Pfandbrief und Pfandbriefbanken

Standard & Poor's neuer Ratingansatz für Pfandbriefe

Standard & Poor's bewertet Pfandbriefe und Covered Bond Ratings auf Basis der Ende 2009 veröffentlichten Kriterien. Die Ratingagentur ist der Ansicht, dass bei bestehenden Laufzeit- und Liquiditätsinkongruenzen zwischen den Deckungswerten und Pfandbriefen das Pfandbriefrating an das Emittentenrating gekoppelt (linked) sein sollte. Nur wenn es strukturell ausgeschlossen ist, dass Pfandbriefe nicht von diesem Inkongruenzrisiko betroffen sind, ist ein vom Emittenten unabhängiges (de-linked) Pfandbriefrating möglich.

Besteht ein Inkongruenzrisiko oder "Address Asset-Liability Mismatch"-Risiko (ALMM-Risiko) kann ein Pfandbrief- oder Covered-Bond-Rating höchstens sieben Stufen (Notches) über dem Emittentenrating liegen. Somit haben nur ausreichend hoch geratete Emittenten die Möglichkeit ein "AAA"-Rating zu erhalten - vorausgesetzt, dass die Überdeckung der Pfandbriefe ausreicht, um alle relevanten Risiken, insbesondere das durch ALMM entstandene Marktwertrisiko, abzudecken. In der Abbildung werden sowohl die fünf wesentlichen Analyseschritte als auch die Bestimmung des Pfandbriefratings dargestellt.

Deckungsstock- und Cash-Flow-Analyse

- Deckungsstockanalyse: Die in einem Deckungsstock registrierten Aktiva (Hypothekenkredite, öffentliche Anleihen oder andere qualifizierende Deckungswerte) zeichnen sich typischerweise durch eine hohe Kreditqualität aus. Im Fall eines Ausfalls sind daher sehr hohe Verwertungserlöse zu erwarten. Da es allerdings auch bei Deckungswerten zu Leistungs- und Zahlungsstörungen kommen kann, analysiert S&P den Deckungsstock auf Basis von Länder- und Aktiva-spezifischen Stressannahmen, um dem geplanten Ratingniveau angemessene poolspezifische Ausfall- und Verwertungsannahmen zu bestimmen.

- Cash-Flow-Analyse und Marktwertrisiko: Werden die Zahlungsströme, welche von den im Deckungsstock notierten Vermögenswerten generiert werden, denen der Pfandbriefe gegenübergestellt, erkennt man neben Zins- und Währungsinkongruenzen insbesondere Laufzeitinkongruenzen. Die Ausprägung und Gewichtung dieser Inkongruenzen und die Möglichkeiten, diese zu adressieren, stellen einen wichtigen Bestandteil der S&P-Cash-Flow- und Marktwertrisi-ko-Analyse bei Pfandbriefen dar.

Die Bestimmung des Pfandbriefratings lässt sich mithilfe eines fünfstufigen Prozesses darstellen.

Schritt 1: Klassifizierung der Inkongruenz zwischen Aktiva und Passiva

Im ersten Schritt evaluiert S&P das Ausmaß der Inkongruenz zwischen Deckungswerten und Pfandbriefen und klassifiziert diese nach ihrer Größenordnung. Die erwarteten Zahlungsströme werden hierbei diversen Stressszenarien für Kredit und Marktwertentwicklungen unterzogen. Sollten liquiditäts- oder risikomindernde Strukturmerkmale zur Verfügung stehen (zum Beispiel Laufzeitverlängerung der Anleihen oder Liquiditätslinien), werden diese in der Analyse berücksichtigt. Bei der Klassifizierung spielt der zeitliche Verlauf der Inkongruenz eine große Rolle. Inkongruenzen in der näheren Zukunft werden stärker gewichtet als diejenigen, die in mittleren oder späteren Laufzeitbändern liegen.

Als Messgröße wird der ALMM-Prozentsatz genutzt. Dieser ist definiert als die maximale kumulierte Inkongruenz eines Pfandbriefprogramms, ausgedrückt als Anteil der ausstehenden Pfandbriefe. Je nach Ausprägung wird dann das ALMM-Risiko als "niedrig", "moderat" oder "hoch" klassifiziert. Diese Klassifizierung gibt einen ersten Anhaltspunkt, um wie viele Notches das Rating der Pfandbriefe über dem Emittentenrating liegen kann.

Schritt 2: Kategorisierung der Pfandbriefe

Im zweiten Schritt wird bewertet, welche Möglichkeiten ein Sachwalter hätte, im Fall der Insolvenz der Bank Inkongruenzen zu schließen. Hierbei analysiert S&P die Vielfalt der zur Verfügung stehenden Refinanzierungsoptionen und mit welcher Wahrscheinlichkeit ihm diese zur Verfügung gestellt werden.

Da diese Aspekte häufig durch Pfandbriefgesetze und die makroökonomischen Rahmenbedingungen vorgegeben sind, erfolgt die Kategorisierung überwiegend anhand der Landeszugehörigkeit. Pfandbriefe eines Emittenten werden einer der drei Kategorien zugeteilt. Diese sind wiederum einer Bandbreite von maximal möglichen zusätzlichen Notches zugeordnet. Je mehr

Finanzierungsmöglichkeiten bestehen, je etablierter und systemisch bedeutender ein Pfandbriefmarkt nach Ansicht von S&P ist, desto stärker kann ein Pfandbriefrating vom Emittentenrating entkoppelt werden.

Schritt 3: Das maximal mögliche Pfandbriefrating

In diesem Schritt wird die Bewertung des ALMM-Risikos (Schritt 1) mit der Kategorisierung der Refinanzierungsmöglichkeiten (Schritt 2) kombiniert (siehe die Matrix in dem zusammenfassenden Diagramm). Das Ergebnis bestimmt, um wie viele Notches das Pfandbriefrating über dem Rating der emittierenden Bank liegen kann. Das maximal erreichbare Pfandbriefrating setzt voraus, dass die vorhandene Überdeckung mindestens der ratingrelevanten Überdeckung entspricht (siehe Schritt 4).

Schritt 4: Cash-Flow- und Marktwertanalyse

Im vierten Schritt legt S&P den Zielwert für das Überdeckungsniveau fest. Nach Ansicht von S&P muss diese Überdeckung ausreichend bemessen sein, um alle relevanten Risiken abzudecken und alle Pfandbriefe zeitgerecht zu bedienen. Wie im ersten Schritt werden die Zahlungsströme hierbei diversen Stresstests unterzogen. Zusätzlich wird nun aber auch eine Marktwertanalyse durchgeführt.

Sollten die Deckungsstockaktiva nicht genügend Zahlungsströme generiert haben, um eine anstehende Pfandbrieffälligkeit zeitgerecht zu bedienen, modellieren wir einen Verkauf von verbleibenden Deckungsstockwerten. Das in einem solchen Fall bestehende Marktwertrisiko wird über die Bestimmung eines S&P spezifischen Nettobarwerts dargestellt. Dieser Nettobarwert des Deckungsstocks berücksichtigt simulierte gestresste Zinsszenarien und einen Aufschlag (Spread-shock). Der Aufschlag hängt primär von der Art der Deckungswerte, der Länderzugehörigkeit und deren Laufzeit ab.

Schritt 5: Das Rating des Pfandbriefs

Im letzten Schritt erteilt S&P das Rating, das die aktuell vorgehaltene Überdeckung widerspiegelt. Dabei wird bewertet, ob die vorhandene Überdeckung höher oder genauso hoch wie die erwartete Überdeckung (Schritt 4) und das maximal erreichbare Rating (berechnet im Schritt 3) erzielbar ist. Ist diese Bedingung erfüllt, kann dieses Rating in der Regel erteilt werden.

Sollte allerdings die zur Verfügung gestellte Überdeckung geringer sein, wird das Rating wie folgt bestimmt. Der erste Notch über dem Emittentenrating wird erteilt, wenn die vorhandene Überdeckung zur Absicherung aller durch Kreditrisken entstehenden Risiken ausreicht (das heißt Absicherung von durch Zahlungsstörungen entstehenden Risiken wie auch der reinen Kreditverluste). Die restliche Überdeckung wird mit den zusätzlich verteilbaren Notches potenzieller Heraufstufungen verglichen, um die erreichbare Heraufstufung festzulegen.

Rechtliche, operationelle und administrative Risiken

Bevor ein Pfandbriefrating erteilt wird, analysiert S&P unter anderem die folgenden rechtlichen Aspekte:

- Wie wird eine adäquate Trennung der Deckungsstöcke und Zahlungsströme im Fall der Insolvenz der emittierenden Bank sichergestellt?

- Kann es im Fall der Insolvenz der emittierenden Bank zur einer vorzeitigen Fälligstellung der Pfandbriefe kommen?

- Besteht die Möglichkeit eines Zahlungsmoratoriums oder einer Zwangsrestrukturierung?

- Gibt es Beschränkungen bei der Zurverfügungstellung von Überdeckung, und steht diese Überdeckung auch im Fall der Insolvenz der emittierenden Bank den Pfandbriefinvestoren weiterhin zur Verfügung?

- Die Handhabung von Derivaten im Fall der Insolvenz der emittierenden Bank. - Hat der Verwalter der Pfandbriefe auch nach der Insolvenz der emittierenden Bank Zugang zu Refinanzierungsquellen?

- Welche Möglichkeiten bestehen, einen Deckungsstock sowohl vor als auch nach der Insolvenz der emittierenden Bank zu managen/zu verändern?

Im Ratingprozess reflektiert die Ratingagentur auch relevante operationelle und administrative Gesichtspunkte. Hierzu beobachten wir die Organisation der Bank und den jeweiligen Kreditlebenszyklus. Die Geschäftspolitik, der Kreditvergabe- und -überwachungsprozess wie auch die Verwertung im Fall eines Ausfalls werden hierbei beobachtet.

Falls ein Emittent Derivate nutzt, um eventuelle Zins- oder Währungsinkongruenzen abzusichern, werden die zugrunde liegenden Vereinbarungen daraufhin überprüft, ob sie in Einklang mit den Anforderungen stehen, welche S&P für Kontrahentenrisiken vorsieht.

Der Beitrag ist eine Übersetzung und Zusammenfassung der Pfandbrief und Covered Bond Ratingkriterien "Revised Methodology And Assumptions For Assessing Asset-Liability Mismatch Risk In Covered Bonds", veröffentlicht am 16. Dezember 2009, erhältlich auf www. standardandpoors.com/coveredbonds.

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