Aufsicht

Sind die Prüfungskosten im genossenschaftlichen Finanzverbund zu hoch?

Eindeutig: Ja! Und zwar

1. Wegen "Doppelprüfungen" der Aufsicht bei den Volksbanken und Raiffeisenbanken.

2. Wegen Auftragsvergaben für Prüfungen und Gutachten der Verbundunternehmen außerhalb des genossenschaftlichen Prüfungswesens.

Eindeutig: Nein! Und zwar

1. Wegen der Zweckbestimmung der Verbände (unter anderem keine Gewinnerzielung) und damit im Drittmarktvergleich niedrigeren Prüfungssätzen.

2. Wegen der Nutzenstiftung durch die gesetzliche Prüfung zur Aufrechterhaltung leistungsfähiger Genossenschaftsbanken in dezentraler Verbundstruktur.

Doppelprüfung und Auftragsvergabe

Doch zunächst zu Doppelprüfungen und Auftragsvergaben. Das Erste schafft Chancenungleichheit im Wettbewerb, das Zweite bedeutet überhöhte Kosten für Leistungen externer Anbieter: Gelder, die dann für Dividenden oder Provisionen fehlen. Beides bedarf der Korrektur.

Dazu muss die Bankenaufsicht stärker den über viele Jahrzehnte bewährten genossenschaftlichen Managementregelkreis beachten. Routineprüfungen nach § 44 KWG sind bei den Volksbanken und Raiffeisenbanken schlicht überflüssig. Dezentralität und die sonst so viel gelobte unternehmerische Entfaltung werden massiv behindert. Das Vorhalten und der weitere Aufbau operativer Prüfungskräfte bei der Aufsicht respektive Bundesbank passt nicht zu den marktwirtschaftlichen Grundelementen in Deutschland.

Die Auftragsvergabe für Verbundprüfungen erfolgt nach den HV-Beschlüssen durch die Aufsichtsräte, in denen stets die Volksbanken und Raiffeisenbanken die Mehrheit stellen. Hier sollten das Prinzip der Geschlossenheit befolgt und durch Nutzung der eigenen Wirtschaftsprüfungskompetenzen Kostensynergien gehoben werden. Allerdings müssten hierzu die Prüfungsverbände ihr Angebot stärker bündeln und ihre diesbezügliche Leistungsfähigkeit mehr demonstrieren.

Ist dies geklärt, bleibt die Frage: Sind die Prüfungskosten der Volksbanken und Raiffeisenbanken, die durch die Prüfungsverbände in Rechnung gestellt werden, zu hoch? Kosten sind immer zu hoch. Es sei denn, man kann die Kosten mit gestiftetem Nutzen in Verbindung bringen. Genau dies trifft für die genossenschaftliche Pflichtprüfung zu. Sie unterscheidet sich von den Jahresabschlussprüfungen bei anderen Rechtsformen. Denn die genossenschaftliche Pflichtprüfung gemäß § 53 Genossenschaftsgesetz schafft einen Mehrwert für das einzelne Institut und die gesamte Gruppe. Sie geht mit der Ausrichtung auf die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung und in Verbindung mit dem Betreuungskonzept der Prüfungsverfolgung weit über die übliche Jahresabschlussprüfung hinaus. Dies impliziert, dass die Prüfung nicht bei der Feststellung des Jahresabschlusses stehen bleibt, sondern auch auf die Beseitigung festgestellter Mängel hinwirkt. Damit sind an sie weitaus höhere Qualitätsansprüche gestellt und sie erfüllt zugleich eine wichtige Funktion gegenüber der Solidargemeinschaft im Verbund.

Ziel der Prüfung ist die Erhaltung der Autonomie der Genossenschaft. Sie beinhaltet Kosten für die Prüfungsverfolgung und damit eine prophylaktische Betreuung, zur Zukunftsfähigkeit der Genossenschaft. Dies wird außerhalb der genossenschaftlichen Rechtsform durch die prüfungsnahe Beratungsleistung teuer eingekauft. In ihr liegt auch die Basis, warum unter allen Rechtsformen die Genossenschaft die absolut und relativ niedrigste Ziffer an Unternehmenspleiten aufweist.

Erhaltung der Autonomie

Zurück in die Bankenwelt: Der gelegentlich zu hörende Einwand, dass die Prüfungen in der Sparkassenorganisation als vergleichbarer Gruppe weniger Kosten verursachten, übersieht unterschiedliche Größenstrukturen, höhere organisatorische Gleichschaltung und, dass sich dort die Betreuung weitgehend im Wege der politischen Einflussnahme vollzieht. Insofern ist hier kein marktwirtschaftlicher Maßstab anzulegen. Das wird sich ändern, sobald sich in der Sparkassengruppe die vielerorts geforderten Strukturveränderungen einstellen.

Prüfungskosten sind das Ergebnis von Tagessätzen und Prüfungsdauer. Die Tagessätze der genossenschaftlichen Prüfungsverbände halten jeder Wettbewerbsbetrachtung stand. Wobei ein Vergleich objektiv kaum möglich ist, denn die Prüfungsgebühren aller Anbieter unterliegen keinem hoheitlichen Transparenzzwang, was schon ein wenig in dem sonst so regulierungswütigen Deutschland wundert, aber hier womöglich angebracht wäre.

Verbleibt also die Prüfungsdauer. Doch auch hier ist festzuhalten, dass die Prüfungskosten, die durch die Länge der Prüfung ausgelöst werden, nicht zu hoch sind. Zum einen setzen die genossenschaftlichen Prüfungsverbände die gesetzlichen und berufsständischen Vorgaben zur risikoorientierten Prüfung durch. Die vom Gesetzgeber eingeforderte und andernorts als Neuerung wahrgenommene risikoorientierte Prüfung wird hier schon längst praktiziert. Daraus folgt: Im Grunde ist die einzelne Genossenschaft selbst für den Umfang der Prüfungshandlungen verantwortlich.

Je mehr die Ordnungsmäßigkeit gegeben ist, desto stärker können Prüfungshandlungen eingeschränkt und damit die Prüfungsdauer gekürzt werden. Gemessen an der Beurteilung der Banken nach dem Klassifizierungssystem der BVR-Sicherungseinrichtung ergibt sich bei einer Kreditgenossenschaft mit einer durchschnittlichen Bilanzsumme von 446 Millionen Euro eine Spannweite von knapp 1,5 Millionen Euro geprüfte Bilanzsumme pro Tag bei mit "D" klassifizierten Banken, bis über drei Millionen Euro bei mit "A+" klassifizierten Banken. Damit übersteigt das Tagesprüfungsvolumen der gut aufgestellten Bank dasjenige einer Bank mit kritischen Verhältnissen um rund 100 Prozent.

Eine gewisse Mindestdauer der Prüfung ist systemimmanent

Ungeachtet dessen hat der Genossenschaftsverband Frankfurt ständig an der Verbesserung der Prüfungseffizienz gearbeitet und dabei beachtliche Erfolge erreicht. Gemessen an der geprüften Bilanzsumme pro Prüfungstag wurde seit der Jahrtausendwende ein Produktivitätszuwachs von über 30 Prozent erzielt - und dies bei im Grunde stagnierender Bilanzsumme. Gleiches würden auch die Schwesterverbände berichten.

Nun könnten manche Genossenschaftsbanken die Prüfungsdauer trotzdem für überzogen halten. Gerade mit Blick auf die kleineren Institute ist dieser Eindruck sogar verständlich. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass eine gewisse Mindestdauer aus der Ordnungsmäßigkeitsprüfung resultiert, also damit systemimmanent gewollt ist. Ihr stehen aber entfallene Aufwendungen an anderen Stellen gegenüber. Ein realistischer Vergleich der "Verbandsaufwendungen" mit den Prüfungskosten der lediglich der Jahresabschlussprüfung unterliegenden Rechtsformen und Konzerne muss anfallende Ausgaben für umfangreiche Stäbe sowie hochkomplexe Controlling - und Steuerungssysteme berücksichtigen.

Dezentralität in der Gruppe hat ihren Preis

Schließlich: Im Vergleich der Prüfungsgebühren zwischen den Genossenschaftsverbänden sollten die Prüfungskosten nicht isoliert, sondern in Verbindung mit den Verbandsbeiträgen betrachtet werden. Hier gilt im Grunde, je unternehmerischer ein Prüfungsverband aufgestellt ist, umso höher sind die Prüfungsgebühren und umso niedriger die Verbandsbeiträge.

Zusammenfassend kann man zwar einerseits sagen, dass die Dezentralität in der Gruppe ihren Preis hat, der sich unter anderem in den umfassenderen Prüfungskosten manifestiert. Andererseits: Unter dem Strich stimmt die Rechnung, weil Einsparungen in anderen Sektoren (Beratung, Overhead) zu Buche schlagen. Noch besser könnte sich die Kosten-Nutzen-Relation gestalten, wenn die eingangs dargestellten Fehlentwicklungen, vor allem die der Mehrfachprüfungen, abgeschafft würden. Dabei ist es schon verwunderlich, dass dafür einerseits angebliche Defizite im genossenschaftlichen Prüfungswesen als Ursache herangezogen wurden, sich aber andererseits der Gesetzgeber in aufsichtsrechtlichen Fragen, und damit im Prüfungswesen insgesamt, immer mehr der genossenschaftlichen Prüfungspraxis nähert. Das sollte den Kritikern Anlass zum Nachdenken geben und unterstreicht die Aussage: Qualität hat ihren Preis!

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