Gespräch des Tages

Genossenschaften - Richtige Tonlage gesucht

Schlafen die Verantwortlichen auf internationaler Ebene? Sie sollten endlich ihre Hausaufgaben machen und zur Stabilisierung des globalen Finanzgefüges eine Liste der systemisch relevanten Banken erstellen. Denn nur so lässt sich dem unverantwortlichen Geschäftsgebaren dieser Häuser mit zusätzlichen Eigenkapitalanforderungen ein Riegel vorschieben. Es ist ein Skandal, dass systemrelevante Banken von der Politik mit Milliardensummen gestärkt werden, die sie erst in die Lage versetzen, die genossenschaftlichen Ortsbanken am Markt mit wettbewerbsverzerrenden Kampfkonditionen zu bedrängen. Auch sonst macht es die Regierung nicht besser, etwa mit ihrem dilettantischen Vorschlag einer Registrierungspflicht für die Kundenberater der deutschen Kreditwirtschaft. Es geht nicht an, diese 300 000 ganz überwiegend völlig unbescholtenen Mitarbeiter mit einer erkennungsdienstlichen Erfassung zu stigmatisieren. Der Vorschlag zeugt nicht nur unter Kosten-/Nutzenerwägungen von einem völlig unterbemittelten betriebswirtschaftlichen Sachverstand. Sondern er verletzt auch in ungebührender Weise den Anspruch auf Gleichbehandlung mit den windigen Gesellen der freien Vertriebe, der Versicherungen oder anderen Disziplinen wie Private Equity, Hedgefonds- und Derivaten.

Wäre das bei der Berichterstattung 2010 die Diktion des Genossenschaftsverbandes Frankfurt zum Stichwort Regulierung gewesen, läge das in der Sache wohl gar nicht so furchtbar weit von den beabsichtigten Botschaften entfernt. Doch es ist ganz und gar nicht die Art, mit der Michael Bockelmann solche Themen in die Öffentlichkeit trägt. Auch nach gut einem Jahr an der Spitze des Frankfurter Verbandes pflegt der Präsident seinen Stil der leisen Töne, auch im edlen Wettstreit um die richtige Struktur der Regionalverbände. Seit der Kooperationsvereinbarung zwischen den Verbänden in Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen und Weser-Ems Mitte November 2010 gibt es in dieser Frage bekanntlich zwei Modelle zur zukunftsträchtigen Weiterentwicklung der Strukturen (siehe auch Beitrag Weinkauf Kreditwesen 2-2011).

Dass es damit ein "unausgesprochenes Wettrennen" um den richtigen Weg gibt, räumt Bockelmann zwar sehr wohl ein. Und er gibt sich vom eigenen Konzept auch voll überzeugt. Aber seine Argumente bleiben betont sachlich - kaum von Emotionen geprägt und frei von Polemik. Insbesondere in der Frage der Effizienzsteigerung (Vermeidung von Doppel- und Mehrfacharbeiten) hält er sein angestrebtes Konzept eines nationalen Prüfungsverbandes für klar überlegen. Und als viel zu kurzsichtig angelegt stuft er das Kooperationsmodell mit Blick auf die immer wichtiger werdenden Zukunftsthemen ein, von der grenzüberschreitenden Marktbearbeitung bis zur Interessenvertretung in regulatorischen Fragen. Die Präsidentenkollegen der kooperierenden Verbände öffentlich über die Medien zum Umdenken aufzufordern, passt indes nicht in seine Kommunikationskultur. Stattdessen lobt er das Kooperationsmodell mit einem pfiffigen Hinweis als zielkonforme Übergangslösung: "Alles, was die Regionalverbände näher zusammenführt, bringt uns unserem eigenen Ziel eines nationalen Prüfungsverbandes im Jahre 2017 näher."

Solche sanften Töne eines regionalen Spitzenvertreters verkörpern sicher in hohem Maße das Selbstverständnis der auf Basisdemokratie ausgerichteten Genossenschaftsorganisation. Ob sie der eigenen Idee zur Durchsetzung verhelfen, darf aber bezweifelt werden. Das gilt wahrscheinlich sogar in der eigenen Organisation und erst recht im Umgang mit den Wettbewerbern, der Politik und den Regulierern.

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