Blickpunkte

Privatinsolvenzen Die gute Nachricht trügt

Zum ersten Mal seit nahezu zehn Jahren - genauer: seit Einführung der Insolvenzordnung im Jahr 1999 - ist die Zahl der privaten Insolvenzen im ersten Halbjahr 2008 um 7,2 Prozent auf 48 350 Fälle zurückgegangen anstatt wie bisher weiter anzusteigen. Doch was zuerst wie eine gute Nachricht klingt und den Verdacht nahe legt, der - gerade wieder abklingende - wirtschaftliche Aufschwung sei bei den Verbrauchern angekommen, dürfte in Wahrheit die Folge von Einsparmaßnahmen sein. Der Rückgang der Verbraucherinsol venzen wird beim Verband der Vereine Creditreform e. V. in Neuss auf die Kürzung der Beratungsmittel von Seiten der Gerichte zurückgeführt. Der Hintergrund: Nicht nur öffentliche Schuldnerberatungsstellen übernehmen Beratungsleistungen im Rahmen des Verbraucherinsolvenzverfahrens, auch Rechtsanwälte können von den Schuldnern konsultiert werden. Aus Kostengründen werden diese Beratungen jedoch immer seltener von den Amtsgerichten genehmigt - und die Terminkalender der Schuldnerberater sind überfüllt, sodass dort immer öfter lange Wartezeiten entstehen.

Auch wenn eine solche Vermutung nahe liegt: Dass die Berater ihren Klienten angesichts einer seit zwei Jahren in der Luft hängenden Reform des Verbraucherinsolvenzgesetzes zum Abwarten raten, ist eher unwahrscheinlich. Denn zum einen steht nach wie vor infrage, wann die zuletzt im Februar dieses Jahres im Bundestag diskutierten Reformvorschläge tatsächlich in Kraft treten.

Zum anderen sieht das reformierte Verfahren im Gegenzug zu einem für mittellose Schuldner deutlich vereinfachten Verfahren eine Prozesskostenbeteiligung von 25 Euro zu Beginn des Verfahrens sowie laufende Zahlungen in Höhe von 13 Euro pro Monat vor. Und diese Beträge - so berichten es die Schuldnerberatungen schrecken viele Betroffene eher ab. Ein Nachholeffekt ist bei Inkrafttreten der Reform also eher nicht zu erwarten.

Ebenso wenig wahrscheinlich ist es allerdings auch, dass die Zahl der Insolvenzanträge dauerhaft weiter abnimmt. Haben sich die Beratungsstellen erst einmal auf die neue Situation eingestellt, so dürfte sich die Zahl der privaten Insolvenzen wieder auf einem stabilen Niveau einpendeln - zumindest bis die Reform tatsächlich ihren Weg durch die Instanzen genommen hat. bs

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