Kostenmanagement

Zukunftssicherung durch Sachkostenmanagement

Nach wie vor leidet insbesondere der Bankenbereich in Deutschland trotz des volkswirtschaftlichen Wachstums seit fünf Jahren nach wie vor an einer signifikanten Ergebnisschwäche. Der Vergleich zu anderen Sektoren zeigt eine deutliche Schieflage bei dem Anteil administrativer Ausgaben (siehe Abbildung 1). Der deutliche Anstieg der Verwaltungsaufwendungen von 2002 bis 2012 um durchschnittlich drei Prozent pro Jahr ging einher mit einer Verschlechterung der Cost Income Ratio (CIR) um sechs Punkte: von 55 auf durchschnittlich 61. Die Bandbreite erstreckt sich von 25 (KfW) bis 91 (Deutsche Bank).

Betrachtet man die Einzelinstitute (Abbildung 2, fällt auf, dass sich etwa die Hälfte um bis zu 18 Prozent-Punkte verbessert (Top DZ Bank), während sich die andere um bis zu 13 Prozent-Punkten verschlechtert hat (größter Verlierer Deutsche Bank). Einen wesentlichen Anteil an der Kostenund Kennzahlenentwicklung hat der Sachkostenbereich. Die Sachkosten machen auch aufgrund umfangreicherer Outsourcingaktivitäten - abhängig vom Geschäftsmodell - zwischen 40 und 63 Prozent der betrieblichen Aufwendungen aus. Während die Personalkosten überwiegend stark angepasst wurden und damit auch in deren Windschatten variable Sachkosten proportional gesenkt werden konnten, gelang dies bei den nicht-personalgebundenen Sachkosten in den Warengruppen IT, Dienstleistungen, Marketing und Facility Management im Durchschnitt nur unzureichend. Der sichtbare Erfolg bei den variablen Positionen verschleierte allerdings anfangs den Blick (siehe Abbildung 3).

Einsparpotenziale im Beschaffungswesen

Zweifellos hat sich nach der Finanzkrise insbesondere die Einkaufsfunktion professionalisiert. In zahlreichen Einzelfällen wurden erfahrene Einkaufsmanager angeheuert. Gemäß der Mazars-Benchmarkstudie "Einkaufsperformance in ausgewählten Industrien" hat tatsächlich die Beschaffungsleistung gegenüber anderen Sektoren, auch Fertigungsindustrien, nach 2010 deutlich aufgeholt - in den globalen, IT-lastigen Warengruppen bei einzelnen Instituten sogar überproportional.

Und trotzdem schlummern hier noch nicht entdeckte oder noch zu wenig beachtete Einsparpotenziale durch ein systematisch betriebenes Sachkostenmanagement in erheblichem, zweistelligen Umfang.

Die Finanzwelt steht nach der Finanzkrise unbestritten nach wie vor vor großen Herausforderungen. Einerseits steigen die Anforderungen an Innovationskraft, Geschwindigkeit, Flexibilität und Wachstum. Auf der anderen Seite werden Spielräume bei der Produkt- und Preisgestaltung spürbar enger. Finanzdienstleistungen sind in vielen Bereichen zu weltweit verfügbaren, homogenen und damit leicht austauschbaren Gütern geworden: Finanzprodukte nehmen zunehmend den Charakter einer Commodity an. Die schon vor der Jahrtausendwende schwarz gemalte Aussicht "Finanzdienstleister sind die Stahlindustrie des 21. Jahrhunderts" wird greifbare Realität.

Ein Blick auf internationale Kennzahlenvergleiche wie zum Beispiel die Cost Income Ratio bei Banken oder der Quotient aus den Verwaltungsaufwendungen zu den Prämien bei Versicherungen zeigt, dass deutsche Finanzdienstleister trotz der in den letzten Jahren gemachten Anstrengungen in diesen Bereichen eher auf den mittleren bis hinteren Plätzen liegen. Trotz der Skaleneffekte verstärkter Ausgliederungs-, Fusions- und Übernahmetendenzen besteht in Richtung konsequenter und nachhaltiger Kostensenkung nach wie vor erheblicher Handlungsbedarf.

Gesamtkosten statt Einstandspreise im Blick

Zur Erschließung der noch schlummernden Einsparpotenziale durch systematisches Sachkostenmanagement werden beim Einkauf von Sach- und Dienstleistungen seit geraumer Zeit nicht nur die Einstandspreise reduziert, sondern die Gesamtkosten. Diese umfassen neben den Preisen auch Mengen, Instandhaltungsaufwand, Wiederbeschaffungskosten auf der Zeitachse, Prozesskosten der Beschaffung sowie die Aufwendungen der gesamten Versorgungskette. Beispielsweise lassen sich durch den gezielten Aufbau und eine enge Einbindung von Vorzugs- und Schlüssellieferanten in die Gestaltung der Wertschöpfungskette diese Kosten erheblich reduzieren.

Schon längst geht es nicht mehr nur um den niedrigsten Einstandspreis. Der Best-Practice-Maßstab ist heute "total low cost". Für diesen umfassenden, stark umsetzungsorientierten Ansatz sind Koordinationsmechanismen auf der obersten Unternehmensebene hilfreich und notwendig, auf der exekutiven Ebene exzellentes Know-how und Gestaltungswille.

Schlüssel für ein erfolgreiches Sachkosten-Management ist ein überzeugendes Konzept, das die Performance-Felder Einkaufsziele- und -strategie, Warengruppen- und Lieferantenmanagement sowie die sogenannten Rahmenbedingungen wie Prozesse, Organisation, Technologie und Kennzahlen umfasst. Auf der ersten Ebene der Einkaufsziele und -strategie geht es um die Frage, welchen Beitrag soll der Einkauf mit wem gemeinsam zur Ergebnisverbesserung leisten und wie ist der Weg dorthin?

In dem zweiten Performance-Feld, dem Warengruppen- und Lieferantenmanagement geht es darum, welche konkreten Einkaufshebel und welcher Hebelmix zum Einsatz kommen.

Mazars Consulting hat sechs wirksame Sachkostenstrategien für Finanzdienstleister unter Umsetzungsgesichtspunkten weiterentwickelt (siehe Abbildung 4):

Preisoptimierung,

Bedarfsbündelung,

Prozess Re-Design,

technische Verbesserungen,

Lieferantenintegration und

Verbesserung der gesamten Wertschöpfungskette.

Zu jeder dieser sechs Grund-Strategien ist ein Werkzeugkasten verfügbar, der aus mehr als 70 wirksamen Sachkostenhebeln besteht und in einer auf Finanzdienstleister zugeschnittenen Toolbox vorliegt.

Neben den einkäuferischen Standardinstrumenten wie Anfragen, Ausschreibungen und Preisverhandlungen geht diese Toolbox deutlich tiefer und ist viel nachhaltiger. So umfasst die Grundstrategie Bedarfsbündelung beispielsweise die Hebel Bonusvereinbarungen, Preisobergrenzen- und Lebenszyklusverträge sowie auch Einkaufskooperationen. Und die Grundstrategie Lieferantenintegration enthält Sachkostenhebel wie zum Beispiel Zielvereinbarungen mit Zulieferern, Lieferantenfinanzierung, Produktfinanzierungsmodelle, Produktentwicklungsmodelle, Konzeptwettbewerbe und Lagerkonzepte wie zum Beispiel Lieferantengesteuerter Bestand oder Konsignationslager. Im Ergebnis werden die Sachaufwendungen pro Kopf beziehungsweise die Stückkosten signifikant und eben auch nachhaltig gesenkt.

Lieferantenmanagement durch Outsourcing wichtiger geworden

Ein weiterer Baustein im zweiten Performance-Feld ist das Lieferantenmanagement. Im Zuge der Finanzkrise haben gerade Banken und Versicherungen in den vergangenen Jahren verstärkt Eigenleistungen ausgelagert. Konsequenz des Outsourcing sind komplexer werdende Einkaufsvorgänge, denen die bisherigen einkäuferischen Mittel und Hebel nur bedingt Rechnung tragen.

Systematische und regelmäßige Beurteilungen der Lieferanten unter Preis-/Leistungs-, Lieferzuverlässigkeits- und Qualitätskriterien sollten heute ebenso zum einkäuferischen Handwerkszeug zählen wie die Entwicklung ausgewählter Lieferanten zu Vorzugs- und Schlüssellieferanten und deren Integration in unternehmenseigene Projekte und Abläufe. Nur so kann ein Unternehmen den Wettbewerbsvorteil seines Lieferanten rasch und umfassend zum eigenen Kosten- und Qualitätsvorteil nutzen.

Bei dem dritten Performance-Feld richtet sich das Augenmerk auf die organisatorischen Prozesse. Interne Abläufe, beispielsweise die rechtzeitige Einbindung des Einkaufs in Großprojekte und die Strukturen der Aufbauorganisation beziehungsweise Zentrale Beschaffungsfunktion, werden auf Effizienz geprüft und optimiert. Ein wichtiger Erfolgsfaktor für Sachkostenmanagement auf dieser Ebene ist das ergebnisorientierte Kostencontrolling.

Die Kernfrage lautet: Wie nachhaltig sind die ergriffenen Maßnahmen, das heißt ab welchem Zeitpunkt sind realisierte und vertraglich abgesicherte Maßnahmen kosten- beziehungsweise ergebniswirksam, und was schützt dauerhaft vor einer negativen Preisentwicklung? Ein auf Ebene der Warengruppen aufsetzender Preisspiegel kann hier hilfreich sein, der als Preisveränderungsindex entsprechende Entwicklungen transparent und so für das Management kontrollierbar macht. Eine integrierte Verknüpfung mit dem Budget schafft die Verbindung zur Gewinn und Verlustrechnung.

Je ein Drittel IT-, Gebäude- und Bürobetriebs- und Reisekosten

Je nach Anteil der erbrachten Eigenleistung stellen die Sachkosten bis zu 100 Prozent der Gesamtkosten in einzelnen Kostenarten dar, das heißt sie können in Einzelfällen deutlich höher als die Personalkosten sein. Mit Ausnahme des Werbebudgets teilen sich die Sachkosten in der Regel in drei nahezu gleich große Bereiche:

Rund ein Drittel der Aufwendungen betrifft die Informations- und Kommunikationstechnologien einschließlich der Betreibergebühren.

Ein weiteres Drittel wird für allgemeine Bürobetriebs- und Reisekosten, beispielsweise Büromaterial, Fahrzeugregelungen, Mitarbeiterverpflegung und Logistikdienstleistungen aufgewendet.

Das letzte Drittel entfällt auf Betriebskosten für Gebäude; hierzu zählen Mieten und Mietnebenkosten wie etwa Energie, Gebäudereinigung oder technische Gebäudeausstattung und -instandhaltung sowie Mobiliar und Einbauten - abhängig von dem entsprechenden Business-Modell.

In allen drei Bereichen führt ein systematisches Sachkostenmanagement zu erheblichen und nachhaltigen Einsparungen. Hier "schlummern" die schon aufgezeigten ungenutzten Potenziale - sowohl im Warengruppen- und Lieferantenmanagement als auch bei den Performance-Feldern Organisation, Prozesse, Technologie und Kenngrößen, an die man sich bei Einrichtung oder Neuausrichtung eines Sachkostenmanagements halten sollte.

Grundsätzlich sind für ein wirksames Sachkostenmanagement bei Finanzdienstleistern erfolgskritisch:

Transparenz unter anderem über Ausgabenstrukturen, Ausgaben-/Einkaufspläne der Bedarfsträger, Lieferantenstrukturen und Beschaffungsmärkte,

überzeugende Sachkostenstrategien und tragfähige Konzepte für nachhaltige Einsparungen, Auswahl geeigneter und wirksamer Hebel zur entsprechenden Marktbearbeitung,

crossfunktionale Warengruppenteams,

Überwindung von eingefahrenen Denkhürden,

Wertbeitragsmessung und Budgetverknüpfung der Einkaufsaktivitäten sowie

organisatorische Konsequenzen und Neuausrichtung zum Beispiel Zentraleinkauf (Lead Buying).

An Industrieunternehmen orientieren

Indem Sachkostenmanagement auch bei Finanzdienstleistern den Stellenwert erhält, den der Einkauf bei Industrieunternehmen bereits hat, können Banken und Versicherungen noch enorme Einsparpotenziale schöpfen. Einsparungen, die keine Eintagsfliege bleiben, sondern nachhaltig und von Dauer sind, weil sie auf Prozessveränderungen und einer Neugestaltung der Einkaufsorganisation unter Koordinationsgesichtspunkten basieren.

Unumgänglich ist die Erkenntnis, dass die Verantwortung für den Einkauf und damit auch das Sachkosten-Management in den obersten Unternehmensetagen anzusiedeln ist, auf der Arbeitsebene aber das notwendige Rüstzeug aufgebaut werden muss. Dafür müssen auch zahlreiche Denkhürden ab- und strategische Partnerschaften aufgebaut werden. Der Einkauf, das zeigen bereits heute die hier führenden Finanzinstitute, kann so zum essenziellen Begleiter und akzeptierten Partner einer zukunftsorientierten Gesamtstrategie werden - und damit einen wertvollen Beitrag zur Zukunftssicherung von Banken und Versicherungen leisten.

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