)
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Höchst unwahrscheinlich ist es jedoch, dass als Nächstes nicht der
völlig unhaltbare Zustand angegriffen wird, der es Öffentlichen Banken
erlaubt, jede Privatbank zu erwerben, den umgekehrten Fall aber per
Gesetz ausschließt. Dies stellt eine Blöße dar, die nicht sein müsste:
Denn wenn es nach deutscher Überzeugung das Allerwichtigste am
Sparkassenwesen ist, dass die feste Beziehung zur Kommune absolute
Priorität genießt, dann müsste doch dieses allgemeine Credo gar nicht
in den Sparkassengesetzen stehen. Sondern es brauchte eine Sparkasse
ihrer Kommune doch nur (!) derartig lieb und wert erscheinen, dass die
kommunale Willensbildung den Verkauf der eigenen Bank auf ewig als
völlig abwegig betrachtet. Politisch, nicht gesetzlich.
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Karl-Heinz Bentele hat das schon einmal so ähnlich für
Nordrhein-Westfalen ausgedrückt.

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