Expo Real - Messeausgabe 2009

Deutsche Pfandbriefbank als Immobilien- und Staatsfinanzierer

Im September 2008 führte die Finanzmarktkrise, die sich im Laufe des Jahres 2008 deutlich verschärft hatte, zum teilweisen oder vollständigen Zusammenbruch einzelner Kapital- und Finanzierungsmärkte. Nach der Insolvenz der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers kam ab Mitte September 2008 vor allem der Interbankenmarkt fast vollständig zum Erliegen. Ursache war der anhaltende Vertrauensverlust zwischen den Banken: Das Risiko einer Kreditvergabe auf dem Interbankenmarkt war durch mögliche Probleme der kreditnehmenden Bank nicht mehr einschätzbar.

In dieser Situation erwies sich das Geschäftsmodell der irischen HRE-Tochtergesellschaft Depfa Bank plc, die die HRE im Oktober 2007 erworben hatte, als nicht krisenfest: Die Refinanzierung war in signifikantem Maße abhängig vom Interbankenmarkt und anderen kurzfristigen, unbesicherten Refinanzierungsmöglichkeiten. Langfristige Kredite wurden kurzfristig refinanziert. Die Beschaffung von Liquidität durch Verkäufe von Vermögenswerten war im Jahr 2008 aufgrund der illiquiden Märkte und der stark ausgedehnten Spreads nur noch sehr bedingt möglich. Als Folge kam die Depfa Bank plc in existenzgefährdende Liquiditätsschwierigkeiten. Diese Entwicklungen brachten im Sinne eines Dominoeffekts durch konzerninterne Beziehungen dann auch die HRE Holding und die Hypo Real Estate Bank in eine existenzbedrohende Lage.

Aufgrund der anhaltenden Finanzkrise, die sich insbesondere auf die Immobilienmärkte ausdehnte, verschlechterte sich auch die Kapitalsituation der Gesellschaft. Damit wurde die Krise der HRE nicht nur eine Liquiditäts-, sondern auch eine Solvabilitätskrise.

Unterstützung des Bundes stabilisiert Gesellschaft

In dieser Situation gelang die Stabilisierung des HRE-Konzerns nur durch umfangreiche Liquiditäts- und Kapitalunterstützung der Bundesrepublik Deutschland, der Bundesbank und eines Konsortiums der Finanzwirtschaft. Diese Unterstützung ist für den Fortbestand der HRE essenziell.

Der Konzern greift unverändert auf Liquiditätshilfen eines Konsortiums der Finanzwirtschaft sowie des Finanzmarktstabilisierungsfonds - FMS (SoFFin) zurück. Dieser Liquiditätsrahmen belief sich per 30. Juni 2009 in der Summe auf 98,9 Milliarden Euro. Davon waren zu diesem Zeitpunkt 80 Milliarden Euro in Anspruch genommen, per Ende März 2009 waren es 83 Milliarden Euro. Der Liquiditätsbedarf war zuletzt leicht rückläufig bedingt durch Markteffekte in Form von Wechselkurs- und Zinsänderungen sowie durch das niedrigere Kreditengagement, da Rückzahlungen das Neugeschäft und die Ziehung von Altzusagen überstiegen. Mit dem Einstieg des Bundes konnte das Institut an die Refinanzierungsmärkte zurückkehren. Mittlerweile wurden mit diversen Banken wieder Kreditlinien für die Deutsche Pfandbriefbank vereinbart. Zunächst wurden erste bilaterale Repo-Geschäfte und erste Privatplatzierungen von Pfandbriefen getätigt. Im September konnte die Deutsche Pfandbriefbank AG dann erfolgreich einen Jumbo-Hypothekenpfandbrief im Volumen von 1,5 Milliarden Euro begeben. Das Papier war dreifach überzeichnet.

Essenziell sind auch die bisher ergriffenen Maßnahmen zur Kapitalisierung. Zunächst wurde im Rahmen einer Barkapitalerhöhung aus genehmigtem Kapital das Grundkapital unter Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre um 60 Millionen Euro erhöht. Der SoFFin erwarb dadurch eine Beteiligung am Grundkapital der HRE Holding von 8,65 Prozent. Über ein freiwilliges Übernahmeangebot, das der SoFFin allen Aktionären der Gesellschaft zum Preis von 1,39 Euro pro Aktie im April/Mai unterbreitet hatte, erhöhte sich diese Beteiligung auf rund 47,3 Prozent. Aus einer weiteren Kapitalerhöhung hat der SoF-Fin ebenfalls unter Ausschluss des Bezugsrechts 986,5 Millionen Aktien gezeichnet. Aufgrund der Kapitalerhöhung ist der Gesellschaft ein Betrag von rund 2,965 Milliarden Euro zugeflossen. Nach dieser Kapitalerhöhung hält der SoFFin nunmehr eine Beteiligung in Höhe von 90 Prozent am Grundkapital der Gesellschaft.

Auf absehbare Zeit wird die Fortführung des Konzerns nur unter der Prämisse möglich sein, dass Liquiditätshilfen, deren Höhe auch von der Marktentwicklung abhängt, verfügbar sind. Zudem benötigt die Gesellschaft zeitnah weitere Kapitalzufuhr, wobei auch deren Höhe von einer Reihe von Parametern abhängt. Für das Management der Gruppe haben in dieser Situation zwei strategische Schwerpunkte höchste Priorität: erstens die Erarbeitung einer Strategie für eine neu aufgestellte, zukunftsfähige Kernbank und zweitens die grundlegende Überarbeitung der konzerninternen Strukturen, Prozesse und Systeme.

Neuausrichtung des Konzerns

Mit der Neuausrichtung des Konzerns werden zwei gleichberechtigte Ziele verfolgt: Zum einen werden die strategischen, zukunftsfähigen Geschäftsfelder herausgearbeitet. Dazu werden die strategischen Aktivitäten in einer Kernbank gebündelt, die die Basis des zukünftigen Geschäfts sein wird. Zweitens sollen die nicht-strategischen Portfolios werterhaltend abgebaut werden. Hier wird die Umsetzbarkeit verschiedener Optionen geprüft.

Mit der Deutschen Pfandbriefbank AG ist die neue Kernbank gesellschaftsrechtlich etabliert: Zum 29. Juni dieses Jahres wurde der geplante Zusammenschluss der beiden Pfandbriefbanken des Konzerns - der Hypo Real Estate Bank und der Depfa Deutsche Pfandbriefbank - wirksam. Diesem Schritt vorausgegangen war die Zusammenführung der beiden Immobilienbanken des Konzerns im Rahmen der schon im November 2008 erfolgten Verschmelzung der Hypo Real Estate Bank International auf die Hypo Real Estate Bank. Die Deutsche Pfandbriefbank wird ihre Geschäftsaktivitäten auf die Bereiche Immobilien- und Staatsfinanzierung konzentrieren und dieses Geschäft im Wesentlichen über Pfandbriefe refinanzieren. Durch die Bündelung von Immobilien- und Staatsfinanzierung unter einem Dach ist das Institut in der Lage, Synergien zu nutzen und Kosten zu senken. So ergeben sich Verbundeffekte etwa bei der Refinanzierung oder in den Kundenbeziehungen.

Veränderung der Strukturen und Prozesse

Ein Teil des bestehenden Immobilienportfolios in der Deutschen Pfandbriefbank erfüllt nicht die für die Strategie der Bank definierten Voraussetzungen. Die Bank prüft daher gemeinsam mit dem SoFFin die Möglichkeit, unter anderem problembehaftete und/oder nicht pfandbrieffähige Kredite in eine neu zu gründende teilrechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts unterhalb der Finanzmarktstabilisierungsanstalt einzubringen, die im Gesetz als Abwicklungsanstalt definiert wird. Mit einem solchen Schritt könnte die strategische Kernbank weiter entlastet werden, weil diese Vermögenswerte nicht mit regulatorischem Eigenkapital unterlegt werden müssen und somit schneller reprivatisierungsfähig werden.

Darüber hinaus verfügt der Konzern über nicht strategische Portfolios mit einem Nominalvolumen von rund 210 Milliarden Euro. Diese setzen sich zum ganz überwiegenden Teil zusammen aus Aktiva öffentlicher oder dem öffentlichen Sektor nahe stehender Schuldner mit hoher Kreditqualität (sogenanntes "Wertportfolio"). Allerdings sind diese Aktiva auf Basis der aktuellen niedrigen Marktbewertungen durch hohe stille Lasten gekennzeichnet. Nur ein kleiner Teil der Aktiva in diesen Portfolios ist mit hohen Ausfallrisiken behaftet und hat in den vergangenen Quartalen bereits Wertberichtigungsbedarf ausgelöst. Die Aktiva des Wertportfolios liegen größtenteils im Teilkonzern Depfa Bank plc. Dieses Wertportfolio soll und muss im Zeitablauf abhängig von Marktentwicklungen werterhaltend, marktschonend und unter Optimierung der Refinanzierungskosten zurückgeführt werden. Auch für das Wertportfolio wird die zusätzliche Option geprüft, Teile in die zuvor beschriebene Abwicklungsanstalt einzubringen, um die Kapitalzufuhr durch den SoFFin zu optimieren.

Die Krise der HRE hat die Notwendigkeit gezeigt, außer dem Geschäftsmodell auch die Strukturen und Prozesse sowie die Systeme innerhalb des Konzerns grundlegend zu überarbeiten. In diesen Punkten wurden in den letzten Monaten Fortschritte erzielt. Schon jetzt haben die Einleitung oder Umsetzung der folgenden Maßnahmen den Konzern deutlich schlagkräftiger gemacht:

- Etablierung gruppenübergreifender Prozesse für das Risikomanagement und das Liquiditätsmanagement.

- Anpassung der Unternehmensgröße an das neue Geschäftsmodell. Daraus resultieren eine - unvermeidbare - deutliche Reduzierung der Mitarbeiterzahl sowie die Schließung zahlreicher internationaler, aber auch deutscher Standorte. Bislang wurden 15 Standorte des Konzerns geschlossen, weitere sieben sollen im zweiten Halbjahr 2009 folgen. Insgesamt wird die HRE 26 Konzernstandorte vor allem im Ausland schließen und damit auch die Betreuung von Engagements zentralisieren. Danach verbleiben neun Standorte: Dublin, Eschborn, Luxemburg, London, München, New York, Paris, Rom und Tokio.

- Veräußerung von Tochtergesellschaften, die nicht mehr Teil des künftigen Kerngeschäfts sind, wie dem Assetmanager für strukturierte Produkte Collineo und dem Broker Dealer Depfa First Albany Securities in den USA. P Neudefinition der Führungs- und Organisationsstruktur.

- Implementierung einer komplett neuen IT-Infrastruktur. Diese schafft die nötige Voraussetzung, die Prozesse durchgehend und hocheffizient auf einer integrierten, marktfähigen Plattform abzubilden.

Strategien in der Immobilienfinanzierung

Im Kontext der oben beschriebenen Neuausrichtung des Konzerns erfolgt gleichzeitig eine noch stärkere Fokussierung im Bereich der Immobilienfinanzierung. Die Notwendigkeit für diese Veränderungen wird schon allein bei einem Blick auf das Marktumfeld deutlich:

Während das vergangene Jahrzehnt von einem niedrigen Zinsniveau und stark steigenden Transaktionsvolumina verbunden mit steigenden Beleihungswerten (Loan-to-Value) geprägt war, so hat sich seit 2008 das Marktumfeld im Immobilienbereich fundamental zum Negativen verändert. Je nach Asset-Klasse und -Lage sind die Immobilienwerte um bis zu 20 Prozent und mehr gesunken. Auch das weltweite Transaktionsvolumen ist massiv eingebrochen. Eine Trendumkehr ist frühestens für 2010 bis 2011 zu erwarten. Diese Entwicklung hat bereits zu signifikanten Wertberichtigungen auf Forderungen geführt, weitere Wertberichtigungen sind zu erwarten.

In diesem Umfeld wird die Deutsche Pfandbriefbank das Risiko- und Ertragsprofil des Immobiliengeschäfts deutlich optimieren. Die Bank wird sich bei ihren Neugeschäftsaktivitäten auf pfandbrieffähige Märkte konzentrieren. Der Fokus wird auf Deutschland und anderen ausgewählten europäischen Ländern liegen.

Das Angebot richtet sich zukünftig vor allem an professionelle Immobilieninvestoren und mittelständische Kunden. Finanzierte Objekte werden insbesondere Bürogebäude und Einzelhandelsimmobilien sein. Auch wohnwirtschaftlich genutzte Immobilien werden finanziert. Kredite zur spekulativen Immobilienentwicklung sollen die Ausnahme bleiben. Die Größe der einzelnen Transaktionen wird im Vergleich zur bisherigen Gruppenstrategie deutlich geringer sein. Größere Transaktionen sind nicht gänzlich ausgeschlossen, sollen aber via Club Deals/Syndizierung erfolgen.

Ein wichtiger kritischer Erfolgsfaktor wird vor allem auch ein aktives Portfoliomanagement sowie das proaktive Risikomanagement und Management der Sicherheiten sein. Risikoprozesse und das Management von Sicherheiten werden überprüft und verbessert. Durch straffere Prozesse und enges Monitoring wird sichergestellt, dass die Bank bei einer Verschlechterung der Kundenbonität oder der Sicherheiten zeitnah reagieren kann.

Ausblick

Die durch die Unterstützung des Bundes ermöglichte Restrukturierung der HRE ist insgesamt auf einem guten Weg. Es ist gelungen, den Konzern zu stabilisieren und die Neuausrichtung auf einen erfolgversprechenden Weg zu bringen. Mit der Deutschen Pfandbriefbank AG ist die neue strategische Kernbank des Konzerns entstanden. Das neue Geschäftsmodell nimmt Gestalt an. Im ersten Halbjahr wurde wieder selektiv Neugeschäft geschrieben und zwar in beiden strategischen Geschäftsfeldern, wobei rund eine Milliarde Euro auf die Immobilienfinanzierung und rund 0,2 Milliarden Euro auf die Staatsfinanzierung entfielen. Dies zeigt: Die Deutsche Pfandbriefbank ist wieder am Markt und wird weiter am Markt aktiv sein.

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