Krieg, Pandemie, überbordende Inflation und zunehmende Wachstumssorgen – diese wenig charmante Melange macht auch vor der Stimmung der deutschen Immobilienfinanzierer nicht Halt. Wie die BF.Direkt AG heute berichtet, ist der von ihr quartalsweise ermittelte Barometerwert im laufenden zweiten Quartal förmlich abgestürzt, und zwar von minus 1,45 auf minus 12,01. Einen vergleichbar starken Rückgang hatte es zuletzt im zweiten Quartal 2020 direkt nach Ausbruch der Corona-Krise gegeben. Quasi alle relevanten Parameter, die im Rahmen des BF.Quartalsbarometers abgefragt werden, haben sich zum Negativen verändert.
Professor Dr. Steffen Sebastian, Inhaber des Lehrstuhls für Immobilienfinanzierung an der Irebs und wissenschaftlicher Berater des BF.Quartalsbarometers, kommentiert: „Eine Gemengelage von verschiedenen makroökonomischen Faktoren wirkt deutlich negativ auf das Sentiment in der Immobilienfinanzierung. Dazu gehören der Krieg in der Ukraine, die steigenden Rohstoffpreise und die hohe Inflation. Die Hauptursache für den starken Rückgang des Barometers sind jedoch die stark anziehenden langfristigen Zinsen. Diese haben in den vergangenen Monaten die größten Sprünge seit Jahrzehnten vollzogen. Laut Interhyp lagen die zehnjährigen Bauzinsen im Januar 2022 noch bei 1,0 Prozent. Im Februar begannen sie zu steigen und erreichten Anfang Mai 2022 2,66 Prozent – eine Verzweieinhalbfachung in sehr kurzer Zeit. Die Fremdkapitalzinsen sind der maßgebliche Einflussfaktor auf die Immobilienfinanzierung.“
Großes Gewicht innerhalb des BF.Quartalsbarometers hat die allgemeine Einschätzung der Finanzierungsbedingungen im Vergleich zum Vorquartal. Hier schätzt im zweiten Quartal kein Befragter die Bedingungen mehr als progressiv ein. Im Gegenzug stufen etwas mehr als zwei Drittel (plus 45 Prozentpunkte) der Befragten die Bedingungen als restriktiv ein. Analog dazu hat sich auch die Einschätzung des Neugeschäfts verschlechtert. 15 Prozent der Teilnehmer (plus 11 Prozentpunkte) sehen ein neuerdings abnehmendes Neugeschäft, während 55 Prozent (plus 19 Prozentpunkte) von einem stagnierenden Neugeschäft sprechen. Immerhin noch 30 Prozent (minus 30 Prozentpunkte) sehen ein ansteigendes Neugeschäft.
Aufgrund des allgemeinen Zinsanstiegs haben sich auch die Liquiditätskosten beziehungsweise Refinanzierungsaufschläge der Finanzierer wahrnehmbar erhöht. 77 Prozent der Teilnehmer (plus 30 Prozentpunkte) sehen neuerdings beziehungsweise unverändert ansteigende Liquiditätskosten. Manuel Köppel, CFO der BF.direkt AG, fügt hinzu: „Die Margen sind deutlich gestiegen und haben im zweiten Quartal den höchsten Stand seit acht Jahren erreicht. Obwohl diese Entwicklung aus Sicht der Finanzierer für sich genommen positiv wäre, kann sie die gedämpfte Stimmung nicht kompensieren und die Unsicherheit der Marktteilnehmer überwiegt.“
Relativ stabil geblieben sind dagegen die Loan-to-Values (LTVs) bei Bestandsfinanzierungen und Loan-to-Costs (LTCs) bei der Finanzierung von Developments. Erstere erreichen 67,4 Prozent (Q1/2022: 67,53 Prozent), letztere 70,3 Prozent (Q1/2022: 69,8 Prozent).