Schwerpunkt IT und Telekommunikation

Technikunterstütztes Wohnen - noch keine Lösung für die Immobilienwirtschaft

Der demografische Wandel der Gesellschaft stellt auch die Immobilienwirtschaft vor neue Herausforderungen. Es stellt sich immer wieder die Frage: Wie müssen neben den Gebäuden im Bestand oder auch beim Neubau die Wohnungen ausgestattet werden, um für den demografischen Wandel gerüstet zu sein? Dass man heute Häuser nur noch barrierefrei auf alle Ebenen baut, ist nahezu schon selbstverständlich. Der Verzicht auf Türschwellen, die Erreichbarkeit der Wohnungen über Aufzüge und viele Kleinigkeiten mehr, gehören heute zum Alltag der Planer.

Im Wettbewerb

Über welche Ausstattung sollen die barrierefreien Wohnungen noch verfügen? Dies wollte der Bundesverband Freier Immobilienunternehmen e.V. in Kooperation mit dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Rahmen des Wettbewerbs "Technikgestütztes Wohnen - selbstbestimmt leben zu Hause" herausfinden. Beispielsweise wurden fünf Wohnungen mit technischen Systemen von drei verschiedenen Anbietern ausgestattet.

Dazu zählten unter anderem: die Überwachung wichtiger Vitaldaten, die Steuerung technischer Geräte, barrierefreie Bäder, drehbare Betten, ein WC mit Intimreinigung, ein höhenverstellbarer Waschtisch und die Steuerung der Einbauten über das Fernsehgerät oder i-Pad. Auch der Einlass in die Wohnung durch Codekarte beziehungsweise Fingerabdruck und die Fernbedienung der Rollläden waren enthalten.

Prüfung durch Fraunhofer Institut

In drei Phasen wurden diese Systeme durch das Fraunhofer Institute for Integrated Circuits IIS getestet. In Phase A wurde geprüft, ob der vom Unternehmen erstellte Anforderungskatalog von den Systemen erfüllt werden konnte. Hier konnten die Anbieter zwischen 58 und 66 Prozent der gestellten Anforderungen erfüllen. In Phase B wurden die Systeme Funktionsprüfungen unterzogen, um festzustellen, ob die einzelnen Systemkomponenten die zugesagten Leistungen erfüllen.

Dabei ging es neben den einfachen Bedienungsfunktionen, wie Aus- und Einschalten, auch um die Zuverlässigkeit von Gesundheitschecks, hier zum Beispiel um das Messen des Blutdrucks oder der Körpertemperatur. Der Anteil der bestandenen Testkriterien belief sich dabei zwischen 72 Prozent und 92 Prozent. In Phase C wurden die Systeme auf der Basis von Systemszenarien getestet. Gemeint ist hier beispielsweise "ich muss nachts auf die Toilette" oder "ich stürze in der Wohnung". Besonderes Augenmerk lag hier auf der Handhabung aus der Sicht der Anwender und insbesondere auf den Kriterien Leistungsfähigkeit und Sicherheit. Im Schnitt erreichten die Anbieter 63 Prozent. Um alle angebotenen und im System vorhandenen Anwendungen nutzen zu können, lag die Anzahl der benötigen Klicks auf der Hardware zwischen 32 und 105. Das kann selbst für einen digitalen Freak zur Anstrengung werden.

Unerfüllte Anforderungen

Zusätzlich zu den beschriebenen Untersuchungen wurde eine Vielzahl an Besichtigungsterminen mit Behinderten und Seniorenvertretungen, mit Vertretern der Kostenträger und Wohlfahrtsverbänden durchgeführt. Neben der gebündelten Übersicht der heute vorhandenen Möglichkeiten und der nur zum Teil ausgereiften Technik ergaben sich auch immer wieder Fragen hinsichtlich der Finanzierung.

In der Zusammenfassung musste festgestellt werden, dass jeder Hersteller über einen eigenen Fokus verfügt und sein System entsprechend ausgerichtet hat. Keiner der Hersteller hat ein System, in dem alle Teilanwendungen miteinander verknüpft sind. Keines der Systeme konnte alle definierten Anforderungen in einer Anwendung erfüllen. Eine übergreifende Intelligenz ist somit nicht umsetzbar beziehungsweise vorhanden.

Unausgereifte Technik

Es bleibt die Feststellung, dass viele gute technische Bausteine heute schon verfügbar sind, aber ein ausgereiftes Gesamtsystem, das alle Situationen in einer Wohnung beherrscht und den Menschen dadurch eine Rundumsicherheit garantiert, noch nicht auf dem Markt vorhanden ist. Dazu kommt noch die wirtschaftliche Betrachtung. Denn nicht nur die Investitionen müssen von den Immobilienunternehmen beziehungsweise Investoren gestemmt werden, auch der Endverbraucher, in unserem Fall also die Mieter der Wohnungen, muss diese Technik bezahlen können.

Die Technik muss so weiterentwickelt werden, dass sie nicht nur von der computergeübten Generation, sondern auch von den schon heute älteren Menschen beherrscht werden kann. Die vorhandenen Systemansätze bedürfen zudem der Kompatibilität im System selbst, aber auch darüber hinaus. Aus der Sicht der Unternehmen gilt es aus heutiger Sicht also noch abzuwarten, für welche Teilsegmente man sich nach einer weiteren Entwicklungsphase entscheiden kann. Technikanbieter sind nun gefordert, vorhandene Innovationen weiterzuentwickeln, um dann eine wirklich umfassende Hilfestellung für die Menschen und die Vermieter anbieten zu können.

Höhere Technikstandards als Grundausstattung

So sind neue Wohnstandards im Neubau und in der Bestandsmodernisierung möglich. Schwerpunkt bildet dabei die Bestandsmodernisierung. Im Rahmen von Modulen könnten einzelne technische Lösungen nach dem Bedarf des Nutzers (Sicherheit, Service, Energie und Komfort) angeboten werden. Eine Grundlage dafür muss aber die bautechnisch ertüchtigte und mit ausreichend Anschlussmöglichkeiten ausgestattete Wohnung bilden, zum Beispiel in einer Grundausstattung.

So könnte zukünftig im Rahmen eines Basismoduls eine entsprechende Sensorik, Aktorik und eine wohnungsinterne Steuerungseinheit verbaut werden. Darüber hinaus könnten den Nutzern verschiedene Komfortmöglichkeiten für die Gesundheit (Vitaldaten, Medikamentenerinnerung et cetera) und für die Sicherheit (Alarmanlage, optisches Klingelsignal) angeboten werden. Wichtige Voraussetzung wäre jedoch auch, diese technischen Unterstützungen mit Dienstleistungs- und Unterstützungsangeboten vor Ort zu verbinden.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X