MIPIM Special

Derivate in der internationalen Immobilienfinanzierung

Steigende Zinsen, Währungsschwankungen, Inflation und Preisschwankungen auf den Immobilienmärkten zwingen Investoren nach Möglichkeiten zu suchen, diese Risiken durch günstige Hedgingstrategien zu begrenzen. Mittels Derivaten finden solche Strategien auch in der Immobilienfinanzierung immer stärkere Anwendung.

In den letzten Jahren gestalteten sich die Zinsmärkte sehr volatil. So führten die Ereignisse des 11. September 2001 und die schwächelnde US-Wirtschaft zu einer längeren Phase niedriger Zinsen. Die Federal Reserve Bank (Fed) der USA senkte die Leitzinsen damals von 6,5 Prozent auf 1,0 Prozent bis Mitte 2003. Diese Phase endete mit einer wieder stark anziehenden US-Konjunktur und dem durch steigende Rohstoffpreise bedingten Inflationsdruck.

Seit Juli 2004 hob die Fed deshalb die Leitzinsen wieder bis auf das heutige Niveau von 5,25 Prozent an. Getrieben von einer prosperierenden US-Wirtschaft, wuchs auch die Weltwirtschaft und zwang andere Notenbanken ihre Leitzinsen anzuheben. Dies führte weltweit zu einem höheren Zinsniveau. Durch die noch nicht genau absehbare Konjunkturentwicklung in den USA verändern sich die Erwartungen der Marktteilnehmer.

Schwankende Zinsen sind aber nur eines von vielen Risiken, mit denen Immobilieninvestoren konfrontiert sind. Auch die Risiken, die volatile Wechselkurse oder schwankende Preise bergen, müssen möglichst gering gehalten werden. Investoren setzten sich daher intensiv mit Zins-, Währungs- und Indexderivaten (Wertentwicklungsderivaten) auseinander, um hier flexible, aber kostengünstige Hedging-Strategien einzusetzen.

Mehr Flexibilität

Unter der Absicherung gegen Zinsveränderungen (Zinshedging) versteht man primär das Sichern eines festen Zinssatzes (Swap) oder die Begrenzung gegen steigende variable Zinsen (Cap). Vor allem in einer Hochzinsphase stehen die Investoren vor dem Problem, dass sie sich nur noch die bereits hohen Zinsen sichern können oder nicht unerhebliche Einmalzahlungen für Caps leisten müssen. Im ersten Schritt lassen sich solche Kosten zum Beispiel durch Collarsstrukturen (Cap und Floor) oder Caps mit steigenden Strikes (das heißt hier erhöht sich der Absicherungslevel mit der Laufzeit, was die Kosten des Caps verringert) reduzieren. Das reicht aber oft aufgrund sehr flacher Zinskurven nicht aus.

Teilweise Abhilfe können hier neue Produkte wie zum Beispiel die digitale Option schaffen. Hier erhält der Investor durch den Verkauf eines digitalen Caps eine Einmalzahlung von der Bank. Im Gegenzug muss er bei Überschreiten eines bestimmten Zinslevels einen vorher vereinbarten Spread zahlen. In Kombination mit einem Cap oder Swap lassen sich dadurch neue und kostengünstige Hedging-Strategien schaffen. So kann ein Investor zum Beispiel anstelle eines reinen Caps einen verbilligten Cap (Two Strike Cap) erwerben. Dabei verkauft der Kunde zusätzlich zum gekauften Cap einen digitalen Cap an die Bank und verbilligt somit seine Kosten durch den Erhalt einer Einmalzahlung. Eine ähnliche Kostenreduktion lässt sich auch in Verbindung mit einem Swap erzielen.

Dabei kann die Prämie des digitalen Caps dazu verwendet werden, den Kupon des Swaps unter das aktuelle Marktniveau zu drücken. Die Ausgestaltung solcher Produktkombinationen ist sehr flexibel und kann an die Wünsche und finanziellen Gegebenheiten des Kunden individuell angepasst werden.

Zinshedging wie auch Währungsgeschäfte sind für international agierende Immobilieninvestoren bereits eine Selbstverständlichkeit. So finanzieren Investoren ihre Objekte manchmal nicht in ihrer Heimatwährung und sichern die daraus entstehenden Währungsrisiken durch Derivate ab. Neben FX-Kassatausch und Cross-Currency-Swap finden auch immer mehr FX-Termingeschäfte und Quanto-Swaps Anwendung und erleichtern es den Investoren, ihre Währungsrisiken flexibler zu steuern.

Vorteile von Indexderivaten

Eine weitere sehr innovative Produktgruppe sind die sogenannten Indexderivate. Diese Derivate ermöglichen es dem Kunden, Risiko aus einem zugrunde liegenden Referenzindex zu kaufen oder zu verkaufen. Deshalb sind auch im internationalen Immobiliengeschäft Inflations- und Propertyindizes von Bedeutung. Durch Inflationsderivate ist es beispielsweise möglich, dem Investor ein Hedging seiner inflationsgebundenen Mieteinahmen anzubieten. Propertyderivate werden eingesetzt, um gezielt Immobilienrisiken abzubauen oder gegebenenfalls auch aufzubauen. So kann der Investor Klumpenrisiken im Portfolio reduzieren oder durch Beimischung eines Risikos aus einem anderen Immobilienmarkt stärker diversifizieren. Mit Propertyderivaten kann sich der Investor indirekt an den Immobilienmärkten engagieren und vermeidet Markteintrittskosten oder Abwicklungs- und Verwaltungskosten.

Diese neue Produktlandschaft verändert natürlich auch rechtliche beziehungsweise organisatorische Strukturen. Aufgrund der steigenden Anforderungen in Bezug auf die Flexibilität und Transparenz eines Geschäfts wird immer stärker zwischen Grundgeschäft (Darlehen) und Derivat getrennt und dazu werden auch verschiedene Verträge abgeschlossen.

Trotz Komplexität mehr Transparenz

Die Kundenbeziehungen werden dadurch komplexer und die Preisstrukturen transparenter. Je nach Rechtsraum greift man hier für das Derivatgeschäft auf einen Deutschen Rahmenvertrag oder einen international anerkannten Rahmenvertrag (ISDA) zurück. Die daraus entstehende zweifache Kundenbeziehung, ermöglicht es, das Derivat getrennt vom Darlehen zu verwalten und weiter zu verwenden. So können die Risiken effizienter gesteuert werden. Das heißt ein Darlehenskunde kann nun einen vorhanden Swap oder Cap im Rahmen einer Umstrukturierung seiner Finanzierung weiter nutzen, ihn verkaufen oder an eine andere Bank abtreten. Dies ermöglicht es auch dem Kunden, zum Beispiel einen Cap bei fallenden Zinsen an die Bank zurückzuverkaufen, um so einen Teil der bezahlten Prämie wieder zu realisieren.

Für den Kunden erhöht sich außerdem die Transparenz des Derivates bezüglich des Pricings, was zu reduzierten Finanzierungskosten führt. Je nach Vereinbarung mit der Bank kann der Kunde sein Derivat nun im Wettbewerb mit anderen Banken erwerben und dadurch einen effizienten Preis erzielen. Gerade in Großbritannien und den USA nutzen Kunden diesen Vorteil und erreichen damit nahezu Interbankenpreise. Extrembeispiele sind hier die sogenannten Auctions in den USA, bei denen mehrere Banken gleichzeitig jeweils einen Preis für das Derivat stellen und die Bank mit dem besten Preis den Zuschlag für das Geschäft erhält.

Aufgrund dieser Entwicklung ist es aus Sicht der Bank nötig, neue Strukturen zu schaffen, um die zusätzliche Ertragsgenerierung durch den Verkauf solcher Derivate effizient zu gestalten. Gerade in Bezug auf den sehr umfangreichen ISDA-Rahmenvertrag wird spezielles Know-how und eine umfangreichere juristische Unterstützung benötigt, um die jeweiligen Rahmenverträge maßgerecht auszuarbeiten oder neu anzupassen. Aber auch die Verwaltung dieser Derivate bedingt innerhalb der Bank neue Strukturen in der Abwicklung. Da nun jeder Kunde auf Basis des Rahmenvertrags wie eine reguläre Derivatecounterparty (ähnlich wie im Interbanken-Derivatehandel) behandelt wird, müssen die gleichen Prozesse etabliert werden, wie die Überwachung von Derivatelinien, die Einforderung von Collaterals oder die Automatisierung von Zahlungen und die Beachtung von Zeitzonen in einem globalen Handelsgeschehen. Eine immer stärker verflochtene Weltwirtschaft, transparentere Risiken, aber auch exogene Schocks wie Terror und Naturkatastrophen machen Investoren sensibler gegenüber Risiken. Deshalb ist der Derivatemarkt insgesamt nach wie vor ein stark wachsender Markt. Vor allem der Marktanteil für Derivate im Bereich der Immobilien nimmt überproportional zu. Dieses Wachstum wird auch in Zukunft anhalten. Daher wird auch die ohnehin bereits sehr große Produktvielfalt kontinuierlich zunehmen.

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