Mit den jüngsten Corona-Vereinbarungen von Bund und Ländern ist die Rückkehr zur (Fast-)Neutralität bis 20. März skizziert. Viele Branchen blicken deshalb aktuell wieder spürbar optimistischer in die Zukunft. Noch nicht so recht bemerkbar macht es sich in der Immobilienwirtschaft. Nachdem sich bereits der Immobilienklima-Index der Deutschen Hypo zum Jahresauftakt weiter eingetrübt hatte, berichtet heute auch noch die BF.Direkt AG von einer zum zweiten Mal in Folge leicht verschlechterten Stimmung unter den deutschen Immobilienfinanzierern.
Demnach fällt das aktuelle BF.Quartalsbarometer, für das vierteljährlich rund 100 Finanzierungsexperten befragt werden, auf minus1,45 Zähler, womit der Markt aber immerhin nach wie vor als ausgeglichen beschrieben werden kann. Der Wert von minus 4,86 im ersten Quartal 2021 und der bisherige Tiefststand von minus 15,24 Zählern im zweiten Quartal 2020 wurden deutlich übertroffen. Wesentlicher Faktor für den gesunkenen Barometerstand ist, dass 23,1 Prozent der Befragungsteilnehmer restriktivere Finanzierungsbedingungen wahrnehmen, 4,9 Prozentpunkte (pp) mehr als in Q4/2021.
Prof. Dr. Steffen Sebastian, Inhaber des Lehrstuhls für Immobilienfinanzierung an der IREBS und wissenschaftlicher Berater des BF.Quartalsbarometers, kommentiert: „Eine Reihe von Unsicherheitsfaktoren trüben die Stimmung der Immobilienfinanzierer: Die erwartete Zinssteigerung und die weit verbreiteten Inflationsängste sind die größten Unruheherde am Markt. Die Corona-Pandemie ist noch nicht ausgestanden und beeinträchtigt weiterhin besonders die Assetklassen Hotel und Einzelhandel. Hinzu kommen enorm gestiegene Bau-, Rohstoff- und Energiepreise sowie gestörte Lieferketten. Für zusätzliche Unsicherheit unter den Marktteilnehmern hat außerdem der Stopp der Bundesförderung für energieeffiziente Gebäude gesorgt.“
Positiven Einfluss auf den Barometerwert hat dagegen das sich erholende Neugeschäft. 60 Prozent der Teilnehmer beobachten ein steigendes Volumen (plus 7pp), bei 36 Prozent stagniert das Neugeschäft (minus 5pp) und bei 4 Prozent nimmt es ab (minus 2pp). Die Frage, ob alternative Finanzierungsinstrumente im Vergleich zum klassischen Bankdarlehen derzeit stärker nachgefragt würden, beantworteten 53,9 Prozent mit „Ja“ und damit deutlich mehr Teilnehmer als im Vorquartal (Q4/2021: 42,5 Prozent).
Nach einer kleinen Delle im Vorquartal sind die Margen bei Bestandsfinanzierungen dem Langfristtrend folgend wieder gestiegen und erreichen den höchsten Stand seit zwei Jahren. Sie betragen im Q1/2022 im Schnitt 168,0 (Q42021: 154,2) Basispunkte. Bei Projektentwicklungsfinanzierungen liegt die Durchschnittsmarge mit gut 245 Basispunkten leicht über der des Vorquartals. Die Beleihungsausläufe tendieren uneinheitlich: Bei den Bestandsfinanzierungen stieg der durchschnittliche Loan-to-Value um 2,1 Basispunkte auf 67,5 Prozent, während der Loan-to-Cost von Projektfinanzierungen um 2,8 Basispunkte auf 69,8 Prozent sank.
„Die Margenunterschiede der Assetklassen sind seit Beginn der Corona-Pandemie gewachsen“, hebt Manuel Köppel, CFO der BF.direkt AG, hervor. „Bei Bestandsinvestitionen liegen zwischen Core-Shoppingcentern und Zinshäusern beziehungsweise Wohnportfolios mittlerweile rund 100 Basispunkte. Hier zeigt sich, dass Risiken bezahlt werden müssen.“
Im Rahmen der Zusatzfrage wurden die Finanzierungsexperten befragt, welche langfristigen Auswirkungen der aktuelle Preisanstieg durch die Inflation hervorrufen kann. Mehrere Panelteilnehmer rechnen damit, dass die Baukosten weiter steigen. Für möglich gehalten wird sogar, dass es wesentlich weniger Projektentwicklungen gibt oder Forward-Deals für Developer unrentabel werden und eine Rückabwicklung droht.
In nahezu allen Expertenantworten kam das Wort „Zinsen“ vor. Uneinigkeit bestand allerdings darin, ob die erwartete Zinssteigerung positiv oder negativ zu beurteilen sei. „Den Barometerwert beeinflusst die Zinsprognose jedenfalls bereits, und zwar bei der Frage nach den Refinanzierungskosten der Banken. Der Anteil der Experten, der stagnierende Kosten sieht, fällt um ein Viertel auf 56 Prozent. In fast gleichem Maß nimmt der Anteil derjenigen zu, die steigende Kosten erwarten. Davon gehen mittlerweile 40 Prozent der Teilnehmer aus“, sagt Manuel Köppel.