Gespräch des Tages

Hypothekenbanken - Nachruf

Die Meldung war knapp. Die Commerzbank macht die "Hypothekenbank in Essen AG" zu. Das ist eine richtige, weil zügige Entscheidung. Nichts lässt die wahren Assets einer Bank, also Kunden und Belegschaft, schneller das Vertrauen, die Bindung und den Willen zum Geschäft verlieren, als eine offene Zukunft. Nun hat die Essen Hyp also nur noch eine Vergangenheit. Es ist keine schlechte. Und wenn in Nachrufen ganz allgemein sowieso nur das Beste über den Verblichenen berichtet werden darf - für Essen ist ein Stückchen Bewunderung auch im Nachhinein angebracht. Denn diese Bank an diesem Platz ist etwas Besonderes gewesen. Ihr Geschäftsmodell gründete auf dem Genius des überaus umtriebigen Schuldscheinhändlers Hubert Schulte-Kemper und dem Mut der Investorengruppe Schuppli.

Die Schupplis hatten schön früh erkannt, dass dank der ausgezeichneten Gattungsqualität des Produktes "Deutscher Pfandbrief" schon eine ganz kleine HBG-Hypothekenbank durch ihr Emissionsprivileg richtig große Geschäfte machen konnte - mit, grob gesagt, gekonnter Zinsspekulation. Denn alleweil im klassischen Kommunalkredit (wie der Handel mit öffentlichen Schuldscheinen recht verbrämt genannt wurde) gab es (gibt es) zwischen der Refinanzierung mit Kommunalschuldverschreibungen und der Anlage in Staatspapieren nur winzige Margen. Verkaufs- und Einkaufskurs sind im Tagespreis fast gleich. Aber man kann ja, wenn man's kann, hier wie dort immer ein bisschen darauf warten, dass die Unterschiede größer werden. Die Schupplis haben mit diesen Hypothekenbanken ohne Hypotheken gleich mehrfach hübsch Geld verdient, auch mit Neugründungen in Berlin und Düsseldorf immer nach dem gleichen Muster. Und sobald diese sehr speziellen Banken ein bisschen zu große Räder für ihr Eigenkapital drehten, wurden sie halt verkauft.

Dass die Essen Hyp in solcher Gesellschaft besonderen Erfolg hatte, lag ganz eindeutig an ihrem praktischen Alleinherrscher Schulte-Kemper. Er roch die Zinsentwicklung. Und weil er für das ganze Geschäft nicht viel mehr als einen Handelsraum brauchte, konnte er die Kosten extrem niedrig halten. Das freute die Commerzbank als endliche Konzernmutter gerade in den schlechten eigenen Jahren sehr, und das erboste die Konzernschwester Rheinhyp heftig. Die Essener "Spekulationsbude" hatte leider oft die besseren Vergleichszahlen. Mit wachsendem Geschäftserfolg entwickelte der Vorstandsvorsitzende der Essener Bank zudem ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein zu Lasten ehrwürdiger Berufskollegen. Aber: Schulte-Kempers Ehrgeiz reichte über die Bank hinaus. Er betrieb in Essen, für Essen ein Mäzenatentum, das vielleicht ab und zu etwas laut wirkte - der Stadt aber recht gut tat. Konzerte, Ausstellungen und sehr wohl erstklassige Kapitalmarktforen, alles "gemacht" von einer privaten Spezialbank und nicht von einer öffentlich-rechtlichen Institution, das war schon eine Menge des speziellen Engagements.

Es ist, cum grano salis, schade um Banken wie diese Essen Hyp. Aber das ist es auch schon für arg viele Privatbankiers gewesen, für nette Sparkassen und Genos gleich um die Ecke, für die BfG, die BHF, und, und ... Will es die pure ökonomische Vernunft wirklich nur so? K. O.

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