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Konjunktur und Mieten wer folgt wem und wann?

Betrachtet man Konjunktur als einen Begriff zur Beschreibung der Gesamtsituation einer Volkswirtschaft, fokussiert man sich dabei auf das Bruttoinlandsprodukt (BIP) als einen der wichtigsten Indikatoren derjenigen volkswirtschaftlichen Größen, deren gleichzeitige Betrachtung die konjunkturelle Situation beschreibt, und untersucht man folgend den Einfluss auf die Mietpreise, ergibt sich ein zunächst überraschendes Ergebnis, da ein kaum wahrnehmbarer Zusammenhang zwischen beiden Größen existiert.

Kein Zusammenhang zwischen BIP- und Mietentwicklung?

Während die Bundesrepublik einen kontinuierlichen - wenn auch nur langsamen - Anstieg des Bruttoinlandsproduktes verzeichnet, sind die für Gewerberäume zu zahlenden und erzielbaren Spitzenmieten in den wichtigsten Büromärkten der Republik deutlichen Schwankungen unterzogen; während 1992 in Frankfurt am Main noch 43 Euro pro Quadratmeter als Spitzenmiete gezahlt wurde, lassen sich heute nur rund 33,50 Euro erzielen.

Damit wäre also das Thema beendet? Mitnichten, wenngleich ein beständiger Zusammenhang zwischen den Mietpreisen für gewerblich genutzte Flächen und dem Bruttoinlandsprodukt kaum nachvollziehbar ist, lohnt sich eine Betrachtung anderer Kennzahlen, die ebenso, wenngleich sie einen weniger globalen Anspruch als das Bruttoinlandsprodukt haben, in der Gesamtbetrachtung der konjunkturellen Situation zu berücksichtigen sind. Anmietungen sind - im wahrsten Sinne des Wortes - Investitionsentscheidungen von Unternehmen im Inland, die deutlich stärkeren Schwankungen unterliegen als eine Veränderung des BIP.

Beim Bruttoinlandsprodukt nimmt der Staat einen nicht zu unterschätzenden Einfluss, so hatten die Ausgaben des Staates im Jahr 2005 einen Anteil von 46,8 Prozent am Bruttoinlandsprodukt.

Darüber hinaus kann sich die Ertragslage von Unternehmen im Ausland positiv entwickeln, im Inland entsteht hierdurch aber nicht zwangsläufig beziehungsweise nicht in entsprechendem Maße ein Investitions- und Flächenbedarf.

Deutlich augenfälliger wird ein Zusammenhang, wenn man die Entwicklung der Mietpreise für Gewerbeflächen mit der, in der Gesamtsituation einer Volkswirtschaft nur einen Teil des Bildes bestimmenden, Gewinnerwartung der inländischen Unternehmen gegenüberstellt.

Betrachtet man hier die Entwicklung des Deutschen Aktienindex (Dax), der als Indikator die Gewinnerwartung des Marktes, der hinsichtlich Börsenumsatz und Marktkapitalisierung 30 größten öffentlich notierten Unternehmen in der Bundesrepublik widerspiegelt, lässt sich ein Zusammenhang vermuten, wenngleich dieser zeitversetzt und regional unterschiedlich ausfällt.

Stellt man die Entwicklung der Spitzenmieten mit der Performance des Deutschen Aktienindex (Dax) der letzten 14 Jahre gegenüber, zeigt sich eine zeitversetzte Reaktion derart, dass bei sinkenden Kursen, und der damit verbundenen Erwartung auf eine sich verschlechternde Ertragslage der entsprechenden Unternehmen, die Spitzenmieten nach ein bis zwei Jahren fallen. Steigen die Gewinnerwartungen der Unternehmen, erkennt man eine Reaktion der Mietmärkte erst nach rund drei Jahren.

Anpassung der Mietflächen entsprechend der Gewinnaussichten

Unternehmen sind also eher in der Lage bei schlechten Gewinnaussichten Mietflächen entsprechend zu reduzieren, als sie bei steigenden Erwartungen zur Gewinnsituation bereit sind, flächenmäßig zu expandieren. Der Immobilienmarkt in Frankfurt am Main reagiert hier stärker, München und Berlin schwächer, Hamburg kaum.

Die Betrachtung dieser regionalen Unterschiede zeigt, dass nicht nur die Ausweitung der Flächennachfrage der im Dax berücksichtigten Unternehmen selbst, sondern insbesondere der Bedarf an für die Unternehmen wichtigen Dienstleistungen wächst.

Hierzu zählen unter anderem die Finanzindustrie sowie die Rechts- und Steuerberatung, die selbst als Nachfrager von Flächen auftauchen. Regionale Unterschiede lassen sich vergleichend aus diesem Grund durch die historisch gewachsenen Gegebenheiten eines Standortes Frankfurt am Main als deutscher Finanzplatz mit einer Freien und Hansestadt Hamburg als eigenständige - und bis heute Stadtstaat - Kaufmannsmetropole erklären.

Gründe der verzögerten Flächenanpassung

Die zeitliche Verzögerung in der Reaktion der Immobilienmärkte hat verschiedene Gründe, zuerst haben Mietverträge in der Regel eine Laufzeit von fünf Jahren, was eine sofortige Anpassung an die Gewinnsituation von Unternehmen unmöglich macht.

In gleichem Maße zeichnen sich Immobilienmärkte durch die Besonderheit aus, dass das entsprechende Flächenangebot nur mit einer Vorlaufzeit von mehreren Jahren ausgeweitet werden kann, so lange dauert gewöhnlich die Konstruktion von neuen Gewerbeflächen.

Darüber hinaus wird die Aussagekraft der ausgewiesenen Spitzenmiete durch Incentive-Pakete eingeschränkt, diese umfassen die mögliche Übernahme der Restverbindlichkeiten, mietzinsfreie Zeiten und Übernahme von Umzugskosten.

Diese Anreize werden zuerst reduziert bevor die realisierbare Spitzenmiete steigt, was eine längere Anpassung der Spitzenmieten bei steigenden Gewinnerwartungen der Unternehmen erklärt.

Ebenso müssen hier sich verändernde Ansprüche an Qualität von Flächen, Änderungen in den Arbeitsabläufen in den Unternehmen sowie die Bedeutung von Prestige-Adressen berücksichtigt werden, die den Markt für Immobilien bestimmen und Marktbewegungen verzerren. Gerade in einer Zeit, die durch verkürzte Zeittakte bestimmt ist.

Korrelation zwischen Erwerbstätigen und Spitzenmiete

Der wohl am stärksten wahrzunehmende Zusammenhang ergibt sich bei der Betrachtung von Spitzenmieten und der Erwerbstätigenzahl, wenngleich erneut mit deutlichen regionalen Unterschieden. Vom Aufbau der Beschäftigung profitierten die Mietpreise in Frankfurt am Main besonders, Berlin und München reagierten schwächer, Hamburg kaum.

Wieder zeigt sich die stärkere Volatilität des Frankfurter Büromarktes als Finanzplatz in Deutschland, wenngleich auch die in den Jahren 2001 bis 2004 folgende Reduzierung des Personalbestandes in den Unternehmen in Frankfurt und München die Mietpreise nicht mehr auf geringere Niveaus der Jahre 1995 bis 1998 sinken ließ, während in Berlin und Hamburg die Spitzenmieten nach Ende des Dotcom-Booms noch unter das Mitte der neunziger Jahre herrschende Preisniveau gesunken sind.

Für die Zukunft ist davon auszugehen, dass die Reaktionsgeschwindigkeit der Immobilienmärkte auf Veränderungen der Kapitalmärkte eher zunimmt.

Hierbei spielen Faktoren, wie eine mögliche Reduzierung des Staatsanteils, die zunehmende Bedeutung der privaten Altersvorsorge und die Einführung von Real Estate Investment Trusts eine nicht zu unterschätzende Rolle.

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