Genossenschaftsbanken

Qualitätsführerschaft drei Thesen und eine Empfehlung

Die Zukunft der privaten Baufinanzierung wird von zwei Faktoren maßgeblich beeinflusst: dem demografischen Wandel und den Verhaltensänderungen von Bankkunden. Wollen die Genossenschaftsbanken weiterhin erfolgreich am Markt agieren, müssen sie diesen Entwicklungen mit geeigneten Strategien begegnen. Dazu die folgenden drei Thesen:

1. Der Markt für private Baufinanzierung wird enger

Der demografische Wandel hat Deutschland fest im Griff: Auch die leicht gestiegene Geburtenrate des vergangenen Jahres ändert nichts daran, dass die Deutschen immer weniger und immer älter werden. Das Statistische Bundesamt rechnet in der 11. Koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung mit einem Rückgang der Bevölkerung um zehn Prozent bis 2050.

Zugleich wird der Durchschnittshaushalt immer kleiner, weil die Menschen erst länger Single und dann auch als Paar häufiger kinderlos bleiben. Fast die Hälfte aller erwachsenen Deutschen lebt heute in kinderlosen Ein- oder Zweipersonenhaushalten.

Die Folge ist ein signifikanter Rückgang des zukünftigen Bedarfs an Einfamilienhäusern und Wohnungen mit hoher Wohnfläche. Im Jahr 2007 ist die Zahl der Baugenehmigungen, die seit 1997 stetig sinkt, noch einmal dramatisch um 50 000 zurückgegangen. Das mag zum Teil noch dem Auslaufen der Eigenheimzulage Ende 2006 und den daraus entstandenen Vorzieheffekten geschuldet sein.

Doch auch für 2008 und die Folgejahre geht das Baugewerbe nicht von einem Wachstum in der privaten Bautätigkeit aus. Sanierungs- und Renovierungsfinanzierungen werden zwar zulegen, wenn sich nämlich die Generation der Erben daran macht, den auf sie gekommenen Altbestand EnEVgerecht umzubauen. Ob dies aber die fehlende Neubautätigkeit vollständig kompensieren kann, bleibt mehr als fraglich.

Auch die uneinheitlichen Konjunkturprognosen (mit entsprechend unsicheren Zinserwartungen) sowie steigende Baukosten geben wenig Anlass, auf eine stärkere private Bautätigkeit zu hoffen. Mit einer nachhaltigen Erholung auf der Nachfrageseite ist demnach nicht zu rechnen.

Aber auch der (Verdrängungs-)Wettbewerb unter den Anbietern wird in naher Zukunft sicher nicht nachlassen, sondern an Aggressivität eher noch zunehmen. Eine solche Marktsituation führt - speziell im Dienstleistungssektor - in der Regel zu einer Fokussierung des Kundeninteresses auf Preisargumente. Für die Genossenschaftsbanken wäre es jedoch angesichts ihrer Kostenstrukturen als Filialbank fatal, sich auf einen reinen Kostenwettbewerb einzulassen. Ein rechtzeitiges Umlenken des Kundeninteresses auf Qualitätsfaktoren tut not.

Einer Studie der Comdirect zufolge gibt es immer mehr Menschen, die weder eine enge noch eine langfristige Beziehung zu einem Kreditinstitut suchen. Für diese Kunden hat das Hausbankprinzip keine Gültigkeit mehr, im Gegenteil: Sie legen Wert darauf, ihre Unabhängigkeit und Eigenständigkeit mit einer Vielzahl verschiedener Bankbeziehungen zu dokumentieren. Häufig handelt es sich hier um besonders preissensible und gut informierte Kunden, die keinen Bedarf an Beratung oder Empfehlungen durch den Bankberater haben.

2. Persönliche Beratung ist das Asset der Genossenschaftsbanken

Filialbankkunden - und damit Genossenschaftsbankkunden - suchen dagegen gerade dies: die "normative Geborgenheit" in der Beziehung zum Kundenbetreuer, ein durch dessen Kompetenz vermitteltes Gefühl von Sicherheit. Viele nutzen zwar für die täglichen Bankgeschäfte die Möglichkeiten von Home-/Online-Banking. Doch die Baufinanzierung als größte Investition seines Lebens ist für diesen Kunden eine beratungsintensive Entscheidung, die eine souveräne und transparente Begleitung fordert. Kostengesichtspunkte treten damit zwar nicht komplett, aber doch zum Teil in den Hintergrund und bieten mehr Raum für Qualitätsargumente. Grundsätzlich eher risikoavers agierend, sind diese Kunden für das Argument "Sicherheit hat ihren Preis" durchaus ansprechbar.

Wenn also einerseits die Marktsituation eine strategische (Neu-)Positionierung verlangt und andererseits die Kunden bevorzugt qualitätsorientiert entscheiden, dann liegt es nahe, dieser Vorgabe zu folgen und durch die Übernahme beziehungsweise Wahrung einer (gegebenenfalls selektiven) Qualitätsführerschaft die eigene Marktstellung zu sichern. Daraus folgt für die zukünftige Positionierung der Genossenschaftsbanken im Markt die dritte These.

3. Marktanteile durch Qualität gewinnen

Durch die Qualitätsführerschaft können Genossenschaftsbanken ihre Marktanteile bei der Baufinanzierung trotz sich verschärfenden Wettbewerbs ausbauen. Was allerdings bedeutet in diesem Zusammenhang "Qualitätsführerschaft"? Sie meint zunächst einmal das Bestehen eines erkennbaren Qualitätsvorsprungs ("besser als der Wettbewerb"). Dazu bedarf es eindeutiger Qualitätsmaßstäbe und einer externen Autorität, die sie testiert.

Ergänzend kann Qualitätsführerschaft aber auch heißen, dass der Diskurs um Qualitätsstandards, um qualitätsbezogene Innovationen und Optimierungen durch den Qualitätsführer selbst vorangetrieben wird. Der Qualitätsführer macht sich dadurch zugleich zum Meinungsführer und definiert günstigstenfalls selbst, was "Qualität" ist und was nicht. Das kann einen anhaltenden Imagegewinn zur Folge haben (Beispiel Volvo als Qualitätsführer in Sachen Autosicherheit).

In der Baufinanzierung bedeutet Qualitätsführerschaft demnach, dass ein Anbieter gute Finanzkonzepte und besondere Beratungskompetenz nachweisen kann und zugleich bestrebt ist, diese stetig auszubauen und zu verbessern. Es liegt auf der Hand, sich die Erfüllung dieser Anforderungen von dritter Seite bescheinigen zu lassen, um die eigene Glaubwürdigkeit zu unterstreichen. In der privaten Baufinanzierung macht das ein Tüv-Siegel möglich, das Banken nach Durchlaufen eines Zertifizierungsprozesses erhalten können.

Der Tüv hat für den Baufinanzierungsprozess unter anderem folgende Qualitätsmerkmale definiert: - marktnahe Wertermittlung, - realistische Bonitätsprüfung, - Vermittlung von Fördermitteln, - kurze Bearbeitungszeit (maximal zwei Wochen), - Terminvereinbarungen auch außerhalb der Dienstzeit und Diensträume, - Kreditzinsen liegen im Marktniveau, - Sondertilgung möglich und - installierte Zufriedenheitsanalyse. Neben diesen am Baufinanzierungsprozess orientierten Kriterien attestiert das Tüv-Siegel außerdem, dass die geprüfte Bank permanent und nachhaltig an der dauerhaften Einhaltung beziehungsweise Optimierung dieser Mindestanforderungen arbeitet. Dazu wird in der Zertifizierung untersucht, ob die Dokumente und Werbemittel für den Kunden verständlich und vollständig sind, ob es eine definierte und dokumentierte Prozessbeschreibung im Organisationshandbuch gibt, ob der beschriebene Prozess im Unternehmen permanent umgesetzt wird und ob es eine ausreichende Kontrolle durch das Management (durch kurze Dienstwege, monatliches Controllinggespräch mit Baufinanzie-rungs-Spezialisten, monatliche Reports) gibt. Bei Einhaltung dieser Anforderungen kann ein Tüv-Siegel erworben werden. Es testiert der Bank ein Qualitätsniveau in der Baufinanzierung, das dem Kunden die Sicherheit eingehaltener Standards vermittelt. Qualitätsführerschaft im oben beschriebenen Sinn wird daraus, wenn das Tüv-Zertifikat zum einen eine Alleinstellung markiert und zum anderen weitere Verbesserungen initiiert, wo im Verlauf der Zertifizierung Optimierungspotenzial identifiziert wurde. Weil der Tüv in der Öffentlichkeit als neutrale und objektive Bewertungsinstanz wahrgenommen wird, macht dessen Siegel aus der bloßen Qualitätsbehauptung einer Bank eine Qualitätsgewissheit. Im Kundenkontakt erleichtert es zudem die Fokussierung auf "Qualität" als Entscheidungskriterium, kann also Kostenargumente entkräften. Das macht es zu einem wirksamen Instrument, um sich als Qualitätsführer im (regionalen) Marktumfeld zu etablieren.

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