Volksbanken und Raiffeisenbanken: Kritik an Geldpolitik und Regulierung

Während Mario Draghi die Politik der EZB verständlicherweise verteidigt, wächst der Unmut bei den deutschen Banken und Sparkassen. 87 Prozent bewerten die Niedrigzinsen der EZB als schädlich für die deutsche Wirtschaft. Nur drei Prozent unterstützen die Aussage, diese seien gut für Deutschland. Dazu passt das Glaubwürdigkeitsdefizit der EZB aus Sicht der Genossenschaftsbanken: Zwei Drittel sprechen der EZB ab, für einen stabilen Euro zu stehen. Dies ist das Ergebnis einer Online-Befragung des Genossenschaftsverbands Frankfurt unter seinen Mitgliedsbanken.

Eindeutig ist die Einschätzung zum Bargeld: Obwohl den Kreditgenossenschaften rund um das Handling von Scheinen und Münzen beachtliche Aufwendungen entstehen, zum Beispiel durch die Prüfpflichten auf Echtheit, sind nur 4 Prozent für dessen komplette Abschaffung. 71 Prozent glauben, es werde in Deutschland auf absehbare Zeit eine wesentliche Rolle spielen. „Bargeld per Verordnung überflüssig machen zu wollen ist absurd. Der Kampf gegen Terror und die organisierte Kriminalität werden von den Befürwortern zum Beispiel beim 500-Euro-Schein ins Feld geführt, um eine Beschneidung der Freiheit der Verbraucher zu rechtfertigen. Der wahre Grund scheint aber zu sein, dass es dem Weg der EZB in die Negativzinswelt im Weg steht“, kommentiert Verbandspräsident Michael Bockelmann.

Wie ein roter Faden ziehen sich durch die Umfrage negative Bewertungen zu von der europäischen Ebene initiierten Themen: Die von der EU-Kommission vorgelegten Pläne zur Kapitalmarktunion halten 58 Prozent für schädlich, wenn zugleich die Kreditvergabe immer strenger reguliert wird. 41% sind grundsätzlich der Meinung, diese gehen am Bedarf einer mittelständisch strukturierten Volkswirtschaft vorbei. Ausgesprochen kritisch ist die Bewertung der Kommissionspläne zur Schaffung einer gemeinsamen europäischen  Einlagensicherung: Keine einzige Bank stimmt der Aussage zu, diese werde unbedingt gebraucht. 52 Prozent meinen, in der derzeit geplanten Form werde sie nicht benötigt, 48 Prozent halten sie für grundsätzlich überflüssig. „Durch die Vergemeinschaftung in der Eurozone würden die Genossenschaftsmitglieder in Deutschland mit ihrem System der Hilfe zur Selbsthilfe nicht mehr nur für ihr eigenes Geschäftsmodell, sondern europaweit für mit gänzlich anderen Risiken arbeitende Geschäfts- und Privatbanken haften“, erläutert Bockelmann.

Die Wohnimmobilienkreditrichtlinie in der bisher vorliegenden Form sehen nur ganze 3 Prozent als Beitrag zu mehr Transparenz und Sicherheit. Umgekehrt vertreten 63 Prozent die Auffassung, der damit verbundene Formalismus erschwere generell die Kreditvergabe. „Angesichts des steigenden bürokratischen Aufwands beschäftigen sich Banken heute mehr damit, als Lösungen für Kunden zu finden. Die Wohnimmobilienkreditrichtlinie ist dafür ein Musterbeispiel“, sagt Bockelmann. „Aus Sicht der kleinen und mittleren Banken und deren Kunden sind mehr denn je risikoadäquate, also proportionale Regelungen im Rahmen der europäischen Bankenregulierung notwendig.“

Die Online-Umfrage wurde aus Anlass des Wirtschaftstags der Volksbanken und Raiffeisenbanken am 4. November in Frankfurt durchgeführt. Mit einer Teilnahmequote von mehr als 25 Prozentspiegeln die Ergebnisse ein realistisches Stimmungsbild der Volksbanken und Raiffeisenbanken wider.

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