Kreditwesen aktuell

Einlagensicherung oder Institutsschutz wer hat die besseren Antworten auf die Finanzkrise?

Seit Inkrafttreten des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetztes (EAG) im Jahre 1998, das unter der Federführung des BMF erarbeitet wurde, besteht in Deutschland ein duales System von gesetzlicher und privater Einlagensicherung. Träger der sowohl gesetzlichen als auch freiwilligen Sicherungseinrichtungen sind die jeweiligen Bankenverbände. Eine Ausnahme bildet die gesetzliche Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhandelsunternehmen (EdW), die als nicht rechtsfähiges Sondervermögen des Bundes bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau errichtet wurde. Die gesetzlichen Entschädigungseinrichtungen nach dem EAG unterliegen der Aufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Die BaFin hat allen Missständen entgegenzuwirken, die die ordnungsgemäße Durchführung der Aufgaben einer Entschädigungseinrichtung oder deren angesammeltes Vermögen gefährden könnten. Unter die Aufsicht fallen auch die das Institut selbst schützenden sogenannten alternativen Sicherungseinrichtungen des Sparkassen- und Genossenschaftssektors.

Ein wichtiges Element der Finanzmarktstabilität

Das ESZB trägt nach Art. 105 Abs. 5 EGV sowie Art. 3 Abs. 3 der Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank zur reibungslosen Durchführung der von den zuständigen Behörden auf dem Gebiet der Stabilität des Finanzsystems ergriffenen Maßnahmen bei. Die Wahrung eines stabilen Finanz- und Währungssystems ist damit eine wesentliche Bundesbankaufgabe. Die Sicherung der Einlagen fördert das Vertrauen der Bankkunden in die Funktionsfähigkeit des Bankensystems und vermindert die Gefahr panikartiger Einlagenabzüge von Bankkunden ("Bank Runs"). Die Einlagensicherung ist in diesem Zusammenhang ein wichtiges Element der Finanzmarktstabilität. Dabei hat der umfassende und international hohe Einlagenschutz in Deutschland keine negativen Anreize für Banken oder Einleger geschaffen, die international unter dem Stichwort "Moral Hazard" diskutiert werden.

Die Bundesbank selbst ist in die Einlagensicherung nicht eingebunden; insbesondere bedürfen die Maßnahmen der Sicherungseinrichtungen nicht ihrer Billigung. Auch hat die Bundesbank nicht die Funktion eines "Lender of Last Resort" für die Sicherungseinrichtungen. Allerdings sind detaillierte Erkenntnisse über Einlagensicherungssysteme wesentlich für die Bewertung der Finanzstabilität. Die Bundesbank erhält daher wie die BaFin den festgestellten Geschäftsbericht und den jeweiligen Prüfungsbericht der beaufsichtigten Sicherungseinrichtungen gemäß § 10 Abs. 2 EAG zur Auswertung. Detaillierte Erkenntnisse über Einlagensicherungssysteme sind für die Deutsche Bundesbank auch elementare Voraussetzung für die Vertretung deutscher Interessen in internationalen Gremien wie der EU, dem ESZB, den G10 Zentralbankgouverneuren, dem IWF oder dem Financial Stability Forum.

Die aktuellen Erfahrungen in Großbritannien mit dem Hypothekenfinanzierer Northern Rock, der im Rahmen der ausufernden Subprime-Krise das Vertrauen seiner Einleger verlor und angesichts massiver Einlagenabzüge verstaatlicht wurde, was umfassende Reformbestrebungen der Einlagensicherung in UK auslöste, haben die Frage der Einlagensicherung wieder auf die internationale Tagesordnung gehoben. Die Finanzkrise hat in Deutschland die bestehende Einlagensicherung allerdings nicht wie in UK grundsätzlich in Frage gestellt. Die Gefahren im gesetzlichen Einlegerentschädigungssystem sind durch die niedrige Sicherungsgrenze sowie den beschränkten Kreis der Sicherungsberechtigten zudem tendenziell geringer als im freiwilligen Sicherungssystem der Verbände. Trotz nur vereinzelt sichtbar gewordenem Reformbedarf als Folge der Finanzkrise wird auf EU-Ebene unter dem Eindruck des Northern-Rock-Falles eine Änderung der diesbezüglichen Richtlinie erwogen, wobei an eine Anhebung der Mindestsicherung, eine schnellere Auszahlung von Entschädigungsleistungen und eine Überprüfung des nach der Einlagensicherungsrichtlinie optionalen Selbstbehalts für den Einleger im Entschädigungsfall gedacht ist. Insbesondere Letzteres wirkt unter Stabilitätsgesichtspunkten kontraproduktiv und erhöht die Wahrscheinlichkeit eines "Bank Runs" im Krisenfall.

Eine gesamtstaatliche Aufgabe

Die aktuelle internationale Diskussion der Rolle der Einlagensicherung im Gesamtzusammenhang des "Safety Net" bei Bankenkrisen sollte nicht dazu führen, die bewährte Struktur der deutschen Einlagen- und Institutssicherung in Frage zu stellen. Im Falle von Systemkrisen, die weite Teile eines Bankensystems betreffen, kommen von Banken finanzierte Sicherungseinrichtungen naturgemäß irgendwann an ihre Grenzen. Die Bewältigung von Finanzkrisen ist eine gesamtstaatliche Aufgabe, bei der alle Mitwirkenden des "Safety Net" wie Banken, Regierung und Notenbank ihre Rolle zu spielen haben.

Aufgrund der positiven Erfahrungen mit dem System der privaten Einlagensicherung in Deutschland war bereits bei der Umsetzung der Einlagensicherungsrichtlinie der Wille des Gesetzgebers darauf gerichtet, das bisherige freiwillige Einlagensicherungssystem auch nach Inkrafttreten des EAG in seinem Bestand zu bewahren. Das freiwillige System der Einlagensicherung hat die Überzeugung bestärkt, dass die privat-rechtlichen Einlagensicherungssysteme als Selbsthilfeeinrichtungen der Banken einen geeigneten Schutz der Bankgläubiger gewährleisten können, der der besonderen Vertrauensempfindlichkeit in der Kreditwirtschaft Rechnung trägt.

Die Einlagensicherung der privaten Geschäftsbanken und die Institutssicherung im Sparkassen- und Genossenschaftsbereich werden bezogen auf den Zweck der Vertrauensbildung am Finanzmarkt und der Vermeidung von "Bank Runs" dabei als gleichwertig angesehen. Dies wird in der EU-Richtlinie zur Einlagensicherung durch die Anerkennung der Institutssicherung als alternative Systeme für eine Einlagensicherung bestätigt. Die Bundesbank ist gegenüber beiden Varianten neutral. Entscheidend ist die jeweilige Glaubwürdigkeit der Systeme in der Öffentlichkeit.

Ein Rechtsanspruch des Einlegers auf Entschädigung besteht nur im gesetzlichen Entschädigungssystem. Für Finanzstabilität ist es aber wesentlich, dass auch private Sicherungsversprechen eingehalten werden können, beziehungsweise glaubhaft sind. Ein Ausfall zugesicherter Entschädigungszahlungen würde das Vertrauen in die freiwillige Einlagensicherung der privaten Banken sowie in der Folge in das gesamte Bankensystems beschädigen. Es gilt daher stets abzuwägen, ob die Risiken oder Kosten für die freiwillige Einlagensicherung durch eine Stützung oder Verlustabschirmung niedriger ausfallen, als dies beim Eintritt des tatsächlichen Entschädigungsfalles wäre.

Durch geeignete Maßnahmen kann die als Selbsthilfeeinrichtung des Bankengewerbes konzipierte freiwillige Einlagensicherung vor der Gefahr einer finanziellen Überbeanspruchung geschützt werden. Zu einer Überschreitung der Leistungsgrenzen des Einlagensicherungsfonds ist es daher bisher noch nie gekommen. Aus Wettbewerbsgründen korrespondiert die hohe freiwillige Einlagensicherungsgrenze der privaten Banken mit der Institutssicherung im Genossenschaftsbanken- und Sparkassensektor. Die privaten Geschäftsbanken wollen nicht signifikant hinter dem Sicherungsniveau der Institutssicherung zurückbleiben.

Risikoklassifizierung

Die Bankenverbände sowie die gesetzlichen Entschädigungseinrichtungen sind sich der Risiken im Falle der Einlagensicherung bewusst. Alle Bankenverbände nutzen Risikoklassifizierungsverfahren im Rahmen ihrer Prüfungseinrichtungen zur frühzeitigen Entdeckung von Fehlentwicklungen bei den Mitgliedsinstituten. Die Instrumente der Krisenprävention wurden systematisch verbessert. Durch diese Risikominderungspolitik der Verbände wird die Effektivität der Bankenaufsicht unterstützt und dem Moral Hazard entgegengewirkt.

Schnelle Entschädigung der Gläubiger

Weitere wichtige Kriterien für eine effektive Einlagensicherung sind eine ausreichend breite Risikogemeinschaft und eine schnelle Entschädigung der Gläubiger. Die Finanzierung aller Sicherungssysteme in Deutschland erfolgt durch regelmäßige Beitragszahlungen in einen Sicherungsfonds (ex ante-funding), wodurch im Entschädigungsfall die Gelder schnell bereitstehen.

Laut EAG müssen die gesetzlichen Entschädigungseinrichtungen die angemeldeten Ansprüche unverzüglich prüfen und spätestens drei Monate, nachdem sie die Berechtigung und die Höhe der Ansprüche festgestellt haben, die Entschädigungszahlungen leisten. Nur in besonderen Fällen kann diese Frist mit Zustimmung der BaFin bis zu drei Monate verlängert werden. Probleme im Hinblick auf Fragen der Finanzstabilität sind in Deutschland durch diese Fristen nicht sichtbar geworden.

Unabhängig von konkreten Krisenfällen wie in UK durch Northern Rock ist in Deutschland regelmäßig die Frage zu stellen, inwieweit die eingerichteten Sicherungssysteme die Ziele der Einlagensicherung unter Berücksichtigung ihrer Leistungsfähigkeit und ihrer Krisenresistenz angemessen erfüllen können. Die Bundesbank wird sich Reformen dann nicht verschließen, wenn diese das Ziel einer Verbesserung der Tragfähigkeit und Funktionsfähigkeit der Sicherungssysteme wirksam verfolgen. Nur dann, wenn die jeweilige Sicherungseinrichtung für sich oder zusammen mit anderen Systemen eine adäquate Leistungsfähigkeit bietet, kann das Gesamtsystem des Einlagenschutzes seinen Beitrag zur Stärkung des Vertrauens in die Funktionsfähigkeit und Krisenfestigkeit des Bankensystems leisten.

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