Gespräch des Tages

Mittelstandsfinanzierung - Es boomt überall

Es ist derzeit einfach kein Pessimismus zu finden. Zumindest der Mittelstand strotzt geradezu vor Energie. Zwar gab der zentrale Indikator des KfW-Ifo-Mittelstandsbarometers im März dieses Jahres aufgrund mit der Lage in Japan, Libyen und anderen arabischen Ländern assoziierten Risiken leicht gegenüber dem "Allzeithoch" im Februar nach. Gleichwohl sagen die führenden Wirtschaftsinstitute für 2011 einen anhaltenden Aufschwung voraus und erwarten eine Zunahme der Wirtschaftsleistung um 2,8 Prozent - im vergangenen Herbst hatte die Prognose noch bei 2,0 Prozent gelegen. Dass die Rede des Bundeswirtschaftsministers Brüderle beim 11. Sparkassenforum Deutscher Mittelstand einer wahren Lobeshymne glich, kann in diesem Licht wenig verwundern. Nicht zuletzt stellt der Deutsche Sparkassen- und Giroverband ebenso optimistisch fest, dass sich entgegen aller ursprünglichen Befürchtungen die Eigenkapitalquote der mittelständischen Unternehmen in Deutschland in der Krise weiter verbessert hat: Sie stieg laut DSGV- Beobachtungen seit 2007 von 11,7 auf zuletzt gemessene 15,6 Prozent an.

Der Mittelstand hat also Geld - und er steckt es in die Zukunft. Erfreulich dürfte dabei insbesondere sein, dass sich der Anteil der sogenannten Erweiterungsinvestitionen innerhalb eines Jahres auf 24,8 Prozent nahezu verdoppelt hat. Und die Banken? Die wollen vom gefühlten Potenzial natürlich in Form von zusätzlichen Ausleihungen profitieren. Auch wenn die Unternehmen derzeit noch viel aus eigenem Cash-Flow bestreiten, läuft die Kreditmaschinerie wie geschmiert, lassen etwa die Sparkassen durchblicken. Und das ist auch gut so, im antizyklischen Sinne wird es sogar höchste Zeit, denn der Aufschwung ist bereits im Gange. Bei all den positiven Entwicklungen mag es also etwas miesepetrig wirken, bereits vor möglichen Gefahren zu warnen. Und dennoch: Insbesondere der Gang in ausländische Märkte, der derzeit vielen Unternehmen volle Auftragsbücher beschert, bedarf einer gewissen Vorsicht. Dieses Jahr planen laut einer Mittelstandsumfrage von Creditreform knapp zwei Drittel aller deutschen Unternehmen ihren Exportanteil auszuweiten. Bulgarien, Rumänien, Kroatien und Bosnien, aber auch Russland, die Ukraine oder die Türkei heißen dabei unter anderem die Ziele. Als eine der maßgeblichen Eigenarten dieser Länder, das bestätigt auch die Studie, lässt sich dabei das Zahlungsverhalten ausmachen. Eine Zahlungsfrist von 30 Tagen, wie hierzulande üblich, dürfte in diesen Märkten jedenfalls wenig realistisch sein. Mit zunehmender Außenstandsdauer steigt aber auch das Ausfallrisiko. Gleiches ergibt sich bei der Insolvenz eines Geschäftskunden - und nicht überall geht es der Wirtschaft so gut wie hierzulande.

Auch aus Bankensicht läuft noch nicht alles rund. Etwa sei Basel III zu sehr auf die Regulierung großer, kapitalmarktorientierter Bankkonzerne zugeschnitten, mahnt der DSGV an. Einlagenstarke Kreditinstitute mit geschäftspolitischer Ausrichtung auf die regionale Wirtschaft - also gerade Sparkassen und Genossenschaftsbanken - würden über Gebühr belastet, wenn Mittelstandskredite nicht wie bisher im Standardansatz mit sechs Prozent Eigenkapital unterlegt werden müssen, sondern künftig mit knapp acht Prozent. Entsprechend müssten also die Kredite verteuert werden. Stattdessen fordert man eine Spreizung der Risikogewichte und damit des Eigenkapitalverbrauchs der Banken. So sollen die Quoten von Basel III theoretisch erhalten bleiben, Mittelstandskredite aber mit weniger Eigenkapital unterlegt werden müssen. Darüber hinaus sei die geforderte stärkere Fristenkongruenz zwar grundsätzlich zu begrüßen. Weil sich aber in Niedrigzinsphasen die Kunden eher kurzfristig binden, könnten langfristige Kredite dann nicht im notwendigen - und bewährten - Umfang vergeben werden. Jenseits des Finanzierungsgeschäfts gibt auch die bundesdeutsche Insolvenzstatistik noch keine endgültige Entwarnung (siehe Kreditwesen 2-2011). Und weil viele Unternehmer auch auf eigene Reserven zurückgegriffen haben, um die Kapitalbasis ihrer Unternehmen zu stärken, sind diese Puffer nun mitunter aufgebraucht oder zumindest geschmälert. Auch wenn das Geschäftsumfeld nicht in allen Aspekten ideal sein mag, darf das nicht darüber hinweg täuschen, dass sich die kleinen und mittelgroßen deutschen Unternehmen - wie auch viele ihrer großen Pendants - außerordentlich gut durch die Krise manövriert haben. Nun dürfen sie den Lohn für Kurzarbeit, Gehaltsverzicht und Durchhaltevermögen genießen. Bei vollen Auftragsbüchern, finanzierungswilligen Banken und - hoffentlich! einem weiterhin geschärften Risikobewusstsein auf allen Seiten bleibt dem Mittelstand vorerst also nur eines zu wünschen: Weiter so!

Noch keine Bewertungen vorhanden


X