Lebensversicherung

Kein Vorsorgeinstrument?

In der Diskussion um die Altersvorsorge mit Lebensversicherungen taucht immer wieder das Argument auf, die Policen würden ja gar nicht als Vorsorgeinstrument, sondern lediglich als Geldanlage genutzt, da doch die große Mehrheit der Versicherten sich die Ablaufleistung nicht als lebenslange Rente, sondern als Kapitalabfindung auszahlen lasse. 78 Prozent sind das beispielsweise nach Angaben des Unternehmens bei der R+V.

Diese Argumentation zieht freilich nur dann, wenn man unterstellt, dass all diese Kunden das Kapital tatsächlich gleich für den Konsum ausgeben. Aber ist das wirklich so? Wissenschaftlich untermauert scheint der Vorwurf jedenfalls nicht zu sein. Empirische Untersuchungen zu der Frage, was die Versicherten tatsächlich mit dem ausgezahlten Kapital anfangen, gibt es anscheinend bislang nicht. Auch dem Branchenverband GDV sind keine entsprechenden Studien bekannt.

Erhebungen gibt es lediglich zum Wiederanlagemanagement von Lebensversicherungen. Und das könnte tatsächlich besser sein. Einer aktuellen Studie von Simon Kucher & Partners zufolge liegt die Wiederanlagequote deutscher Lebensversicherer im Schnitt bei lediglich 15 Prozent. Nur 11 Prozent der befragten Unternehmen geben eine Quote von über 30 Prozent an.

Mangelnde Erfolge der Assekuranz im Wiederanlagemangement lassen jedoch nicht automatisch den Schluss zu, dass die Kapitalleistungen einfach für Weltreise, Swimmingpool und Co. ausgegeben werden. So kann eine solche Summe beispielsweise genutzt werden, um Kredite für Wohneigentum abzulösen oder sich in einem Seniorenstift einzukaufen. Und auch derjenige, der das Kapital anderweitig anlegt, um mit den Erträgen sein monatliches Einkommen aufzustocken, nutzt die Versicherung insofern indirekt auch zur Altersvorsorge.

Auch das viel geschmähte Einmalbeitragsgeschäft der Lebensversicherer wird sicher zum Teil mit Kapitalleistungen aus auslaufenden Verträgen bestritten - wenn auch nicht unbedingt bei der gleichen Gesellschaft, bei der der Kunde seinen bisherigen Vertrag hatte. In den Wiederanlagequoten taucht eine solche Wiederanlage deshalb nicht auf.

Nicht zu vergessen ist bei der ganzen Diskussion, dass erst seit der Rentenreform 2002 der Fokus auf Verträgen mit einer Auszahlung auf Rentenbasis liegt. Das wiederum bedeutet: Ein Großteil derjenigen Verträge, bei deren Auslaufen der Kunde die Kapitalleistung wählt, sind alte Policen, oftmals mit einer durch die damalige Steuergesetzgebung vorgegebenen Mindestlaufzeit von zwölf Jahren. Vielfach handelt es sich also um solche Versicherungen, bei denen aufgrund der kurzen Laufzeit eine Auszahlung als (Mini-)Rente wenig sinnvoll wäre.

Dass der Kunde die Ablaufleistungen anderweitig anlegt, war somit indirekt vom Gesetzgeber vorgegeben. Daraus lässt sich der Assekuranz und ihren Vertriebspartnern kein Vorwurf machen. Wie sich der Anteil von Kapitalabfindungen zu Rentenzahlungen künftig entwickeln wird, wird sich erst nach Auslaufen der alten Vertragsgenerationen zeigen können. Und selbst dann bedürfte ein Urteil über die Verwendung der als Kapital ausgezahlten Ablaufleistungen zur Altersvorsorge erst einmal einer gründlichen Untersuchung. Red.

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