Nachhaltigkeit

Sicherung von Immobilienwerten durch "grüne" Mietverträge

Nachhaltige Immobilien bieten viele Vorteile: Sie sind umweltfreundlich, kosteneffizient und bedeuten sowohl für Mieter wie auch für Vermieter einem Imagegewinn. Die hohen Investitionskosten für die Errichtung oder Sanierung sowie die anschließende Zertifizierung der Gebäude werden gemeinhin mit einer Werterhöhung der Immobilie vor allem aufgrund höherer Mieteinnahmen gerechtfertigt. Aber nur, wenn auch während der Bewirtschaftungsphase der erreichte Standard beibehalten oder sogar verbessert wird, ist die Wertsteigerung langfristig sichergestellt. Um dies zu erreichen, schließen Mieter und Vermieter seit etwa zwei bis drei Jahren vermehrt "grüne Mietverträge" ab.

Wenige Standards, aber viele Regeln

Ein allgemeiner Standard für grüne Vertragsgestaltungen hat sich bislang noch nicht entwickelt. Momentan werden jedoch zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten diskutiert. In vielen Verträgen hält die Präambel allgemeine Nachhaltigkeitsziele fest, beispielsweise zur ressourcenschonenden Bewirtschaftung, zur Verwendung umweltfreundlicher Materialien, zur CO2-Reduktion oder zur Aufrechterhaltung einer lebenswerten und die Gesundheit fördernden Nutzung der Immobilie.

Weiterhin werden regelmäßig verbindliche Regelungen zur Einhaltung eines bestimmten Zertifizierungsstandards getroffen. Zum Teil sind diese in der Baubeschreibung verankert oder aber als gesonderte Vertragsregelung vereinbart, bei der sich der Vermieter in Bezug auf den Baukörper zur Einhaltung des jeweiligen Zertifizierungsstandards verpflichtet. Im Gegenzug ist der Mieter verpflichtet, alles zu unterlassen, was der Zertifizierung abträglich sein könnte. Dies betrifft etwa Maßgaben für den Innenausbau, beispielsweise in Bezug auf die zu verwendenden Materialien sowie die Verwendung von Bewegungsmeldern, und Verhaltensregeln, wie die Einhaltung von Rauchverboten und Anweisungen zum regelmäßigen Lüften.

Einen hohen Stellenwert nehmen die Themen Transparenz und Effizienz bei den Betriebskosten ein. Daher ist häufig ein regelmäßiger Datenaustausch zwischen Mieter und Vermieter vorgesehen, um weitere Optimierungspotenziale zu erkennen und zu nutzen. Des Weiteren werden Regelungen für das Property Management getroffen, um eine kosteneffiziente und gleichzeitig umweltfreundliche Bewirtschaftung sicherzustellen. Konkret kann das bedeuten, dass der Vermieter dem Property Manager vorzuschreiben hat, wie die Anlagen der Haustechnik einzustellen sind oder welches Putz- oder Streumittel verwendet werden soll. In vielen Verträgen wird vereinbart, dass überwiegend oder ausschließlich erneuerbare Energiequellen verwendet werden und diese kosteneffizient zum Einsatz kommen. In diesem Sinne wird es dem Vermieter häufig gestattet, energetische Sanierungen durchzuführen oder sonstige umweltfreundliche Maßnahmen, wie die Errichtung von Photovoltaikanlagen auf dem Mietobjekt, zu treffen. Insofern wird der Mieter regelmäßig zur Duldung der Umbaumaßnahmen über einen gewissen Zeitraum, regelmäßig drei Monate, verpflichtet. Damit einher geht in der Regel der Ausschluss des Mietmin derungsrechts für diese Zeit. Schließ-lich behält sich der Vermieter häufig vor, zumindest einen Teil der Kosten der Maßnahme über Mieterhöhungen auf den Mieter umzulegen. Hierdurch soll ein Ausgleich für erwartete Einsparungen bei den Betriebskosten geschaffen werden, die regelmäßig dem Mieter zugutekommen.

Aktive Mieterbeteiligung

Nicht wenige grüne Mietverträge sehen die Bildung von Nachhaltigkeitsausschüssen aus Vertretern von Mietern und Vermietern und gegebenenfalls des Property Managements sowie von Sachverständigen vor. Diese Ausschüsse sollen die Kommunikation zwischen den Parteien aufrechterhalten. Sie haben zum Ziel, das Vertragsverhältnis regelmäßig an aktuelle Veränderungen an zupassen und unter Berücksichtigung des technischen Fortschritts zu opti mieren. Neue Ziele sind dann in einem Nachtrag zum Mietvertrag verbindlich festzuhalten.

Darüber hinaus rücken verstärkt Nutzerinteressen in den Vordergrund: Zum einen sind das häufig Vorschriften zur gesundheitsfördernden Raumausstattung, wie etwa in Bezug auf Raumluft- und Lichtverhältnisse. Es können aber auch Regelungen sein, die bei langfristigen Vertragsverhältnissen die Flexibilität von Grundrissen unter Einschluss von Flächenerweiterungen und -rückgaben sowie den Zugang zu Kommunikationsbereichen gewährleisten sollen. Auf diese Weise soll die Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit gefördert und damit die Arbeitsproduktivität des Mieters erhöht werden. Vereinzelt erklären sich Mieter in solchen Verträgen sogar bereit, sich an weitreichende Verhaltensregeln zu halten. Derartige Kataloge, die regelmäßig in einem Nutzerhandbuch festgelegt werden, reichen von Vorgaben zum regelmäßigen Lüften der Mieträume bis hin zur Verwendung von ausschließlich biologischen Lebensmitteln in der Kantine. Nicht zuletzt sind in einigen Verträgen bereits Vertragsstrafenregelungen oder Belohnungssysteme enthalten, die umweltfreundliches Verhalten des Mieters - zum Beispiel Einsparungen von Energie und Wasser - mit Mietreduzierungen belohnen.

Logistikbetriebe und Hotels als Vorreiter

Je nach Gebäudetyp und Art der Verwendung der Immobilie sind unterschiedliche Regelungsschwerpunkte zu erkennen: So gewinnen bei Büroimmobilien Regelungen an Bedeutung, die die Flexibilität in Bezug auf die Raumgestaltung des Nutzers ermöglichen. Konferenz- und Aufenthaltsräume sowie Wechsel zwischen Einzel- und Großraumbüros sollen möglichst kurzfristig und ohne erhebliche Kosten geschaffen werden können.

Hingegen weisen grüne Mietverträge von Fachmarktzentren vermehrt Vertragsstrafenregelungen und Haftungsfreistellungsverpflichtungen bei Schadensersatzansprüchen anderer Mieter des Objekts auf. Gesetzt den Fall, dass der Mieter seine grünen Verpflichtungen verletzt, muss dieser nicht nur für einen dem Vermieter entstandenen Schaden aufkommen und diesen von Ansprüchen Dritter freistellen, sondern eine bestimmte zusätzliche Summe als Strafe zahlen. Auf diese Weise soll gewährleistet werden, dass die Einhaltung des nachhaltigen Standards des Objekts nicht durch das Verhalten einzelner Mieter gefährdet wird.

Solche Sanktionssysteme finden sich ebenfalls regelmäßig in den grünen Mietverträgen von Einkaufszentren wieder. Aufgrund der hohen Betriebskosten für Gemeinschaftsflächen sind das Energiemonitoring und -management sowie der regelmäßige Datenaustausch wichtige Aspekte bei der Vertragsgestaltung. Des Weiteren werden häufig Regelungen zur Werbegemeinschaft insofern ergänzt, als dass diese zum Diskussionsforum für die Erarbeitung von weiteren Nachhaltigkeitszielen ausgeweitet wird. Eine Vorreiterrolle in Bezug auf die Nachhaltigkeit nehmen Logistikzentren ein: Hier finden sich neben Regelungen zu detaillierten Anforderungen an den Baukörper sowie zum Energiemonitoring und -management häufig Zustimmungen des Mieters zur Nutzung der großen Dachflächen für Photovoltaikanlagen oder zum Anschluss des Objekts an Erdwärmeanlagen. Auch im Hotelgewerbe wird bereits seit längerem ein erheblicher Imagegewinn verzeichnet, wenn die Betreiber auch beim Geschäftsbetrieb auf Nachhaltigkeit setzen. Hierdurch ist es eher möglich, schon im Miet- oder Pachtvertrag detaillierte Verhaltensregeln für das Personal festzusetzen und Vorgaben für die Weitergabe an die Gäste zu treffen.

Rechtsunsicherheit

Momentan besteht noch eine hohe Rechtsunsicherheit bei grünen Regelungen. Dieser gilt es mit transparenten Vertragsregelungen zu begegnen, die einen gerechten Ausgleich der Nutzen- und Lastenverteilung für beide Vertragsparteien schaffen. Insofern ist es empfehlenswert, dies in den einzelnen Vertragsklauseln ausdrücklich zum Ausdruck zu bringen oder die Akzeptanz im Rahmen des Gesamtkonzepts durch einzelne Formulierungen zu verdeutlichen. Mit zunehmender Standardisierung grüner Regelungen sollten diese den Anforderungen an Allgemeine Geschäftsbedingungen genügen.

Zudem ist darauf zu achten, dass die grünen Verpflichtungen an Untermieter oder Property Manager weitergegeben werden. Sämtliche Verträge eines Objekts sind sorgfältig aufeinander abzustimmen. Letzteres gilt insbesondere auch für Multi-Tenant-Objekte.

Der Mehrwert von nachhaltigen Gebäuden, der über die Energieeinsparung als messbaren finanziellen Vorteil hinausgeht, wird sich erst langfristig vor allem durch die Nutzernachfrage quantifizieren lassen. Derzeit befassen sich verschiedene Arbeitsgruppen auf Initiative des Immobilienverbandes ZIA in Zusammenarbeit mit den Bewertungsorganisationen RICS und Tegova mit der Entwicklung von Katalogen, die vorrangig Kriterien für die Passgenauigkeit der Objekte für heutige und zukünftige Nutzer messen sollen. Diese sollen zukünftig in Form von Checklisten und Handlungsempfehlungen zur Verfügung stehen, die auch in der Immobilienbewertung und -finanzierung Berücksichtigung finden sollen.

Es bleibt abzuwarten, welche der derzeit diskutierten grünen Regelungen sich als Standard in den Mietverträgen etablieren werden. Unverbindliche Zielsetzungen wie die Bildung von Nachhaltigkeitsausschüssen dürften nur eine kurzfristige Bedeutung haben. Ebenso ist davon auszugehen, dass Belohnungssysteme eine vereinzelte Erscheinung bleiben, beispielsweise um durch die Einführung von Nachhaltigkeitsstandards die Marktfähigkeit einzelner Bestandsobjekte mit mehreren Mietern zu verbessern. Angesichts des anhaltenden Nachhaltigkeitstrends werden sich aber wohl jene Regelungen durchsetzen, die verbindlich ein Höchstmaß an Umwelt- und Nutzerfreundlichkeit schaffen ohne dabei den Faktor der Wirtschaftlichkeit zu vernachlässigen.

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