Die Zukunft der Filiale

Zwischen Digitalisierung und Kunden - Renaissance der Filiale?

Cloud Banking, Mobile-/Telephone Banking, Social Media, Kollaborative Arbeitsformen, Crowdfunding, Bitcoins sowie 3-D-Druck stehen exemplarisch für technologische Entwicklungen, deren Auswirkungen und Handlungskonsequenzen in Kreditinstituten diskutiert werden. Die Kunden leben als sogenannte Digital Immigrants in einer zunehmend digitalisierten Welt - auch deren Nachwuchs, die Digital Natives, wachsen im intuitiven Umgang mit digitalen Medien darin auf.

Beide Kundengruppen weisen ein zu nehmend verändertes Nachfrageverhalten nach Bankprodukten und -dienstleistungen aus. Die "Generation Smartphone" nutzt Bankgeschäfte heute immer mehr über mobile Applikationen und setzt dabei die Flexibilität des Internets mit unterschiedlichen Zugangsmöglichkeiten auf verschiedenen Endgeräten selbstverständlich voraus. Was können Kreditinstitute tun, um sich nicht immer weiter vom Kunden zu entfernen und letztlich über Technologie- und Produktplattformen austauschbar und beliebig zu werden?

Prozessoptimierung in der Bank

Die Technisierung hat in den letzten Jahren unter anderem aufgrund regulatorischer Rahmenbedingungen, Bestrebungen zur Kostenreduktion und dem Anspruch einheitlicher Qualitätsstandards im Beratungsgeschäft des Filialbetriebs zu einer erhöhten IT-unterstützten Prozessstandardisierung und -optimierung geführt.

Der Beratungsprozess in einer Kunde-Bank-Beziehung ist inzwischen zumeist in hohem Maße strukturiert.

- Einerseits stehen dem Kundenberater durch die strikt regulierten Abläufe deutlich weniger Möglichkeiten eines flexiblen und situativen Gesprächsverlaufs zur Verfügung. Der Kunde sollte dabei aktiv in das Gespräch einbezogen werden, beispielsweise indem seine Angaben bei der Dateneingabe am Bildschirm durch den Kundenberater eingesehen werden können. Hierdurch entsteht in einem frühen Gesprächsstadium Vertrauen durch Transparenz, das ansonsten womöglich einer späteren Beratungsempfehlung seitens der Technik und des Beraters entgegen stehen könnte.

- Andererseits kann ein vorgegebener Gesprächsleitfaden dem Berater die Sicherheit im Gespräch geben, keine aufsichtsrechtlich und anschließend möglicherweise compliance-relevanten Sachverhalte im Kundengespräch zu vergessen, beispielsweise den Ausdruck eines Wertpapierberatungsprotokolls vor dem Ausführen einer Order. Durch die Technisierung können dem Kundenberater zu jedem Prozessschritt die zuvor papierhaften Dokumente in elektronischer Form als PDF-Dokument bereitgestellt werden, zum Beispiel Produktinformationsblätter. Dabei werden dem Kundenberater richtlinienkonform nur jene Dokumente bereitgestellt, die seiner Beratungsqualifikation entsprechen.

Prozessstandardisierungen erlauben systematische und umfassende Kundenbedarfsanalysen, und zwar in einer gleichbleibenden (hohen) Qualität. Überdies resultieren hieraus aus Managementsicht Auswertungsmöglichkeiten zum Beispiel hinsichtlich Revision, Compliance, Vertriebssteuerung.

Digitale Welt und Bankfiliale kein Widerspruch

Die zunehmende Digitalisierung birgt - neben den zahlreichen Chancen - das Risiko, den persönlichen Kontakt zum Kunden mehr und mehr zu verlieren. Kundenbindung entsteht aber nicht abstrakt durch Technik, sondern in Kombination mit dem bestehendem Produkt- und persönlichen Kompetenzportfolio einer Bank. Insofern stehen Kreditinstitute zunehmend vor der Herausforderung, Möglichkeiten zu entwickeln, deren "Online-Filiale" mit der "Real-Filiale" zu verknüpfen, um den Kunden nicht in der digitalen Welt zu verlieren.

Hierzu können von Kunden online eingegebene Daten, beispielsweise im Rahmen einer Baufinanzierungsberechnung, dem Ansprechpartner in der Filiale bereitgestellt werden, um dem Kunden einen persönlichen Beratungstermin anzubieten.

Verknüpfung durch Personal Finance Management

Darüber hinaus können auf den Kundennutzen ausgerichtete technologische Möglichkeiten, beispielsweise ein Personal Finance Management, eine solche Verknüpfung herbeiführen. Der Kunde erhält durch das Personal Finance Management die Möglichkeit, seine persönlichen Finanzen über jedes Endgerät - damit auch unterwegs und rund um die Uhr an sieben Tagen die Woche - grafisch und mittels Kennzahlen einzusehen. Überdies erhält er beispielsweise auch Prognosen über zukünftige Konten-/Ausgaben- und Vermögensentwicklungen auf Basis historischer Daten.

So erhalten Kunden einen Überblick über die Struktur ihrer Ausgaben (Lebensmittel, Auto, Versicherungen) und können die Machbarkeit zukünftiger Anschaffungen mit ihren Prognosedaten abgleichen.

Beratungsanlässe ableiten

Kreditinstitute erhalten hierdurch strukturiert zahlreiche zusätzliche Informationen von ihren Kunden, die sie andernfalls allenfalls beiläufig in Beratungsgesprächen erhalten hätten. Aus diesen online generierten Informationen können Beratungsansätze abgeleitet werden, die einen Anlass für einen persönlichen Beratungstermin in der Filiale geben.

Eine zentrale Herausforderung in der Kundenberatung liegt in einer sich ständig verändernden Diversität der Präferenzen in allen Kundengruppen. Die zunehmende Digitalisierung der Bankkunden erhöht den Stellenwert von Informationen als Wirtschaftsgut.

Die Informationen aus der "Online-Filiale" zu analysieren und daraus Kundenbedürfnisse für den Filialbetrieb abzuleiten wird in einer digitalen Welt der Zukunft möglicherweise einen zentralen Unterschied in der Kundenbindung und den Möglichkeiten bankvertrieblicher Geschäftsansätze ausmachen.

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