Gut ein Fünftel der Büroarbeitsplätze – umgerechnet 76 Millionen Quadratmeter Bürofläche und damit mehr als die gesamte Bürofläche Bayerns – könnten nach der Corona-Krise dem Büromarkt entzogen werden, schätzt Eurocres Consulting, eine Strategieberatung im Work-Place-Management.
„Viele Büroangestellte stellen derzeit ihre Arbeitsfähigkeit im Heimbüro unter Beweis. Unternehmen überlegen daher, ihre angemieteten Bürogebäude aufzugeben“, so Sven Wingerter, geschäftsführender Gesellschafter bei Eurocres. Wingerter hinterfragt angesichts der Lage: „Wer von den Angestellten möchte auf Dauer noch an den Firmenarbeitsplatz zurück, den er vor Corona verlassen hat?“
Wingerter sieht in der Arbeit von Zuhause ein Modell, welches Vorteile sowohl für Arbeitnehmer wie -geber birgt und aufgrund neuer Betriebsabläufe klassische Büroimmobilien überflüssig machen könnte: „Die Situation heute ist eine Chance für ein vollständiges Umdenken von Betriebsabläufen. Großunternehmen und ihre Mitarbeiter werden mit den gewonnenen Erfahrungen andere Ansprüche an das Arbeiten haben: Die Angestellten schätzen die Freiheit und Lässigkeit. Chefs und Unternehmen wiederum haben nun die riesigen Einsparpotenziale vor Augen.“
Eurocres sieht daher die Notwendigkeit, den Umgang mit Büroimmobilien neu zu bewerten. So sollten bei der Planung Prozesse und Aktivitäten zu bestimmenden Faktoren werden. Weiterhin würden Arbeitstypologien, die Individualarbeit bedeuten, keine Büros mehr benötigen.
Weniger ein Ort der Individualarbeit solle das Büro zukünftig sein, sondern vielmehr einer, an dem Mitarbeiter flexibel kommen und gehen, um qualitatives Zusammenkommen, für welches persönliche Präsenz notwendig sei, zu ermöglichen. Für Mitarbeiter, die bewusst und zielgerichtet ins Büro kommen, müssten Infrastrukturen, die auf Interaktion und Kommunikation geeicht sind, vorgehalten werden.
Aufgrund dieser Einschätzungen sieht Wingerter eine Veränderung der Geschäftsmodelle auf die Immobilienbranche zukommen: „Der klassische 10-Jahres-Mietvertrag für einen beheizten Rohbau – nur um Platz für sämtliche Mitarbeiter zu haben – wird kein Standard mehr sein.“
„Durch den Corona-Stillstand stehen etliche Großunternehmen unter besonderem Kostendruck und müssen Ballast abwerfen – zum Beispiel in Form von nicht betriebsnotwendigen Immobilien. ‚Asset light‘-Immobilienstrategien sind ab sofort keine Option mehr, sondern zwingend. Denn sie erhöhen das Finanzierungspotenzial für das Kerngeschäft und verringern Kapitalkosten“, so Wingerter.