Leitartikel

REITs als Retter?

Die Lösung der Finanzmarktkrise könnte so simpel sein: Real Estate Investment Trusts (REITs). Zumindest meinen das deren Lobbyisten von der European Public Real Estate Association (EPRA), einer in Brüssel beheimateten Interessenvertretung von Europas börsennotierten Immobilien-Aktiengesellschaften. Ihnen zufolge sei diese spezielle Form der Immobilienanlage ein entscheidendes Heilmittel für die aktuellen Probleme der europäischen Volkswirtschaften und ihrer Banken. Verkündet wurde die Botschaft dieser Tage auf dem Jahrestreffen der Organisation in Berlin. Neu oder gar innovativ ist der REIT zwar längst nicht mehr, aber wer wolle denn in diesen unruhigen Zeiten schon Experimente riskieren? Nein, Erprobtes müsse her, hatte sich doch der REIT schon einmal als Retter in der Not bewährt. Eine gewagte Behauptung? Mitnichten, wie EPRA-CEO Philip Charls allen Zweiflern anhand einer von der EPRA in Auftrag gegebenen Studie eines britischen Beratungsunternehmens beweisen möchte.

Und weil doch Anlageberater ihre "Problemlösungen" so gerne anhand historischer (Performance-)Vergleiche illustrieren, versuchen die Analysten zu zeigen, dass Europas Schuldenkrise signifikante Parallelen zur US-amerikanischen Krise der Spar- und Darlehenskassen (S&L) in den frühen neunziger Jahren aufweist. Und welche Lösung fand Amerika? Es novellierte sein REIT-Gesetz, woraufhin dieses Anlagesegment in nur acht Jahren um 1 400 Prozent auf 162 Milliarden Euro wuchs. Und Europa? Auch hier sollte die Politik nach dem Willen der Immobilien-Aktiengesellschaften doch endlich, endlich einmal einsehen, dass keine andere Branche den notwendigen Umfang an Investitionen und Innovationen mobilisieren könne, um in relativ kurzer Frist die Ökonomien wieder anzukurbeln.

Doch was wünscht sich die Branche? Vor allem nach besseren Wachstumschancen rufen die börsennotierten Grundstücksgesellschaften. Ihr Problem ist, dass sie sich selbst für bedeutender halten, als es ihre Unternehmensgröße widerspiegelt. Nun wäre es zwar naheliegend, die Ursachen für diese Diskrepanz zuallererst in Managementfehlern der einzelnen Gesellschaften zu vermuten, denn auch Europas Immobilien-Aktiengesellschaften spekulierten zu Beginn des Jahrtausends kräftig mit und nicht wenige verhoben sich dabei. Selbstkritik? Fehlanzeige. Stattdessen seien die ineffizienten Strukturen des europäischen Binnenmarktes am eigenen Bedeutungsverlust schuld. Zudem würden die Politiker nicht erkennen, welche ach so enorme Bedeutung der an der Börse gelistete Teil der Immobilienwirtschaft für Investitionen, Arbeitsmarkt und Umweltschutz habe.

Darüber hinaus stört die Konkurrenz. So fühlen sich die börsennotierten Unternehmen vor allem vom Wachstum der nicht-börsennotierten Immobiliengesellschaften und -fonds seit nunmehr einer Dekade ausgebremst. Dass einige der lästigen Wettbewerber jetzt in Refinanzierungsnöten stecken, wird daher wohlwollend als Chance für die Stärkung des börsennotierten Segments aufgefasst. Denn an der Börse, so stellt die Studie freudig fest, böten sich alternative Möglichkeiten der Kapitalbeschaffung. In Großbritannien könnten 336 und in der Eurozone 877 bislang nicht gelistete Gesellschaften an die Börsen gebracht werden. Zusammen repräsentieren diese Unternehmen 492 Milliarden Euro Immobilienvermögen. Aber: Auch deutsche Immobilien-Aktiengesellschaften haben fast durch die Bank weg mit massiven Refinanzierungsproblemen zu kämpfen. Zwar sind REITs dank strenger gesetzlicher Auflagen davon weniger stark betroffen, doch lassen sich die deutschen Exemplare dieser Spezies immer noch bequem an einer Hand abzählen. Ein echtes Erfolgsmodell sollte mehr Nachahmer haben.

Und da wäre es wieder, das schöne, aber zu eng gefasste deutsche REIT-Gesetz. Im Nachhinein dürften die anerkannten REITs froh sein, dass einigen der einstigen Aspiranten der privilegierte Status verwehrt blieb. Welchen möglichen Imageschaden hätte das Produkt inzwischen zu erleiden, wenn auch die "Wohnungsbau-Kombinate" dazugehören würden, die heute wegen unzureichender Erfüllung ihrer Sozial-Charta-Pflichten in der öffentlichen Kritik stehen? Daher ist es wohl bezeichnend, dass die EPRA gesetzliche Nachbesserungen nur in Großbritannien, Italien und Spanien anmahnt, nicht aber in Deutschland. Hierzulande versprechen sich die Branchenvertreter vor allem von der Umsetzung der AIFM-Richtlinie und dem Verbot neuer Offener Immobilienfonds eine Stärkung des gelisteten Sektors. Dazu müssten die Investoren jedoch in Immobilienaktien und REITs eine Alternative zu ihren bisherigen Immobilienanlagen sehen, was sie aber in den letzten Jahren, als zahlreiche Offenen Fonds dahinsiechten, schon nicht taten. Für die Bewältigung der aktuellen Krisen braucht es Wirkungsvolleres als das von der EPRA empfohlene "homöopathische" Mittel.

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