Schwerpunkt Genossenschaften in der Immobilienwirtschaft

Genossenschaften als Vermieter - Zielgruppen und Produktanforderungen des 21. Jahrhunderts

Das internationale Jahr der Genossenschaften 2012 hat diese Gesellschaftsform ins Rampenlicht gerückt. Es wurde in Anbetracht von Wirtschafts-, Finanzund Schuldenkrise einmal mehr über diese Form der Unternehmung diskutiert. Wie hat sie in 100 Jahren den politischen und gesellschaftlichen Wertewandel überlebt? Als Geschäftsmodell eher konservativ bezogen auf Wachstum und Rendite, aber konstruktiv bezogen auf Beständigkeit und Solidität. Natürlich spielen Branchenzugehörigkeit und Unternehmensgröße dabei eine nicht unbedeutende Rolle.

In der Wohnungswirtschaft sind die Genossenschaften in den letzten zehn Jahren zu einem beachtlichen Wirtschaftsfaktor der Regionen avanciert. Sie mischen sich in die Stadtentwicklungspolitik, die Bewältigung der demografischen Entwicklung und die teilweise überzogene Klimapolitik ein. Wenn sie dann noch regionale Bündnisse eingehen, sich zu Plattformen vereinen, um damit mehr Gehör zu finden, ist das die Basis für wirtschaftlichen und sozialen Auftrag und Erfolg.

Vier Genossenschaften in Leipzig sind ein solches Bündnis eingegangen. Es sind die WG Transport, die Baugenossenschaft Leipzig, die Vereinigte Leipziger Wohnungsgenossenschaft und die WG Unitas mit einem Gesamtwohnungsbestand von rund 29 000 Wohnungen. Damit verfügt dieses Bündnis über ein nicht unbeachtliches Potential als Auftraggeber der regionalen Wirtschaft und als Großkunden der regionalen Versorger sind sie in der Lage, langfristige Vereinbarungen mit besseren Konditionen für ihre Mitglieder und Mieter zu schließen. Sie schaffen sowohl gemeinsam, als auch jede Genossenschaft für sich, einen Mehrwert für die bürgergesellschaftliche Entwicklung in der Stadt.

Das Kerngeschäft aller, ist jedoch geprägt von einem fast gleichartigem Wohnungsangebot bezogen auf die Bauweise und den Sanierungsstand. Auch die Mitgliederstruktur sowie das Durchschnittsalter der Mitglieder weisen kaum Unterschiede auf.

Die Wohnungsgenossenschaft Unitas eG mit einem Wohnungsbestand von 5 531 Einheiten setzt in ihren Planungen den Fokus sowohl auf junge Familien im Neuvermietungsgeschäft, als auch auf aktive Bestandsveränderungen für die Generation 65 plus.

Unter dem Projektnamen "Alter Leben" wurde, in einem geeigneten Bestandsobjekt mit Aufzug, eine Standard Zwei-Zimmer-Wohnung mit Balkon zu einer offenen und schwellenfreien Wohnung umgebaut. Das vergrößerte Bad verfügt über eine behindertengerechte Duschanlage und die Küche über einen offenen Essbereich. Außerdem gibt es schnell und einfach zu bedienende Kommunikationsgeräte zu Notdiensten und Dienstleistern. Weitere technische Ausstattungen, wie Klingel mit optischem Signalgeber, automatische Lichtsteuerung und ein Abschaltsystem für den Herd, wurden installiert.

Die Resonanz aus den regelmäßig organisierten Besichtigungen:

- "Das ist toll, aber für mich eher zu viel Technik", Herr Schade 67 Jahre.

- "Ich bräuchte nur diese große Dusche", Frau Seidel 70 Jahre.

- "Wann kann man diese Wohnung mieten? Ich würde sofort einziehen!", Frau Müller 57 Jahre.

Im Ergebnis steht die angegebene Altersklasse von 65 plus noch skeptisch dieser allumfassenden technischen Lösung gegenüber. Angenommen werden, wenn auch das Umfeld und die Nachbarschaft in Ordnung sind, nur Teile der Hilfsmittel. Die sich ergebende Miethöhe nach Modernisierung in diesem konkreten Fall könnten sich nur wenige Rentner leisten, deshalb wurde die Wohnung zu einer Projektmodellmiete von 6,44 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche ohne Nebenkosten vermietet.

Man könnte meinen, da hätten die Unternehmen noch zeitlichen und auf die Ausstattung bezogenen Spielraum. Die Investitionen auf die Bedürfnisse des Einzelnen abzustellen oder gezielter auf die möglichen Interessenten einwirken, wäre die Alternative. Doch die Entwicklung des Renteneinkommens steht, trotz aller möglichen Kompromisse, die die Wohnungsunternehmen für Mitglieder und Mieter eingehen, im absoluten Missverhältnis zu den Bedürfnissen dieser Generation. Das heißt für die Genossenschaft, ein Angebotsspektrum zu schaffen, um auf individuelle Bedürfnisse eingehen zu können. Für die flächendeckende Umsetzung im vorhandenen Wohnungsbestand bleibt es jedoch zu kostenintensiv, deshalb werden gegenwärtig nur bei Neubaumaßnahmen diese Anforderungen berücksichtigt und umgesetzt.

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